Die Bundeswehr hat mit einer Evakuierungsoperation im Sudan begonnen. Von der Air Base Al Azraq in Jordanien starteten A400M-Transportflugzeuge ins Krisengebiet. Das Bild wurde vom BMVg auf Twitter veröffentlicht. Foto: Bundeswehr

24.04.2023
Von Frank Jungbluth und Yann Bombeke

Bundeswehr rettet 300 Deutsche aus dem Sudan

Die Bundeswehr hat eine militärischen Evakuierungsmission im Sudan gestartet: Zwei Maschinen mit 300 Deutschen an Bord sind schon in der Nacht zu Montag nach der Rettungsaktion im Kriegsgebiet Sudan in Jordanien gelandet. Eine weitere Transportmaschine ist auf dem Weg in den Sudan. Es sind Fallschirmjäger und Spezialkräfte im Einsatz. Die ersten Deutschen sind wieder in der Heimat angekommen.

Berlin/Washington/Khartum. Noch vor wenigen Tagen war eine Evakuierungsmission der Bundeswehr für die im Sudan verbliebenen Deutschen, in erster Linie Diplomaten und Entwicklungshelfer, aufgrund der Sicherheitslage abgebrochen worden. Via Twitter bestätigte die Regierung am Sonntagabend den neuen Einsatz. Daraufhin hoben zwei Großraumtransportflugzeuge vom Typ A400 M vom Fliegerhorst Wunstorf bei Hannover in die sudanesische Hauptstadt Karthum, Zwischenlandung war in Jordanien, wo auch deutsche Luftwaffensoldaten stationiert sind.

Spezialkräfte im Vorfeld nach Jordanien verlegt

Es sollen so viele deutsche Staatsbürger wie möglich, aber auch andere Europäer ausgeflogen und in Sicherheit gebracht werden. Bundeswehr und Auswärtiges Amt koordinieren gemeinsam die laufende Evakuierungsoperation. Ersten Berichten zufolge soll ein erstes Flugzeug bereits wieder den Sudan verlassen haben und sich auf dem Rückflug befinden. Fallschirmjäger und Spezialkräfte sind bei der Aktion im Einsatz. Die Bundeswehr hatte die Einsatzkräfte im Vorfeld nach Jordanien verlegt.

Es geht nach aktuellem Stand um die Rettung von mehr als 300 deutschen Staatsbürgern und Bürgern europäischer Staaten. Man kontaktiere die Menschen regelmäßig, allerdings nähmen die Probleme von Tag zu Tag zu. In der Hauptstadt Khartum hat sich die Versorgungslage seit dem Beginn der Kämpfe dramatisch entwickelt. Es fehlen Wasser und Lebensmittel, Stromabschaltungen behindern zunehmend die Kommunikation.

Bereits zuvor hatten zahlreiche andere Staaten ähnliche Einsätze gestartet. Den USA gelang in der Nacht zum Sonntag die Evakuierung ihres Botschaftspersonals aus Karthum. Alle US-Diplomaten und ihre Angehörigen seien erfolgreich in Sicherheit gebracht worden, teilten das Weiße Haus und das US-Außenministerium mit.

Ein Vertreter des US-Militärs sagte, rund 100 US-Soldaten seien an der Evakuierung des amerikanischen Botschaftspersonals beteiligt gewesen. Der Einsatz mit Hubschraubern vor Ort habe weniger als eine Stunde gedauert. Dabei sei niemand gestorben oder verletzt worden. Den Angaben zufolge wurden weniger als 100 Menschen gerettet, unter ihnen auch mehrere Diplomaten aus anderen Ländern. Die US-Botschaft in Karthum wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Französischer Konvoi unter Beschuss

Auch Großbritannien meldete am Sonntag, dass britische Diplomaten und ihrer Familien erfolgreich in Sicherheit gebracht worden seien. Frankreich und die Niederlande berichteten von laufenden Rettungsmissionen. Dabei soll der französische Konvoi in Khartum beschossen worden sein. Paramilitärs der Resolute Support Forces (RSF) und Regierungsarmee, die Parteien im aktuellen Konflikt, beschuldigen sich gegenseitig, für den Angriff verantwortlich zu sein.

Frankreich hatte am Morgen mitgeteilt, es führe eine „Operation zur schnellen Evakuierung“ des diplomatischen Personals und der französischen Staatsangehörigen durch. Auch europäische Diplomaten würden aufgenommen. Italien und Schweden sollen ebenfalls Evakuierungsmissionen durchführen.

Aus den Niederlanden hieß es, es laufe eine Operation verschiedener Länder, um ihre Bürger aus dem Sudan zu evakuieren. Auch die Niederlande beteiligten sich hieran mit einem Team aus Jordanien. „Sie werden ihr äußerstes bestes geben, um die Niederländer so schnell und sicher wie möglich abzuholen“, teilte der niederländische Außenminister Wopke Hoekstra mit.

Seit Tagen hatte sich das US-Militär mit anderen westlichen Staaten auf die Evakuierung eigener Staatsbürger vorbereitet. Zusätzliche Streitkräfte wurden dafür unter anderem nach Dschibuti verlegt. Das Land liegt knapp 1200 Kilometer südöstlich der sudanesischen Hauptstadt Khartum am Horn von Afrika. Von dort startete die US-Mission.

US-Präsident Joe Biden rief die kriegführenden Parteien zu einem sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand auf. Er forderte sie außerdem auf, humanitäre Hilfe nicht zu behindern und den Willen des sudanesischen Volkes zu respektieren.

Schwere Kämpfe seit einer Woche

Vor gut einer Woche waren im Sudan Kämpfe zwischen den zwei mächtigsten Generälen des Landes und ihren Einheiten ausgebrochen. Beide hatten das Land mit rund 46 Millionen Einwohner seit einem gemeinsamen Militärcoup im Jahr 2021 geführt. Nun kämpft De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, mit dem Militär gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Eigentlich hätte Daglos Gruppe der Armee unterstellt und die Macht im Land wieder an eine zivile Regierung übertragen werden sollen.

Der Flughafen in Khartum stand in den vergangenen Tagen im Zentrum der Kampfhandlungen. Ausländische Diplomaten bemühten sich immer wieder um eine stabile Feuerpause für die Evakuierung.

Erster Evakuierungsversuch wurde abgebrochen

Am Mittwoch wurde ein erster Versuch abgebrochen, Deutsche mit Maschinen der Luftwaffe außer Landes zu bringen, weil die Sicherheitslage in der umkämpften Hauptstadt als zu gefährlich für einen solchen Einsatz eingeschätzt wurde. In Berlin tagt täglich ein Krisenstab. Die Bundeswehr traf vor Tagen schon Vorbereitungen für einen neuen Anlauf zur Evakuierung deutscher Staatsbürger und weiterer zu schützender Personen.

Aus der östlichen Stadt Port Sudan war am Samstag bereits eine saudi-arabische Gruppe in Sicherheit gebracht worden. Auch eine jordanische Delegation sollte aus Port Sudan ausgeflogen werden. Zwischen Khartum und Port Sudan liegen knapp 850 Kilometer.

Nach Angaben des saudischen Fernsehsenders Al-Arabia brachten zudem fünf saudische Schiffe mehr als 150 Menschen aus dem Sudan nach Saudi-Arabien. Laut dem saudischen Außenministerium waren Diplomaten und Bürger aus Saudi-Arabien, Bulgarien, Kanada, Katar, Kuwait, Ägypten, Tunesien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Indien, Pakistan, Burkina Faso und den Philippinen an Bord der Schiffe.

Aktualisiert am 24.04.2023, 06:55 Uhr

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