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NMS 4x4, ein taktisches gepanzertes Radfahrzeug der estnischen Verteidigungsstreitkräfte in der Hauptstadt Tallinn. Foto: Nurol Makina/Eesti Kaitsevägi
Im Baltikum hat man eine gemeinsame Vergangenheit mit Jahrzehnten russischer Unterdrückung. Deshalb gelten die Gesellschaften alles besonders wehrbereit. In Estland, Lettland und Litauen gilt die Wehrpflicht. Das sorgt für eine starke Reserve. Auf der estnischen Insel Hiiumaa rechnet man im Kriegsfall damit, dass Russland das strategisch wichtige Eiland sofort angreifen würde.
Estland hat eine Schwachstelle an der NATO-Ostflanke, über die kaum jemand spricht: Während die Suwałki-Lücke – sie erstreckt sich von Polen zum benachbarten Litauen – im Prinzip jeder kennt, der sich eines Tages mit der Lage an der Ostflanke zwischen Finnland, dem Baltikum und Polen befasst hat, ist die kritische Situation auf der estnischen Insel Hiiumaa ein Lagebild vom Fachmann für Kenner.
Die Suwałki-Lücke beschreibt den Korridor an den Grenzen zwischen Polen, Russland, Weißrussland und Litauen. Experten wie der frühere Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte in Europa (SACEUR), General Wesley Clark und der deutsche General Egon Ramms beschrieben die prekäre Lage von vor zehn Jahren in einer Studie und kamen zu dem Schluss, dass der Korridor nur 36 bis 60 Stunden für die Alliierten zu halten sei, falls Russland angreife. Danach wäre der NATO-Nachschub ins Baltikum abgeschnitten, Estland, Lettland und Litauen kaum mehr zu halten für die Allianz. Inzwischen hat das Bündnis personell und materiell rund um die Suwałki-Lücke aufgerüstet, 100 Kilometer entfernt übt seit Jahren die Multinationale Battlegroup mit rotierenden NATO-Einheiten unter Führung der Bundeswehr. Die 1200 Soldaten große Truppe soll schnell am Suwałki-Korridor sein, wenn der Tag kommen sollte, dass Russland zuschlägt.
Die verwundbare Insel Hiiumaa
Am verwundbaren Schlüsselpunkt auf der estnischen Insel Hiiumaa sind die Esten mit ihren kleinen Streitkräften auf sich allein gestellt. Knapp 8000 Soldaten dienen in der Armee, die Hälfte sind Rekruten, dafür hat der nördlichste baltische Staat eine starke Reserve von rund 230 000 Soldatinnen und Soldaten, die Wehrpflicht für alle Männer dauert zwischen acht und elf Monaten. Estland hat keine Kampflugzeuge, die NATO übernimmt die Luftraumüberwachung.
Vom Festland des nördlichsten baltischen Staates fährt man eineinhalb Stunden zum Eiland in der Ostsee, das zu den Moonsund-Inseln zählt. 9000 Menschen leben hier und die estnischen Streitkräfte, die Eesti Kaitsevägi, haben einen Stützpunkt. Ihre Schwäche im Falle einer russischen Landung ist den Esten bewusst: „Im Angriffsfall müssen wir die Russen erst mal kommen lassen. Aber sobald sie hier sind, schlagen wir zurück – mit aller Härte“, sagt Major Tamel Kapper, der hier das Kommando hat, bei einem Besuch von Journalisten. Diese Härte ist vonnöten, denn bei einer Besetzung Hiiumas wäre der Weg durch die Ostsee zu den NATO-Partnern für Balten und Finnen versperrt und auch der Luftraum vom Gegner beherrscht. Genau dort sind vor kurzem zum vierten Mal in diesem Jahr russische Kampflugzeuge in den estnischen Luftraum eingedrungen, was zur NATO-Konsultation nach Artikel vier des NATO-Vertrages führte.
Litauenbrigade mit 3500 Soldaten
In Litauen ist man deshalb froh, dass die Panzerbrigade 45 ab 2027 die litauische Armee und damit die NATO entscheidend verstärkt, mit 3500 Soldaten, modernen Kampfpanzern Leopard 2A7, Schützenpanzern Puma, Panzerhaubitzen 2000 und anderem Großgerät. In Litauen gibt es eine Wehrpflicht, Rekruten dienen neun Monate, die Truppe hat aber nur knapp 20 000 Frauen und Männer unter Waffen, keine Kampfjets und die kleine Marine teilt man sich im Verband der Baltic Naval Squadron, kurz BALTRON, mit Estland und Lettland.
Die Nacionālie bruņotie spēki, die lettischen Streitkräfte, haben keine Kampfpanzer und keine Kampfjets, die Armee ist mit 8400 Soldaten überschaubar, aber es gibt 38 000 Reservisten, auch, weil es eine Wehrpflicht gibt. Nationale Verteidigung ist wie in Estland und Litauen Ehrensache, Experten bescheinigen den baltischen Staaten eine besonders wehrhafte Gesellschaft. Das liegt an der gemeinsamen Vergangenheit unter russischem Joch. Erst unterdrückten die Zaren die Balten, dann die Sowjets, als die Wehrmacht des nationalsozialistischen Terrorregimes nach dem Überfall auf die Sowjetunion im Sommer 1941 einrückte, wurden die Deutschen als Befreier begrüßt, obschon Hitler die seit Ende des ersten Weltkrieges unabhängigen Staaten Estland, Litauen und Lettland 1939 an Stalin verschachert hatte. Von 1945 bis 1991 herrschten wieder die Russen, die Balten sind froh, unabhängig zu sein und wollen das auch bleiben.
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