„Interessensvertretung heißt auch, die europäische Sicherheitsarchitektur zu gestalten“, sagt Thomas Sohst, Präsident der Expertenkommission Verteidigung bei CESI. Foto: DBwV

29.09.2022
Von Robert Klute

Die Logik des Krieges und die Rolle von Interessensvertretung in Zeiten der Krise

Brüssel. Ende September fand die nächste Runde der Expertenkommission Verteidigung von CESI unter der Führung des Präsidenten der Kommission und langjährigen Landesvorsitzenden des LV West, Oberstleutnant a.D. Thomas Sohst, statt.

Aus unterschiedlichen Perspektiven wurden die Auswirkungen des Ukrainekrieges auf die nationalen Verteidigungsanstrengungen dargestellt. Daran schloss sich eine Diskussion über die Wechselwirkung zwischen dem von der Europäischen Kommission ausgerufenen Green-Deal, also dem Ziel, in den europäischen Gesellschaften im Einklang mit den UN-Klimazielen vor allem CO2 einzusparen, und den Streitkräften der Mitgliedstaaten an.

Es gehe nicht darum, mit dem Fahrrad auf das Gefechtsfeld zu fahren, stellte Abgeordneter Thomas Waitz, Abgeordneter im Europaparlament in seinem Grußwort klar. Wichtig sei es, in den Blick zu nehmen, dass ein möglicher Grund für die russische Aggression, die mit dem Green Deal der Europäischen Union beabsichtigte, energiepolitische Unabhängigkeit von russischen fossilen Energieträgern sei.

Rapheala Engel vom Auswärtigen Dienst der Europäischen Union argumentierte, dass auch der Verteidigungssektor als Teil der Gesellschaft einen wesentlichen Beitrag beim Green Deal leisten müsse. Hier gehe es weniger um die rein militärischen Verwendungen, also den Panzer auf dem Truppenübungsplatz oder das Flugzeug beim Trainingsflug, sondern vielmehr auch um einen Blick auf die militärische Infrastruktur und die Logistik, wo in den Mitgliedsstaaten teils extreme Einsparpotenziale lägen. Aber auch im klassischen militärischen Bereich könne man Einsparpotentiale diskutieren, zum Beispiel bei der Verwendung alternativer Kraftstoffe für Militärfahrzeuge.

Abschließend stellte Tilemachos Dafnis, Projektleiter von CESI, das aktuelle, von der EU finanzierte CESI-Projekt „Ökologischer Wandel im Verteidigungsbereich“ vor. Er unterstrich die Bedeutung des Green Deal auch im Verteidigungsbereich und zeigte in einem Impulsvortrag mögliche Einsparungsmöglichkeiten und Ideen für Folgeprojekte auf.

An die Expertenkommission schloss sich der von CESI etablierte 5. European Defence Round Table (EDRT) im hybriden Format an. Elena Lazarou, Referatsleiterin im „European Parlament Research Service“, führte aus, dass in Bezug auf die aktuelle sicherheitspolitische Lage eigentlich die Logik des Krieges anzuwenden sei.

Fabian Zulegg, Chief Executive European Policy Center, betonte die besonderen Herausforderungen für die europäischen Gesellschaften in den kommenden Monaten vor dem Hintergrund der Energiekrise. Er stütze die von Lazarou vorgebrachte Einschätzung, dass wir letztendlich bereits in einer Art „Krieg“ seien und es daher auch für die Politik erforderlich sei, strategische Fragen zu klären und zu adressieren. Hier sehe er ein deutliches Defizit auf europäischer Ebene und hoffe, dass entsprechende Debatten angestrengt werden.

Lukas Mandl, Abgeordneter im Europaparlament und „Vice-Chair of the European Parliament Subcommittee on Security and Defence“, ordnete die aktuelle Situation aus seiner Sicht ein und stellte klar, dass die Einheit der Union und die Werte auf der Europäischen Ebene in Gefahr seien. Wesentlich sei es, so Mandl, die Mehrheitsentscheidungen in der Außen- und Sicherheitspolitik hinter sich zu lassen.

Abschließend dankte Thomas Sohst in seiner Funktion als Präsident der Expertenkommission Verteidigung bei CESI für das Format und brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass das europäische Projekt trotz der besonderen Herausforderungen dieser Zeit weiter voranschreite. Interessensvertretungen seien aktuell aufgerufen, die europäische Sicherheitsarchitektur zu begleiten und zu gestalten. „Genau an dieser Stelle können die Interessensvertretungen sich als Anwälte für die soziale Dimension der Sicherheitspolitik im Sinne der Menschen in den Streitkräften der Mitgliedsstaaten einbringen und profilieren“, so Thomas Sohst am Ende der Veranstaltung.

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