DBwV für neues Artikelgesetz Militärische Sicherheit, fordert aber Nachbesserungen
Mannschaften, eine Dienstgradgruppe vor großen Aufgaben
„So einen Aufwuchs hat es seit 1955 nicht gegeben“
Antrittsbesuch bei L92
Erinnerung an Oberstleutnant Armin-Harry Franz
„Wir wollen, dass Deutschland sich verteidigen kann“
70 Jahre Bundeswehr: Feierliches Gelöbnis und Parlamentsdebatte
Aus der Not geboren, im Kalten Krieg bestanden, international bewährt und für die Zukunft bereit – 70 Jahre Bundeswehr
Panzerbrigade 45: Einsatzversorgung in Litauen gesichert
Verbandserfolg: Ehepartnerzuschlag für ins Ausland mitreisende Ehegatten durchgesetzt
Zeitsoldaten als Fachkräfte gefragt
Berufsinformationsmesse in Burg
Bundestag verlängert EU- und Nato-Mission im Mittelmeer
Bundestag berät über vier Auslandseinsätze
UNMISS und EU NAVFOR Aspides sollen bis 2026 verlängert werden
Bundestag verlängert Mandate für drei Auslandseinsätze
Gedenken: Erinnerung an Patrick Behlke und Roman Schmidt
Gedenken: Erinnerung an Feldwebel Alexander Arndt
Gedenken: Erinnerung an Oberstabsarzt Dr. Dieter Eißing
Wichtige Vorarbeit für die Hauptversammlung: der Koordinierungsausschuss
Countdown zur Hauptversammlung: Genau hinschauen und nachrechnen
Auf dem Weg zur Hauptversammlung 2025 – Wir gestalten mit!
Bildergalerie: Gesichter der Hauptversammlung
Die maritime Dimension des Kriegs in der Ukraine: Mehrere Monate war Zmiinyi, die "Schlangeninsel", von russichen Kräften besetzt. Seit dem Sommer weht wieder die ukrainische Flagge über dem kleinen Eiland im Schwarzen Meer. Foto: Twitter
Die neue nationale Sicherheitsstrategie muss ein Konzept der maritimen Gesamtverteidigung einschließen, fordert Konteradmiral a.D. Karsten Schneider.
Dieser und weitere Beiträge auf der Homepage des DBwV sind den maritimen Interessen Deutschlands gewidmet. Dafür gebührt der Redaktion Dank, denn trotz aller Abhängigkeit von der See ist der deutsche Blick stark auf das kontinentale Geschehen fixiert. Das ist in Zeiten des Russland-Ukraine-Kriegs nicht verwunderlich, zeigen uns doch dessen Bilder in erster Linie die Kriegsschrecken an Land.
Zugleich wird uns bewusst, dass Krieg nicht nur eine militärische Auseinandersetzung zwischen Soldaten ist. Die beteiligten Staaten setzen das ganze Spektrum ihrer Machtmittel ein, um ihre Ziele zu erreichen. Krieg ist umfassend: politisch, diplomatisch, wirtschaftlich und schließt Drohungen, Erpressungen, Gewalt, Tabubrüche und Grenzüberschreitungen ein. Insofern ist das russische Vorgehen in der Ukraine nicht neu. Es kann nur diejenigen überraschen, die sich mit dem Thema Krieg gedanklich bisher nicht auseinandersetzen wollten.
Deutschland ist aufgeschreckt worden durch den Einsatz brutaler militärischer Gewalt in Europa. Der wird begleitet durch massive Desinformation und Propaganda beider Seiten. In offenen Informationsgesellschaften können wir den Kampf um die Narrative täglich verfolgen und haben die Chance, uns selbst ein Urteil zu bilden. Das setzt voraus, dass zumindest eine gewisse Grundbildung mit Blick auf internationale Konflikte existiert und Themen der Sicherheit den Weg in die öffentliche Debatte finden. Die Bedeutung all der nicht-militärischen Aspekte unserer Sicherheit ist jedoch in Deutschland in den letzten 25 Jahren systematisch aus der Öffentlichkeit verdrängt worden. Das zeigt sich beim Not leidenden Katastrophenschutz ebenso wie bei der vernachlässigten Versorgungssicherheit.
Mangel an Resilienz ist eine treffende Beschreibung für den Zustand des deutschen Staatswesens. Er betrifft nicht nur die materiellen und organisatorischen Vorbereitungen, sondern vor allem die gedankliche Auseinandersetzung mit den Risiken für Staat und Gesellschaft. Dafür, dass wir den Aufwand für die Vorsorge gescheut und in den Tag hinein gelebt haben, mussten und müssen wir jetzt einen hohen Preis zahlen.
