Ein Leopard 2A4 der finnischen Armee: Das nordeuropäische Land könnte sich einer europäischen Initiative zur Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine anschließen. Foto: Vestman/Wikimedia

10.01.2023
Yann Bombeke/mit Material von dpa

Nach dem Marder – vor dem Leopard?

Bis zu 40 Schützenpanzer Marder erhält die Ukraine aus deutschen Beständen. Kaum war der Beschluss gefasst und verkündet, entbrannte erneut die Diskussion um die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern. Einige europäische Partner erhöhen nun den Druck.

Berlin. Monatelang wurde um die Lieferung von Schützenpanzern Marder an die Ukraine diskutiert, in der vergangenen Woche ging dann alles plötzlich ganz schnell. Kaum hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verkündet, dass sein Land schwer bewaffnete Spähpanzer vom Typ AMX-10 RC an die Ukraine abgeben werden, zogen Deutschland und die USA nach. In einem Telefonat hätten US-Präsident Joe Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz die Lieferung von Schützenpanzern Bradley und Marder an die ukrainischen Streitkräfte vereinbart, wurde bekanntgegeben.

Unklar war bislang, ob der deutsche Beitrag aus Beständen der Industrie oder der Bundeswehr kommen soll. Eine Pressemitteilung des BMVg vom vergangenen Freitag blieb in der Hinsicht vage – es war von einer Abgabe aus „Industrie- bzw. Bundeswehrbeständen“ die Rede. „Spiegel Online“ berichtet nun, dass ein Großteil der zugesagten 40 Marder aus Bundeswehrbeständen kommen soll.

Zwar stehen noch rund 60 Schützenpanzer bei Rheinmetall, doch müssen diese noch aufbereitet und modernisiert werden – und das dauert zu lange. Denn die 40 Marder sollen schon bis Ende März an die Ukraine für die Aufstellung eines Bataillons abgegeben werden. Nun soll das Heer die Schützenpanzer aus seinen Beständen abgeben, die dann in den kommenden Monaten durch die Industrie mit modernisierten Fahrzeugen wieder aufgefüllt werden sollen.

Gespräche mit Griechenland

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht befindet sich nach Angaben der Nachrichtenagentur DPA aber auch in Gesprächen mit ihrem griechischen Amtskollegen Nikolaos Panagiotopoulos. Griechenland soll im Rahmen eines Ringtausch-Verfahrens 40 Schützenpanzer Marder erhalten und dafür ältere Schützenpanzer aus sowjetischer Produktion an die Ukraine abgeben. Der „Business Insider“ berichtete am Dienstag, es sei in dem Gespräch darum gegangen, dass Griechenland vorerst auf die Hälfte der 40 Marder verzichten könnte. Das Land würde diese Schützenpanzer dann also später erhalten, die Ukraine aber im ersten Quartal. Für eine Einigung auf ein solches Vorgehen gab es am Dienstag weder in Berlin noch in Athen eine Bestätigung.

Unter Berufung auf Bundeswehrkreise berichtet „Spiegel Online“ weiter, dass die Abgabe der Schützenpanzer Marder eine enorme Belastung darstelle, aber machbar sei. Eine zusätzliche Belastung: Das Heer muss auch die Ausbildung ukrainischer Panzergrenadiere an dem Waffensystem sicherstellen. Nach „Spiegel“-Informationen ist hierfür eine Dauer von sechs bis acht Wochen vorgesehen, Ort soll Munster sein. Das Wehrressort soll erst sehr spät von dem Entschluss zur Abgabe der Marder erfahren haben.

Polen regt europäische Leopard-Initiative an

Weiterhin wenig Bewegung signalisiert die Bundesregierung, wenn es um die Lieferung von Kampfpanzern geht. Schon lange bittet die Ukraine um Leopard-Panzer, in Deutschland waren es neben der Unions-Opposition Politikerinnen und Politiker der Ampel-Koalition wie Marie-Agnes Strack-Zimmerman (FDP) oder Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen), die schon lange mehr deutsches Engagement bei den Waffenlieferungen fordern – auch mit Blick auf Kampfpanzer Leopard 1 und 2.

Nun steigt der Druck auf die Bundesregierung auch auf europäischer Ebene. Polen macht sich für eine europäische Leopard-Initiative stark. Neben Polen haben auch finnische Diplomaten die Bereitschaft signalisiert, Leopard 2 aus den eigenen Beständen an die Ukraine zu übergeben. Zahlreiche weitere europäische Nationen nutzen ebenfalls den Leopard 2.

Auch Großbritannien erwägt einem Bericht des TV-Senders Sky News zufolge eine Lieferung von Kampfpanzern. Bis zu zehn Fahrzeuge vom Typ Challenger 2 könnten demnach zur Abwehr der russischen Angriffe an das Land gehen, berichtete der Sender am Montag. Demnach liefen entsprechende Diskussionen bereits seit Wochen. Ein solcher Schritt würde auch andere Staaten ermutigen, Kampfpanzer zu liefern, zitierte Sky News eine „ukrainische Quelle“. Der Challenger 2 ist vergleichbar mit dem deutschen Kampfpanzer Leopard, dem amerikanischen Abrams oder dem französischen Leclerc.

Scholz: "Verantwortungsvoll vorgehen"

Bundeskanzler Scholz verteidigte seinen Kurs bei den Waffenlieferungen in die Ukraine. Bei einer Wahlkampfveranstaltung der Berliner SPD trat er am Montag Vorwürfen entgegen, er gehe dabei zu zögerlich vor. „Deutschland ist ganz weit vorne bei der Unterstützung der Ukraine“, sagte Scholz. Das gelte nicht nur für finanzielle und humanitäre Hilfe, sondern auch für Waffenlieferungen. Er werde dabei weiterhin verantwortungsvoll vorgehen, betonte er. „Alle können sich darauf verlassen, dass nicht die öffentliche Aufregung, sondern das, was richtig ist in der Sache und gut ist für die Ukraine und den Frieden in Europa, dass das von uns getan wird.“

Zuvor hatte allerdings Wirtschaftsminister Robert Habeck erkennen lassen, dass eine Lieferung von Leopard-1- oder Leopard-2-Panzern nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist. „Wir prüfen immer die Situation, wir stimmen uns mit den anderen Ländern ab. Und innerhalb dieses Korridors werden auch weitere Entscheidungen getroffen. Das heißt: Nein, ausgeschlossen ist das natürlich nicht“, sagte Habeck in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.

In der kommenden Woche soll eine weitere internationale Konferenz im sogenannten Ramstein-Format über mögliche weitere Waffenlieferungen an die Ukraine abgehalten werden – es ist davon auszugehen, dass dort auch die Kampfpanzer-Frage auf der Tagesordnung stehen wird.

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