Die Tagung fand wieder im Hotel Altes Stahlwerk statt. Foto: DBwV/LV Nord

Die Tagung fand wieder im Hotel Altes Stahlwerk statt. Foto: DBwV/LV Nord

20.11.2019
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Das Drama Infrastruktur

Neumünster. Die Tagung für Kommandeure und Dienststellenleiter in Neumünster bildete den Höhepunkt der diesjährigen Veranstaltungsreihe im Landesverband Nord. Rund 50 Vorgesetzte, darunter drei Generale und Admirale sowie mehrere zivile Behördenchefs, beschäftigten sich dort mit der Verteidigungspolitik und der Arbeit des Deutschen BundeswehrVerbandes (DBwV). Entsprechend hochrangig waren die Gäste, angeführt durch den Ministerpräsidenten des Bundeslandes Schleswig-Holstein, Daniel Günther.

In seiner Begrüßung betonte Oberstleutnant Andreas Brandes, dass der DBwV die Interessenvertretung aller Menschen in der Bundeswehr ist. Der Landesvorsitzende Nord zeigte sich erfreut über die zunehmende Zahl ziviler Behördenleiter bei entsprechenden Veranstaltungen, „die dies unterstreicht“. Von Seiten des Verbandes hieß er den Bundesvorsitzenden Oberstleutnant André Wüstner, den Vorsitzenden Heer Oberstleutnant Thomas Behr und Oberstleutnant i.G. Dr. Detlef Buch, Fachbereichsleiter Besoldung, Haushalt und Laufbahnrecht, willkommen.

In die richtige Richtung

Der 46-jährige CDU-Politiker Günther steht seit Mitte 2017 an der Spitze der Kieler Regierung. Erst vor wenigen Tagen sprach er bei einem Gelöbnis in Plön den Soldatinnen und Soldaten seine Anerkennung aus und dankte ihnen für ihr Engagement: "Mit dem Dienst in der Bundeswehr setzen sie sich für unsere Demokratie ein. Ihre Arbeit ist wertvoll für die Gemeinschaft." In Neumünster befasste sich Günther erneut mit dem öffentlichen Auftreten der Bundeswehr und deren Rückhalt in der Gesellschaft.

Der Kieler Regierungschef begrüßte es ausdrücklich, dass die Bundeswehr mit ihren Soldatinnen und Soldaten wieder mehr in die Kommunen geht: „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.“  Er sieht in seinem Bundesland auch wenig Probleme, Feierliche Gelöbnisse unter den Bürgern durchzuführen. Politischen Lippenbekenntnisse zur Bundeswehr erteilte er eine klare Absage. Der Ministerpräsident forderte seine Zuhörer dazu auf, darauf zu achten, ob gegebene Versprechungen auch eingehalten werden.

André Wüstner stellte fest, „dass Deutschland und Europa sicherheits- und verteidigungspolitisch nicht so weitermachen können wie bisher.“ Der Bundesvorsitzende verwies auf internationale Entwicklungen, die unter anderem auf die veränderten Rollen der Vereinigten Staaten und Russlands zurückzuführen sind. In diesem Zusammenhang stellte er die Frage nach weiteren Auslandseinsätzen der deutschen Streitkräfte beziehungsweise deren Ausweitung. Der Oberstleutnant wies dazu auf die materielle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr hin, bei der er seit Jahren keine wesentliche Verbesserung sieht.

Nicht mehr zeitgemäß

In der anschließenden Diskussionsrunde drehte es sich unter anderem um dringend notwendige Infrastrukturmaßnahmen in den Kasernen. Ein Stabsoffizier stellte unumwunden fest: „Es ist ein Drama, wie lange die Prozesse dauern. Es muss endlich eine politische Lösung gefunden werden, um diese zu beschleunigen.“ Wüstner machte daraufhin deutlich, dass bei den politisch Verantwortlichen diesbezüglich nur Betroffenheit hervorgerufen werden kann, um Änderungen herbeizuführen: „Ich glaube, dass wir in unserem Staat tolle Verfahren entwickelt haben, die aber heute einfach nicht mehr in die Zeit passen.“

Einen Berufsunteroffizier aus der Truppe zitierend führte der Bundesvorsitzende zu den Problemen in der Bundeswehr aus: „Wir brauchen keine Feststeller mehr, sondern Absteller!“ Es nützt nicht nur nach seiner Ansicht nichts, wenn von der Politik seit Jahren immer wieder Dinge öffentlich benannt, aber nicht geändert werden. Dies führt nach Ansicht des Bundesvorsitzenden und vieler Teilnehmer zu Frustration bei den Betroffenen, unabhängig davon, ob es um Infrastruktur, Ausstattung und Ausrüstung oder Personal geht.

