Homosexuelle Soldaten wurden von der Gründung der Bundeswehr im Jahr 1956 an von Vorgesetzen, den Truppendienstgerichten und der zivilen Strafjustiz verfolgt. Erst spät änderte sich diese Praxis. Foto: DBwV

Homosexuelle Soldaten wurden von der Gründung der Bundeswehr im Jahr 1956 an von Vorgesetzen, den Truppendienstgerichten und der zivilen Strafjustiz verfolgt. Erst spät änderte sich diese Praxis. Foto: DBwV

05.03.2021
Gunnar Kruse

Weiterer Schritt in Richtung Rehabilitierung homosexueller Soldaten

„Mir, uns allen ist bewusst, dass erlebtes Leid nicht rückgängig gemacht werden kann und entgangene berufliche Verwirklichung nicht nachgeholt werden kann“, verkündet Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer am Freitag im Bundestag. „Aber wir alle hoffen, dass die Anerkennung und die symbolische Entschädigungssumme verstanden werden als das, was sie sind: als Zeichen eines tiefen Bedauerns.“

Die CDU-Politikerin plädierte mit ihrer Rede entschlossen für die Entschädigung homosexueller Soldaten. Demzufolge bekenne sich die Bundeswehr zu Toleranz und Vielfalt und trete in Einsätzen dafür ein. Das geplante Gesetz werde die Streitkräfte von innen her stärken.

Homosexuelle Soldaten hatten es bis in die 1980er Jahre schwer in der Bundeswehr. Ihre Diskriminierung und Verfolgung führte nicht selten bis zur Existenzvernichtung. Die Bundesregierung will homosexuelle Soldaten der Bundeswehr – aber auch der Nationalen Volksarmee der DDR – nun rehabilitieren und entschädigen. Der Bundestag debattierte am Freitag, 5. März 2021, in erster Lesung über einen entsprechenden Gesetzentwurf.

Laut diesem sollen unter anderem diejenigen rehabilitiert werden, die wegen ihrer Homosexualität aus dem Dienst entlassen, nicht mehr befördert oder nicht mehr mit höherwertigen Aufgaben betraut worden sind. Die Betroffenen sollen laut Gesetzesentwurf  je 3000 Euro für jede aufgehobene Verurteilung sowie einmalig für dienstliche Benachteiligungen erhalten. Die Bundesregierung rechnet in den kommenden fünf Jahren mit etwa 1000 Rehabilitationsverfahren und Gesamtkosten von rund sechs Millionen Euro, wie der Bundestag informierte.

Auch der Deutsche BundeswehrVerband setzt sich für die Rehabilitierung von Homosexuellen in der Bundeswehr ein. „Diversität und Toleranz in der Bundeswehr benötigen als Fundament die Aufarbeitung von Diskriminierung in der Vergangenheit“, erklärte unlängst der stellvertretende Bundesvorsitzende, Oberstabsfeldwebel a. D. Jürgen Görlich. „Wichtig ist aber auch die Weiterentwicklung überholter Regelungen. Der aktuelle Bewusstseinswandel im BMVg stellt hier einen Anfang dar, den der DBwV ausdrücklich begrüßt.“

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte bereits im Herbst vergangenen Jahres ein entsprechendes Rehabilitierungsgesetz angekündigt. Als „beschämend und unerhört“ bezeichnete sie den damaligen Umgang der Bundeswehr mit homosexuellen Soldaten. Eine von Kramp-Karrenbauers Vorgängerin Ursula von der Leyen 2017 in Auftrag gegebene Studie „Tabu und Toleranz – Der Umgang der Bundeswehr mit Homosexualität von 1955 bis zur Jahrtausendwende“, die 2020 veröffentlicht wurde, kam zu dem Schluss: „Gleichgeschlechtliche Orientierung galt in der Bundeswehr bis zur Jahrtausendwende als Sicherheitsrisiko und machte eine Karriere als Offizier oder Unteroffizier unmöglich."

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