Dass die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking stattfanden, war aufgrund des Umgangs der chinesischen Regierung mit Menschenrechtsfragen stets umstritten. Bei der Eröffnungszeremonie präsentierten Soldaten der Volksbefreiungsarmee die chinesische Flagge. Foto: picture alliance

01.03.2022
Franziska Kelch

Interview mit China-Expertin: 2049 im Visier – China auf dem Weg zur Weltmacht

Im Interview spricht Helena Legarda, Expertin für chinesische Außen- und Sicherheitspolitik vom Mercator Institute for China Studies (MERICS), über Chinas Rüstung, russisch-chinesische Beziehungen und deutsches Zaudern im Umgang mit der Volksrepublik.

Die Bundeswehr: Bevor wir uns eingehender mit der chinesischen Außen- und Sicherheitspolitik befassen, können Sie etwas über die grundlegenden Prinzipien sagen?
Helena Legarda: Um zu verstehen, wie sich China international verhält, ist es zunächst wichtig zu verstehen, wie die Kommunistische Partei Chinas (KPC) sich selbst und die Welt um sie herum sieht. In den Augen der KPC ist China keine aufsteigende Macht, sondern eine zurückkehrende Macht. China war jahrhundertelang eine regionale und globale Macht, und der einzige Grund, dass es aktuell keine ist, liegt im "Jahrhundert der Demütigung" begründet (das ungefähr von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gründung der Volksrepublik 1949 reicht), als China teilweise vom Westen kolonisiert wurde.
Die Rolle eines regionalen Hegemons und einer Weltmacht zu sein wird als Chinas natürliche Position in der Welt angesehen, die es verdient, wiederzuerlangen. Dieses Anspruchsdenken und dieses Dringlichkeitsbewusstsein haben zu Xi Jinpings Plan geführt, China bis zum Jahr 2049 wieder zur Weltmacht zu machen: der chinesische Traum von der großen Verjüngung der chinesischen Nation.
Um dies zu erreichen, muss Peking drei Dinge tun: China politisch, wirtschaftlich und militärisch stark machen, den Einflussbereich und die globale Reichweite Chinas vergrößern und den Einfluss und die Macht des Westens verringern – und eventuell ersetzen. Die Ausweitung des internationalen Einflusses Chinas wird auch als Schlüssel zur Wahrung der Legitimität der KPC und des langfristigen Überlebens des Regimes angesehen, was das oberste Ziel der Partei ist.
Dies dient als eine Erklärung für Chinas selbstbewusstere (und bisweilen aggressive) Außen- und Sicherheitspolitik unter Xi Jinping.

Die KPC hält in diesem Jahr ihren 20. Parteitag ab. Wie groß ist der Einfluss innenpolitischer Herausforderungen auf Chinas Verhalten auf der internationalen Bühne?
Innenpolitische Überlegungen sind absolut entscheidend. Man sagt oft, dass Außenpolitik zu Hause beginnt und China ist in diesem Bereich nicht anders.
Bei dem bevorstehenden 20..Parteitag, der im Herbst stattfinden wird, wird sich Xi Jinping mit ziemlicher Sicherheit eine dritte Amtszeit als Parteichef sichern . Aber es wird  noch personelle Veränderungen im Rest der Führungsriege der KPC geben. Dies bedeutet, dass China in diesem Jahr keine Instabilität wünscht, da dies seine Vorbereitungen für das Schlüsselereignis stören würde. Dementsprechend würde ich keinen großen offenen Konflikt erwarten, in den China in diesem Jahr verwickelt ist. Aber das bedeutet auch, dass China noch unnachgiebiger sein wird, denn die Partei kann in einem politisch so sensiblen Jahr kein Bild der Schwäche vermitteln. Dies gilt insbesondere für Themen, die besonders wichtig für China sind (so genannte „Kerninteressen“) wie Taiwan oder das Südchinesische Meer.
Deshalb werden wir wahrscheinlich ein China sehen, das sich sehr auf seine nationalen Interessen fokussieren wird. Zusammen mit Pekings Null-Covid-Strategie bedeutet dies, dass China wahrscheinlich verschlossen bleiben wird. Die Möglichkeiten für ein internationales Engagement werden wahrscheinlich schrumpfen.
Der geopolitische Wettbewerb wird auch im Jahr 2022 ein zentrales Thema bleiben, und wir sollten nicht erwarten, dass die Spannungen zwischen China und den USA verschwinden werden. Aber Peking wird versuchen dafür zu sorgen, dass sie nicht zu einem offenen Konflikt eskalieren. "De-Icing" wird das manchmal in China genannt.