Zu aktuellen Themen aus dem Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages trug Siemtje Möller vor. Die SPD-Abgeordnete ist Mitglied des Verteidigungs- und des Petitionsausschusses sowie des Untersuchungsausschusses zur sogenannten Berateraffäre, der den Umgang mit externer Beratung und Unterstützung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung aufklären soll. Möller referierte im Einzelnen zur gesellschaftlichen Stellung der Bundeswehr, über die Umstrukturierung der Streitkräfte und die künftige Rolle Deutschlands in einer veränderten Welt.

Ein wichtiges Signal

Dass Offizieren der Zugang zu Schulen verwehrt wird, „also Angehörigen einer Parlamentsarmee“, sieht die Bundestagsabgeordnete als Fehler. „Wir müssen die Frage diskutieren, wie die Gesellschaft zur Bundeswehr steht“, fuhr die Politikerin fort. In diesem Zusammenhang bezeichnete sie öffentliche Gelöbnisse, wie zuletzt das vor dem Berliner Reichstag, als „ein wichtiges Signal“ und bekannte sich damit eindeutig zu solchen Veranstaltungen.

Möller kritisierte „die vielen externen Berater“ des Verteidigungsministeriums und forderte, sich darauf zu konzentrieren, „was wir selber können, wie wir eigenes Potential nutzbar machen können.“ Sie forderte mehr Gestaltungsmöglichkeiten der Vorgesetzten vor Ort, vor allem in Zusammenarbeit mit den Dienstleistungszentren bei Infrastrukturmaßnehmen. Zur Beschaffung fragte sie sich, warum alles europaweit ausgeschrieben werden muss, „obwohl oftmals Standarddinge von der Stange gekauft werden könnten“.

Oberstleutnant Dr. Buch machte die vom DBwV in den letzten beiden Jahren erzielten Erfolge für die aktiven und ehemaligen Bundeswehrangehörigen deutlich: „Alle Bereiche des täglichen Dienstes und der Einsätze sind von Verbesserungen durchzogen.“ Er verwies dabei unter anderem „auf die beste Besoldung, die es im Öffentlichen Dienst in der Bundesrepublik gibt“. Durch das Einsatzbereitschaftsstärkegesetz wurden nach Ansicht des Stabsoffiziers deutliche finanzielle und soziale Verbesserungen für Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit und Freiwillig Wehrdienstleistende erreicht.

Verhandeln bringt Erfolge

Für Beamte und Arbeitnehmer gilt nun ebenfalls bei der Teilnahme an einsatzgleichen Verpflichtungen die Einsatzversorgung. Als Erfolg sieht Dr. Buch auch, dass entgegen anderweitiger Bestrebungen die gesetzliche Arbeitszeit für Soldaten grundsätzlich bei 41 Wochenstunden gehalten werden konnte. Als Grund für diese und weitere Erfolge sieht er die Strategie des DBwV, mit den zuständigen Ministerien und Partnern auf Augenhöhe „zu verhandeln und nicht draufzuhauen“.

Erstmals befassten sich bei dieser Zielgruppentagung zivile Behördenleiter unter sich mit einem speziellen Thema. Während die militärischen Führer den Vortrag „Aktuelles aus dem Dienstrecht“ hörten drehte es sich bei ihnen um den Dresdner Erlass von 2012, also die Grundsätze für die Spitzengliederung, Unterstellungsverhältnisse und Führungsorganisation im Bundesministerium der Verteidigung und der Bundeswehr.

Die Beteiligten diskutierten unter Leitung von Ferdinand Hansen, Beisitzer Zivile Beschäftigte im Landesvorstand, insbesondere darüber, ob sich die Regelungen bewährt haben und wo Änderungen erforderlich sind. Mit den inhaltlich getrennten Themen trug der Landesvorstand Nord den unterschiedlichen Gegebenheiten bei Zivilbeschäftigten und Soldaten Rechnung. Sicherlich der richtige Weg, um mehr noch Beamte und Arbeitnehmer für die Interessenvertretung aller Bundeswehrangehörigen zu gewinnen.

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