Nachdem militärischer Katastrophenalarm (milKATAL) ausgelöst worden ist, unterstützen im Januar 2019 Bundeswehrangehörige zusammen mit der Feuerwehr und dem Technischem Hilfswerk bei der Befreiung der Dächer von der Schneelast in Buchenhöhe/Bayern. Foto: Bundeswehr/Jonas Weber

Nachdem militärischer Katastrophenalarm (milKATAL) ausgelöst worden ist, unterstützen im Januar 2019 Bundeswehrangehörige zusammen mit der Feuerwehr und dem Technischem Hilfswerk bei der Befreiung der Dächer von der Schneelast in Buchenhöhe/Bayern. Foto: Bundeswehr/Jonas Weber

05.02.2023
Von Jöran Miltsch

Was macht eigentlich die Reserve der Bundeswehr?

Auf diese Frage gibt es mindestens zwei Antworten. Eine kurze und eine längere.

Die lange Antwort wird immer abstellen müssen auf Konzeptionen, Rechtsgrundlagen, Vorschriften und Weisungen. Hierzu lassen sich für den ersten Anlauf nennen: das Weißbuch von 2016, die Konzeption der Bundeswehr von 2018 und das zugehörige Fähigkeitsprofil, die Strategie der Reserve von 2019 und die jeweiligen Weisungen zur Reservistenarbeit des stellvertretenden Generalinspekteurs.

Die Aufgaben der Reserve werden dort definiert: Sicherstellung der Aufwuchsfähigkeit und Durchhaltefähigkeit der Bundeswehr, der Verstärkung der Einsatzbereitschaft und der Förderung der Verbindung in die Gesellschaft. All das soll „ausgerichtet an der anspruchsvollsten Aufgabe, der Landes- und Bündnisverteidigung” (LV/BV) erfüllt werden können.

Diese Vorgaben zu verstehen, bedarf mancher Erläuterungen und ist etwas voraussetzungsreicher, als eventuell mancher Leser eingeplant hatte. Deshalb soll hier darauf verzichtet werden zugunsten der kurzen Antwort:

Die Reserve der Bundeswehr stellt sicher, dass dort, wo eben noch Nichts (jedenfalls keine Truppe) war, sehr schnell Soldaten der Bundeswehr sind, die den gegebenen Auftrag erfüllen können. Damit das gelingen kann, werden unsere Reservisten auf freiwilliger Basis für einen bestimmten Zeitraum zwischen wenigen Tagen bis zu zehn Monaten wieder zu aktiven Soldaten. So kann die Bundeswehr Personal mit gefragten Spezialbefähigungen gewinnen – oder auch die für Sicherungsaufgaben nötigen Kräfte aktivieren, wenn die aktive Truppe anderweitig im Einsatz gebunden ist.

Schneenotlagen und Waldbrände

Soweit die Theorie. Praktisch haben dies die Bürger zuletzt bei verschiedenen Katastrophenfällen (Schneenotlagen, Waldbränden) und in der Pandemie sehr effektiv wahrnehmen können. Hier sind die Strukturen der ausschließlich von Reservisten betriebenen Zivil-Militärischen Zusammenarbeit (KVK und BVK) und der Heimatschutzkräfte (die früheren RSU-Kompanien) auch öffentlich wahrnehmbar tätig geworden.

Die Bundeswehr selbst spürt die effiziente Unterstützung durch Reservisten seit Jahren dort, wo diese zur Stärkung der Durchhaltefähigkeit oder zur Verbesserung der Einsatzbereitschaft teils auch über längere Zeiträume und in Auslandseinsätzen die Vakanzen und die hohlen Personalstrukturen der Truppe auffüllen.

Wie das geht? – Es ist keine Hexerei, sondern Wehrrecht, das die Verwandlung von Zivilisten in Soldaten der Reserve ermöglicht. Es ist kein Wunder, sondern eine funktionierende Verwaltungsstruktur, die schnelle Heranziehungen in einer Notlage pandemischen Ausmaßes umsetzte. Es sind aber in erster Linie die hoch motivierten Reservisten, die der Bundeswehr dann, wenn andere den Kopf einziehen, freiwillig zur Verfügung stehen und die Uniform anziehen, um Reservistendienst zu leisten.

(Wieder-)Aufbau der Reserve macht Fortschritte

Und – das gilt es zu beachten: Die Reserve befindet sich im (Wieder-)Aufbau. Daran wird seit fünf Jahren erfolgreich gearbeitet. Und die Fortschritte sind sichtbar und spürbar. Nun hängt der umfassende Erfolg der Strategie von einer Kette tatsächlicher und organisatorischer Fortschritte ab, von denen hier nur beispielhaft die Etablierung bündiger Prozesse in der Umsetzung der Grundbeorderung und die Sicherstellung von Ausrüstung und Ausstattung der beorderten Reservisten genannt werden sollen.

Dafür müssen alle Beteiligten aktiv werden: Truppe, Reservisten und Verwaltung, aber auch Politik, Bürger sowie Arbeitgeber. Sollte diese gemeinsame Anstrengung bis 2032 (dem Zieldatum der Strategie der Reserve) gelingen, dann hätte die Bundeswehr eine Anfangsbefähigung für das geschaffen, was eine echte Reserve für das Land leisten könnte.

Wir sehen also: Deutschland ist nicht nur Bürokratiewahn. Hier gehen auch im Stillen Prozesse voran, die zu beachtlichen Ergebnissen führen. Seit der Krimannexion von 2014 haben sich an den zuständigen Stellen der Bundeswehr viele Köpfe ernste und konstruktive Gedanken gemacht, um die Erfüllung des verfassungsmäßigen Auftrags der Bundeswehr, die Landesverteidigung, wieder möglich zu machen. Das zu beobachtende Entstehen einer einsatzbereiten Territorialreserve ist ein bedeutender Teil davon.

Mehr zum Thema "Reserve" hören Sie im Interview mit Generalleutnant Markus Laubenthal, Stellvertreter des Generalinspekteurs. Im aktuellen DBwV-Podcast spricht er darüber, wie wichtig das Rückgrat der Truppen gerade in der Zeitenwende ist, ob die neue Grundbeorderung sich bewährt hat und wann die Bundeswehr wieder eine nennenswerte Reserve für den Heimatschutz und Sicherungsaufgaben im Land haben wird.