Betrachtet man den sogenannten Indopazifik und genauer gesagt das Südchinesische Meer, sehen wir immer wieder militärische Demonstrationen der Stärke von China – und in der Folge auch vom US-Militär. Was sind Ihre Erwartungen an die Entwicklung in dieser Region? Droht wirklich eine Eskalation?
Der Indopazifik ist für die USA und China die Hauptarena für den geopolitischen Wettbewerb. Ich sehe nicht, dass sich das in absehbarer Zeit ändern wird. Einige chinesische Experten sagen, dass die beiden Länder in eine Phase des "strategischen Patt" eingetreten sind. Beide verfügen über ähnlich viel Macht und Stärke. Jetzt geht es darum, langfristig den Wettbewerb zu organisieren und Felder für Kooperation zu finden. Diese Sprache zeigt aber auch, dass Beobachter erwarten, dass die Situation im Indopazifik angespannt bleibt. Die Spannungen werden eher noch eskalieren, da China sich das Ziel gesetzt hat, bis zum Jahr 2049 eine globale Supermacht zu sein. Taiwan und das Südchinesische Meer sind eindeutig potenzielle Brennpunkte. Aber sie sind nicht die einzigen. Denken Sie an den chinesisch-indischen Grenzkonflikt, denken Sie an Nordkorea und seine Raketentests. Und dann ist da natürlich noch das anhaltende und sich beschleunigende Wettrüsten im Indopazifik, das durch die jüngsten Entwicklungen nur noch weiter vorangetrieben wird: Chinas Tests von Hyperschallwaffen und Ausweitung seines Atomwaffenarsenals, die Reaktion der USA, die ankündigen, dass sie mehr Streitkräfte und Fähigkeiten nach Guam entsenden werden, der japanisch-australische Vertrag zur Militärkooperation und so weiter. Das alles hat Auswirkungen auf die regionale und globale Stabilität. Der Indopazifik wird also eine angespannte Region bleiben, und eine unbeabsichtigte Eskalation ist immer möglich, aber China wird versuchen, einen offenen Konflikt in der Region im Jahr 2022 zu vermeiden.

In den letzten Jahren ist der Indopazifik für die EU und viele ihrer Mitgliedsstaaten – allen voran Deutschland – viel wichtiger geworden. Meist aus wirtschaftlichen Gründen. In der "EU-Strategie für die Zusammenarbeit im Indopazifik" heißt es, die EU werde "eine offene und regelbasierte regionale Sicherheitsarchitektur fördern". Markiert diese Strategie einen Wandel in den Beziehungen zwischen der EU und China in dem Sinne, dass sie China nicht nur als Wirtschaftsmacht, sondern auch als potenzielle Bedrohung betrachtet?