Risiken waren bekannt
Es ist nicht so, dass niemand Deutschland auf diese Risiken hingewiesen hätte. Nicht nur haben uns andere Länder, vor allem im östlichen Teil der EU, gewarnt. In deutschen Fachkreisen und Think Tanks ist das Thema hinlänglich diskutiert worden. An ernstzunehmenden Versuchen die Politik zu aktivieren, hat es nicht gefehlt. Dazu gehörten die Weißbücher 2006 und 2016, das Projekt Review 2014 des Auswärtigen Amts und nicht zuletzt die Reden des damaligen Bundespräsidenten, Außenministers und der Verteidigungsministerin, Gauck, Steinmeier und von der Leyen, bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2014. Ihre gemeinsame Forderung nach einer aktiveren deutschen Sicherheitspolitik blieb in der Regierungszentrale ungehört.
Die Abneigung gegen solch unbequeme Fragen ist nicht neu. Aus dem Gefühl heraus, dass maritime Themen unserer Sicherheit und Verteidigung nicht ausreichend Gehör im Lande fänden, gründeten Marineoffiziere im Jahr 1973 das Deutsche Marineinstitut, seit 2011 Deutsches Maritimes Institut (DMI). Die Aufgabe war und ist die maritime Informations- und Öffentlichkeitsarbeit verbunden mit der aktiven Teilnahme am sicherheitspolitischen Diskurs. Im 50. Jahr seines Bestehens ist diese Aufgabe des DMI aktueller als je zuvor.
Maritime Dimension ist nicht zu übersehen
Der russisch-ukrainische Krieg ist nicht nur ein Landkrieg, sondern er hat eine unübersehbare maritime Dimension, vor allem mit Wirkungen außerhalb des Militärischen. Die symbolische Besetzung der Schlangeninsel, die den Seeweg für ukrainisches Getreide auf den Weltmarkt versperrte, hat für eine weltweite Ernährungskrise gesorgt. Auf der anderen Seite haben die ukrainischen Erfolge gegen die russische Flotte deren Unterstützung der Landkriegführung weitgehend reduziert und auf diese Weise das Kriegsgeschehen erheblich beeinflusst.
Wenig Beachtung hat bisher die Dimension unter Wasser gefunden. Erst die Sprengung der Pipelines in der Ostsee hat uns unsere Verwundbarkeiten in diesem Bereich vor Augen geführt. Zu weiterer Besorgnis muss der Aufbau russischer Kapazitäten führen, sich an Unterwasserkabeln zu schaffen zu machen. Sie sind die Nervenbahnen unserer Informationsgesellschaften, an ihnen hängen Wohlstand und Sicherheit. Hinzu kommen die weitreichenden seegestützten russischen Flugkörper, die unsere Städte ebenso treffen können wie Odessa und Kiew. Wir müssen also unsere Aufmerksamkeit verstärkt auf militärische Bedrohungen von See lenken.
Neben Russland dürfen wir China nicht vergessen. Gemeinsam kämpfen beide gegen die als westlich empfundene regelbasierte Ordnung auf See. Außer dem Drohpotenzial gegenüber Taiwan entwickelt China neue Formen der Gewaltausübung, zum Beispiel durch seine maritimen Milizen. Auch hier geht es nicht allein um physische Macht, sondern um wirtschaftliche Ressourcen wie Fischerei und Bodenschätze. Das DMI spricht diese Thematiken bei seinen Veranstaltungen und in seinen Medien an. Auf marineforum.online finden sich viele Diskussionsbeiträge dazu. Am 5. September haben wir die Indo-Pacific Security Conference in Hamburg mitveranstaltet. Unsere jährliche „Maritime Convention“ am 8. November in Berlin stand unter dem Thema „Die nationale Sicherheitsstrategie & Deutschlands maritime Interessen“. Sie bot Gelegenheit, maritime Fragen in die Berliner Politik zu tragen, die bis heute ungeklärt sind.
Viele Fragen sind noch offen
Wer achtet eigentlich darauf, dass unsere Hafeninfrastruktur nicht genauso in Chinas Hände gerät wie unsere Gasspeicher in Russland? Wer sorgt für Sicherheit, wenn der maritime Anteil an Deutschlands Energieversorgung wächst, neben LNG-Terminals wieder Erdgas vor der Küste gefördert wird und weitere Windparks auf See entstehen? Und wer fühlt sich für die Sicherheit unserer Seekabel verantwortlich? Es ist zu hoffen, dass diese Herausforderungen in der neuen nationalen Sicherheitsstrategie berücksichtigt werden. Sie muss ein Konzept der maritimen Gesamtverteidigung einschließen. Das DMI ist und bleibt mit seinen Kommentaren und den Beiträgen vieler seiner Mitglieder ein aktiver Begleiter dieses großen nationalen Vorhabens.
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