Die Eurodrohne soll gemeinsam von Deuschland, Frankreich, Italien und Spanien entwickelt werden. Foto: Airbus

Die Eurodrohne soll gemeinsam von Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien entwickelt werden. Foto: Airbus

29.03.2021
Yann Bombeke

Projekt Eurodrohne: Kollateralschaden des Wahlkampfs?

Der Name ist sperrig, das Projekt ambitioniert: Es geht um das „Medium Altitude Long Endurance Remotely Piloted Aircraft System“, kurz MALE RPAS oder auch Eurodrohne. Für das BMVg ist die Eurodrohne ein multinationales Prestigeobjekt, das spätestens 2029 abheben soll. Das Finanzressort sieht in dem Projekt laut Medienberichten aber eine drohende gigantische Kostenfalle.

„Die Eurodrohne ist auf dem Weg“, verkündete stolz das BMVg vor wenigen Tagen und spricht von „entscheidenden technologischen Innovationen“, die Europa mit dem System erreichen will. Neben Deutschland sind Frankreich, Italien und Spanien an dem Projekt beteiligt. Wenn es nach Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer geht, soll bis MItte des Jahres der Vertrag zur Realisierung des Vorhabens unterzeichnet werden, Ziel ist es, die ersten unbemannten Fluggeräte 2029 an die Truppe zu übergeben. Doch nun bremst nach Angaben des „Handelsblatts“ der Finanzminister das Vorhaben. Wird die Eurodrohne zu einem Kollateralschaden des Wahlkampfs?

Das von den Partnernationen ausgehandelte Vertragswerk umfasst 335 Seiten und sollte dem Haushaltsausschuss zur Entscheidung vorgelegt werden. Doch wie das „Handelsblatt“ berichtet, hat das Finanzressort den Vertrag nun um eine zehnseitige Bedenkenliste ergänzt. Das vom SPD-Kanzlerkandidaten geführte Haus befürchtet demnach ein zu hohes und zu einseitiges Risiko für die Auftraggeberseite. Dies könne zu nicht vorhersehbaren Mehrkosten in der Zukunft führen. Bemängelt wird zudem eine „außerordentliche Preiseskalationsregel“, da der Arbeitsstundenpreis für die Drohne bei Airbus mit den anderen beiden Großvorhaben FCAS und neue Eurofighter verknüpft werde. Weitere Kritik gibt es in Bezug auf die Finanzierung nach der Entwicklungsphase ab 2025 und auf die Koordinierung des Projekts durch die europäische Rüstungsagentur „Occar“ – damit habe Deutschland zu wenig Einfluss.

Wenig Verständnis herrscht im BMVg für die Bedenkenträger aus dem Finanzministerium. „Multinationale Projekte können nicht nach rein nationalen Ambitionen realisiert werden“, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums dem „Handelsblatt“ – Risiken gebe es bei jedem Projekt. Auch lässt das BMVg die Kritik an der Verknüpfung verschiedener Projekte nicht gelten. Die Drohne werde dadurch eher günstiger als teurer. Zudem sei bei Rüstungsprojekten anders als bei zivilen Projekten eine Risikoaufteilung zwischen Hersteller und Auftraggeber üblich.

Dauerstreit um Drohnen

Das Thema Drohnen sorgt seit Monaten für Streit in der Großen Koalition. Ende vergangenen Jahres schien die Entscheidung zugunsten der Bewaffnung der Heron TP, die in einigen Jahren durch die Eurodrohne beerbt werden soll, endlich gefallen zu sein. Doch dann machte die SPD plötzlich eine Kehrtwende. Die Sozialdemokraten machten weiteren Diskussionsbedarf geltend – obwohl schon seit vielen Jahren über bewaffnete Drohnen debattiert wird. In der Truppe sorgt das für Verdruss, schließlich sollen die Fluggeräte zum Schutz im Einsatz beitragen.

Und auch um die Eurodrohne herrschte keine Einigkeit: Anfang Februar hatten sich zwar Union und SPD darauf verständigt, die Entwicklung der Drohne vertraglich zu unterstützen. Doch das Thema Bewaffnung wurde ausgeklammert. „Der Industrievertrag umfasst keine Bewaffnung der Eurodrohne“, heißt es im Ergebnispapier des Koalitionsausschusses. Stattdessen ist in dem Dokument von einem „primär als Aufklärungssystem“ konzipierten Projekt die Rede. Zumindest schien damit sichergestellt zu sein, dass der Vertrag im März unterschrieben werden kann.

Bedenken äußert jetzt aber nicht nur das Finanzministerium, sondern auch die Opposition. Gegenüber dem „Handelsblatt bezeichnete Tobias Lindner, Verteidigungspolitiker von Bündnis 90/Die Grünen, den Vertragsentwurf als den schlechtesten, den er in den letzten zehn Jahren gesehen habe. Europäische Zusammenarbeit könne kein Freibrief dafür sein, „solch schlechte Verträge zu schließen“.

In der Union sorgt die ganze Kritik für Unverständnis. „Man kann sich bei einem so wichtigen Projekt für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nicht so einen schlanken Fuß machen, wie Olaf Scholz es hier versucht“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg der „Tagesschau“. Sensburg sieht hier ein wahlkampftaktisches Manöver – das Schreiben aus dem Ministerium sei „ganz offensichtlich eine Lebensversicherung für den Kanzlerkandidaten der SPD“.

Leidtragender im Drohnenstreit ist die Bundeswehr. Denn die Rüstungsvorhaben, die nicht mehr vor dem Sommerpause auf den Weg gebracht werden, müssten dann von einer neuen Regierung beschlossen werden – und das kann noch eine ganze Weile dauern.

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