Der Ansatz der EU in den Beziehungen zu China hat sich in den letzten Jahren definitiv geändert, aber ich würde die Indopazifik-Strategie nicht als den Wendepunkt bezeichnen. Diese Veränderung ist ein Prozess, der bis etwa 2017 zurückreicht und 2019 zur Veröffentlichung "Strategic Outlook on China" führte, die einen deutlichen Wandel in der Sichtweise der EU auf die Beziehungen zu China markiert hat. Das war das erste Mal, dass die EU China als Partner, als Konkurrenten und als Rivalen beschrieben hat. Und Rivalität bedeutet systemische Rivalität in Bezug auf die Vorstellung von einer globalen Ordnung. Dieses Dokument spiegelt einen neuen Konsens in der EU wider, dass die traditionelle Art und Weise mit China umzugehen – es nur als Markt zu betrachten, die Hoffnung auf eine politische Annäherung durch verstärktes Engagement – nicht funktioniert.
Dieser Ansatz ist inzwischen weitgehend überholt. Im Mittelpunkt der erneuten Konzentration der EU auf Sicherheitsfragen im indopazifischen Raum steht das Interesse der EU an der Aufrechterhaltung der Stabilität und der Freiheit der Schifffahrt in der Region, was unter anderem auf die Abhängigkeit der EU von den Handelsrouten durch das Südchinesische Meer zurückzuführen ist. Aber weil sich die Beziehungen zwischen China und den USA im Laufe der Jahre verschlechtert haben und China zunehmend selbstbewusster geworden ist, haben sicherheits- und geopolitische Überlegungen innerhalb der EU an Bedeutung gewonnen. Europa hat begriffen, dass es sich nicht leisten kann, im Abseits zu stehen, wenn es ein relevanter globaler Akteur sein und seine eigenen Interessen unabhängig verteidigen will.
Zwischen China und den USA ist Deutschland eindeutig keine Militärmacht im sogenannten Indopazifikraum. Einige Kommentatoren haben über den Einsatz der Fregatte "Bayern" im Rahmen von NATO- und EU-Übungen im vergangenen Jahr gespottet. Andere betrachteten es als eine bedeutungsvolle symbolische Geste. Haben Sie dazu eine Meinung?
Dieser Einsatz ist ein wenig durchwachsen. Auf der einen Seite erkenne ich darin einen Schritt in die richtige Richtung. Denn es signalisiert die Anerkennung der Bedeutung der Region und den Wunsch, die Indo-Pazifik-Richtlinien und den Abschnitt zu Frieden und Sicherheit in diesem Dokument umzusetzen. Sie signalisiert auch den Partnern im indopazifischen Raum, dass Deutschland sich stärker für die Verteidigung der regelbasierten internationalen Ordnung und gegen das wachsende militärische Selbstbewusstsein Chinas engagieren will. Ja, es war eine symbolische Geste, denn es war nur eine Fregatte. Aber trotzdem wichtig. Schließlich erwartet auch niemand, dass Deutschland – oder irgendein anderes europäisches Land – massive militärische Kräfte einsetzen wird, sollte es zu einem militärischen Konflikt im Indopazifik kommen. Die Fähigkeiten dafür existieren gar nicht. Von der EU oder Deutschland würde erwartet, dass sie mit Logistik, auf diplomatischer Ebene oder durch Wirtschaftssanktionen unterstützen.
Auf der anderen Seite denke ich, dass es nicht gut umgesetzt wurde. Die deutsche Bundesregierung hat die Mission abgeschwächt, um China nicht zu verärgern, und sie hat sich bemüht, zu verkünden, dass diese Mission nicht gegen bestimmte Länder gerichtet ist. Dennoch hat Peking nicht gut reagiert und den Antrag Berlins auf einen Hafenaufenthalt abgelehnt. Der offensichtliche Mangel an Einigkeit innerhalb der deutschen Regierung in dieser Frage hat auch die Partner in der Region dazu veranlasst, den Zweck der Mission sowie die Nachhaltigkeit der deutschen Präsenz im indopazifischen Raum in Frage zu stellen.
Deutschland ist sehr daran interessiert, dafür zu sorgen, dass die Handelswege im Indo-Pazifik sicher sind. Gleichzeitig scheinen Deutschland und China nicht die gleichen Werte zu teilen, wenn man sich die Menschenrechtslage in China ansieht. Deutsche Regierungen wurden oft kritisiert, weil sie sich eher auf wirtschaftliche Fragen als auf die Menschenrechtsfrage konzentrierten. Haben Sie Vorschläge, wie man mit diesem Dilemma umgehen kann?
In Deutschland ist die Angst vor wirtschaftlichen Vergeltungsmaßnahmen sehr tief in der Diskussion über China verwurzelt. Die Sicht ist oft „Wenn wir China bei der Menschenrechtsfrage verärgern, könnte die chinesische Führung wirtschaftlich zurückschlagen und Deutschland ist wirtschaftlich zu sehr von China abhängig, um dies zuzulassen.“ Aber dieses Argument greift zu kurz. Es ist nicht nur meine Meinung, sondern auch die von Wirtschaftsexperten, dass Deutschland zunächst nicht so abhängig von China ist, wie allgemein behauptet. Außerdem hat China auch wirtschaftliche Interessen in Deutschland, die es sich nicht leisten kann, zu beschädigen. Das ist keine Einbahnstraße. Denn so wie Europa in bestimmten Bereichen von China abhängig ist, ist China auch von Europa in anderen Bereichen abhängig. Schauen Sie sich deutsche Unternehmen an, die mit High-Tech-Geräten und -Komponenten oder Software handeln. Die wird China nicht mit Sanktionen überziehen, weil es den Import dieser Produkte nicht so leicht ersetzen kann. Schauen Sie sich die deutschen Autohersteller mit Produktionsstätten in China an: Ja, die chinesische Regierung könnte sich theoretisch an ihnen rächen, aber das würde ein großes Arbeitslosenproblem und eine soziale Krise verursachen, daher ist es unwahrscheinlich, dass sie es tun. Grundsätzlich sollte Deutschland – wie andere europäische Staaten - nicht zulassen, dass die Furcht vor wirtschaftlicher Vergeltung Chinas die Politik in anderen strategischen Fragen diktiert.

Russland und China sind Nachbarn, starke Militärmächte und sie präsentieren sich gerne als enge Verbündete. Wie eng sind ihre Beziehungen wirklich?
Die China-Russland-Beziehung mag sich ursprünglich um eine Zweckehe gehandelt haben, aber die Beziehung ist heute viel solider und besteht nicht ausschließlich aus militärischer Zusammenarbeit. China und Russland haben viele gemeinsame Interessen und eine ähnliche Sichtweise auf die globale Ordnung: Sie betrachten viele westliche Länder als Gegner.
Dies wurde in der gemeinsamen Erklärung deutlich, die Xi Jinping und Putin während seines Besuchs in Peking anlässlich der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele abgab. Darin nennen beide Bereiche, in denen sie mehr zusammenarbeiten wollen. Die Erklärung ging so weit, dass Russland die Position Chinas zu Taiwan unterstützte und China sich Moskau bei der Ablehnung der NATO-Erweiterung anschloss und die Sicherheitsbelange und Interessen Russlands in Europa unterstützte.
Dies ist jedoch keine vollständige Allianz. Es gibt bestimmte Dinge, die China und Russland nicht füreinander tun würden. China hat sich bisher geweigert, einen Angriff Russlands auf die Ukraine zu unterstützen, ähnlich wie bei der Annexion der Krim im Jahr 2014.Umgekehrt würde Russland höchstwahrscheinlich keine Unterstützung leisten, sollte China Taiwan angreifen. Es gibt Grenzen für ihre Partnerschaft. Russland ist nicht besonders daran interessiert, China freien Zugang zur Arktis zu gewähren. Und das Kräfteverhältnis in dieser Beziehung verschiebt sich – China wird immer mächtiger, wirtschaftlich und geopolitisch. Und das wird zu Spannungen führen, denn ich glaube nicht, dass Russland in der Rolle des Juniorpartners in der Beziehung glücklich sein wird.

Gibt es eine Chance für die USA oder die EU, dieses wachsende Misstrauen zu nutzen und einen Keil zwischen die beiden zu treiben?

Zum jetzigen Zeitpunkt scheint es sehr unwahrscheinlich, dass die EU oder die USA in der Lage sein werden, einen Keil zwischen China und Russland zu treiben. Moskau hat einfach mehr gemeinsame Werte mit Peking als mit dem Westen. Und der derzeitige geopolitische Wettbewerb sowie der Krieg in der Ukraine treiben die beiden noch enger zusammen.
Das Ziel sollte heute sein, die China-Russland-Beziehung ernst zu nehmen und Pläne zu entwickeln, um die Herausforderungen anzugehen, die die chinesisch-russische Verbindung bereits jetzt für Europa und den Westen im weiteren Sinne darstellen. Und gleichzeitig: schrittweise Anstrengungen unternehmen, um die Tiefe und Breite der chinesisch-russischen Zusammenarbeit zu begrenzen.
Wir sehen, wie China sein Atomwaffenarsenal modernisiert und aufbaut – nicht annähernd so groß wie das der USA oder Russlands, aber trotzdem. Auch sein Arsenal an konventionellen Waffen und Waffensystemen erweitert China. Woran liegt das und welche Folgen hat das?
Offiziell lehnt China die Weiterverbreitung von Kernwaffen strikt ab. Und Peking hat auch eine No-First-Use-Nukleardoktrin, die Peking dazu verpflichtet, Atomwaffen nur zur Abschreckung oder für einen Zweitschlag einzusetzen, falls es zuerst angegriffen wird. Theoretisch bedeutet dies, dass China nur das für die Abschreckung erforderliche Mindestarsenal unterhält.
Aber in Wirklichkeit modernisiert und erweitert China sein Atomwaffenarsenal. Das liegt zum einen an der Bedrohungswahrnehmung Pekings und zum anderen an seinem Ehrgeiz, bis 2049 eine Weltmacht zu werden. China möchte in der Lage sein, seine Macht weltweit zu projizieren, und will außerdem sicherstellen, dass es den USA und jeder potenziellen westlichen Koalition, die sich China entgegenstellt, die Stirn bieten kann.
Chinas Atomwaffenarsenal ist immer noch viel kleiner als das der Vereinigten Staaten (und Russlands). Das US-Verteidigungsministerium schätzt, dass die PLA bis 2027 über bis zu 700 nukleare Sprengköpfe und bis 2030 über mindestens 1.000 verfügen könnte. In den Augen Pekings arbeitet die PLA lediglich daran, ihre Fähigkeit zur Vergeltung zu schützen, die als Schlüssel zur Aufrechterhaltung der strategischen Stabilität zwischen den USA und China angesehen wird.
Wir müssen uns auch ansehen, welche Art von Waffen China baut und wofür. China ist schon seit Jahrzehnten in der Lage, das Festland der Vereinigten Staaten mit konventionellen oder nuklearen Raketen zu erreichen. Aber wenn wir uns die Kurz- und Mittelstreckenfähigkeiten - nicht nur nuklear - ansehen, die den indopazifischen Raum abdecken können, dann sehen wir, dass China einen Großteil seiner Ressourcen dort einsetzt - um seine Interessen in seiner Nachbarschaft zu verteidigen.
Für wie wahrscheinlich halten Sie es, China zu motivieren, Teil wichtiger Rüstungskontrollabkommen zu werden?
Das hängt davon ab, worüber man verhandeln will. China ist meist nicht bereit, sich auf Gespräche über Rüstungskontrolle mit den USA oder trilateral mit den USA und Russland einzulassen. In der Zwischenzeit entwickelt es weiterhin neue Raketensysteme, ohne sich an irgendwelche Verträge oder Vereinbarungen zu halten. Offiziell begründet Peking dies mit den Unterschieden in der Größe der Waffenarsenale zwischen den USA, Russland und China. China behauptet, dass die USA und Russland ihre eigenen Arsenale reduzieren müssen, bevor sie von anderen Ländern verlangen, dasselbe zu tun.
Aber es gibt noch einen anderen Aspekt. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass China sich einem Rüstungskontrollregime anschließt, das seine Fähigkeit einschränkt, im indopazifischen Raum Macht auszuüben, insbesondere über Taiwan und das Südchinesische Meer. Als die USA und Russland versuchten, über eine mögliche Verlängerung des INF-Vertrags zu verhandeln, bevor dieser auslief, unternahmen die USA einen Versuch, ihn zu einem trilateralen Abkommen mit China zu machen. China lehnte ab. Und wenn man sich die Waffen ansieht, die der INF abdeckt und dann Chinas Fähigkeiten betrachtet, kann man auch verstehen, warum. Wenn China den INF oder einen INF-ähnlichen Vertrag unterzeichnet hätte, hätte es ungefähr 90-95 Prozent seiner Raketenfähigkeiten und 85 Prozent seiner verbundenen Raketenwerfer verloren, einschließlich der meisten derjenigen, deren Verbreitungsgebiet Taiwan und das Südchinesische Meer umfasst.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Rüstungskontrollgespräche mit China unmöglich sind. Wenn wir nur über Atomraketen oder Raketen sprechen, die Taiwan oder das Südchinesische Meer erreichen, werden wir höchstwahrscheinlich ein Nein von China hören. Aber andere Bereiche wie der Weltraum oder neue Technologien können es wert sein, untersucht zu werden. Und es muss auch erwähnt werden, dass China Teil von mehreren Rüstungskontrollabkommen und internationalen Konventionen ist, aber nicht von allen und es ist sehr selektiv. Es stellt sich auch die Frage, wie China seine internationalen Verpflichtungen durchsetzt.


Erst kürzlich hat Litauen Taiwan erlaubt, eine Botschaft in Vilnius zu eröffnen. China hat unmittelbar mit Sanktionen gegen Litauen reagiert. Und China hat die EU auch gewarnt, "vorsichtig zu sein" und sagte, es hoffe, dass die EU "den Unterschied zwischen richtig und falsch" kenne. Deutschland hat Pekings Ein-China-Politik immer anerkannt und hat Interesse an intakten Handelsbeziehungen mit China. Gleichzeitig wird Taiwan ein immer wichtigerer Partner. Was wäre die rote Linie, die Deutschland nicht überschreiten sollte?

Peking sieht in der Entscheidung von Vilnius eine Bedrohung der nationalen Sicherheit, da Taiwan ein Kerninteresse ist.
Zunächst einmal: Die Botschaft, die Taiwan in Litauen eröffnet hat, ist im Grunde identisch mit der in Deutschland. Nur der Name ist anders. Das Büro in Deutschland heißt Taipeh Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland und das in Litauen heißt Taiwan Vertretungsbüro in Litauen. Die Reaktion Chinas ist ein Versuch Pekings, die Berichterstattung über China in Europa und anderswo zu kontrollieren. Beijing sieht in der Entscheidung von Vilnius eine Bedrohung der nationalen Sicherheit, da Taiwan ein Kerninteresse ist.
Und diese Perspektive wird sich nicht ändern. Wenn man also die rote Linie Chinas zu diesem Thema überschreitet, wird Peking reagieren. Aber wir müssen ganz klar sein: Abhängig von der Größe des Landes wird die Vergeltung anders sein. Denken Sie daran, dass die USA ziemlich regelmäßig Waffen an Taiwan verkaufen. China protestiert, aber auch nicht viel mehr. China versucht ein Exempel an Litauen zu statuieren, um andere Länder davon abzuhalten, in Zukunft etwas Ähnliches zu tun. Deshalb ist die Unterstützung der EU für Litauen so wichtig. Denn wenn Peking erkennt, dass sein Verhalten funktioniert, werden sie es wieder tun und eskalieren.

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