Die Bundeswehr muss personell stark aufwachsen - mit dem Wehrdienst-Modernisierungsgesetz sollen junge Menschen für den Dienst an der Waffe gewonnen werden. Archivfoto: DBwV/Yann Bombeke

13.11.2025
Von Frank Jungbluth

„Wir wollen, dass Deutschland sich verteidigen kann“

Was für eine Woche: Zu Beginn erst die Anhörung zum Wehrdienst-Modernisierungsgesetz mit Beteiligung des Verbandes, dann der 70. Geburtstag der Bundeswehr und am späten Abend schließlich die Einigung in der Regierungskoalition zum neuen Wehrdienst. 

Oberst André Wüstner sagt dazu: „Das ist ein Kompromiss, der zumindest die Attraktivität des freiwilligen Einstiegs in die Bundeswehr stärkt. Damit wird Transparenz mit Blick auf den Aufwuchs erzeugt und die Grundlage für die Wehrerfassung und Musterung eines gesamten Jahrgangs geschaffen.“ Ob der Aufwuchs auch auf Basis von Freiwilligkeit gelingt, wie es die Koalitionäre hoffen, daran hat der Verband Zweifel. Diese hatte der DBwV in der öffentlichen Anhörung zum Wehrdienst-Gesetz vom Montag geltend gemacht.

Gut, dass der Status FWDL bleibt 

Gut sei auch, so der Bundesvorsitzende, dass der Status des „Freiwilligen Wehrdienstleistendes“ erhalten bleibe. „Im Sinne eines gewollten gesamtgesellschaftlichen Engagements ist ebenfalls gut, dass im Anschreiben ab dem Jahrgang 2008 auf andere Freiwilligendienste hingewiesen und ein Ausbau des Angebots für den Bundesfreiwilligendienst noch im Bundeshaushalt für das kommende Jahr abgedeckt werden soll.“ Auch darauf hatte der Verband bereits am Montag hingewiesen, vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Resilienz und Gesamtverteidigung.

Artikelgesetz Aufwuchs entscheidend

Oberst Wüstner betont: „Für die Truppe ist entscheidend, dass im nächsten Jahr ein weiteres „Artikelgesetz Aufwuchs“ erarbeitet wird, um die Attraktivität für die Profis, die länger dienenden Zeit- und Berufssoldaten, so auszugestalten, dass sich wesentlich mehr Menschen für den herausfordernden Dienst in den Streitkräften über mehrere Jahre hinweg entscheiden.“ Denn allein mit dem neuen Wehrdienst wird der personelle Aufwuchs nicht gelingen. Wüstner: „Schon heute kann Deutschland auf diejenigen stolz sein, die sich für diesen Beruf entscheiden, der bekanntlich kein Beruf ist, wie jeder andere und entsprechende Entbehrungen und Gefahren mit sich bringt.“

Ebenfalls vereinbart wurde außerdem ein „Aufwuchspfad mit klar definierten Zielkorridoren“. Diese sollen gesetzlich verankert werden. Außerdem muss das BMVg dem Bundestag halbjährlich einen Bericht vorlegen, ob die Ziele auch erfüllt werden. Einen Umschalt-Automatismus wird es aber nicht geben, sollten die Zahlen nicht erreicht werden. Über die Einsetzung einer Bedarfswehrpflicht muss der Bundestag entscheiden, wenn die Lage erfordert.

Bundeswehr ist Freiheitsgarantie

„Am Tag des 70. Geburtstags der Bundeswehr haben wir uns auf einen neuen Wehrdienst einigen können. Das hat Symbolkraft und vielleicht hat es so sollen sein“, sagte der Fraktionsvorsitzende von CDU/CSU, Jens Spahn, heute am Morgen. „Wir wollen, dass Deutschland sich verteidigen kann. Die Bundeswehr ist unsere Freiheitsgarantie“, sagte Spahn deutlich. 

Es seien keine einfachen Verhandlungen gewesen, ergänzte der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch, aber man habe eine sehr gute Lösung gefunden. Zwei Elemente seien wichtig: „Es ist ein Angebot, keine Verpflichtung, sondern ein Angebot, sich damit auseinanderzusetzen, ob man einen gewissen Teil seines Lebens in den Dienst der Allgemeinheit auch des Wehrdienstes stellt.

 „Diese Koalition, sie arbeitet, sie entscheidet und sie liefert“, betonte der CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann. Das sei eine entschlossene Antwort auf die sicherheitspolitischen Fragen der Zeit. „Wir setzen dabei auf die richtige Mischung aus Freiwilligkeit und Verpflichtung.“ 

Mit diesem Vorhaben wolle man die Bundeswehr endlich wieder mehr in die Mitte der Gesellschaft holen. Europa schaue auf Deutschland, sagte Minister Pistorius. Nicht nur, was Geld und Beschaffung angehe, sondern auch beim Personal für die Bundeswehr. „Das Prinzip, Freiwilligkeit mit Attraktivität verbunden, kann so funktionieren. Das zeigen die Beispiele aus den nordischen Ländern.“ Man habe, so Pistorius, ein rundes, attraktives Paket geschnürt.

Die wichtigsten Punkte:

Das sind die wichtigsten Punkte der langen Beratung der Fraktionsspitzen von CDU/CSU und SPD zum Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG) gemeinsam mit Verteidigungsminister Boris Pistorius:

  1. Der Wehrdienst bleibt zunächst freiwillig. Die Koalition will den Freiwilligen Wehrdienst attraktiver machen und damit möglichst viele junge Menschen für den Dienst „am Vaterland“ begeistern. Die künftigen Wehrdienstleistenden sollen ein Bruttoeinkommen von 2.600 Euro erhalten, außerdem gibt es eine finanzielle Unterstützung zum Führerschein für den PKW und LKW.
  2. Alle jungen Männer eines Jahrganges – beginnend mit dem Jahrgang 2008 – sollen erfasst, angeschrieben und auch gemustert werden. Die vollständige verpflichtende Musterung soll bis zum Sommer 2027 umgesetzt werden.
  3. Die Koalition will einen „verbindlichen Aufwuchspfad“ gesetzlich festhalten. Darin soll eine halbjährliche Berichtspflicht an den Deutschen Bundestag zu den Zahlen der Wehrdienstleistenden verankert werden. Man wolle – gemeinsam als Gesellschaft – immer wissen, wo man im Aufwuchs der Streitkräfte stehe, damit Deutschland sich verteidigen könne.
  4. Reicht das nicht, soll der Bundestag über die Einsetzung einer Bedarfswehrpflicht entscheiden.
  5. Der „freiwillige Wehrdienst als besonderes staatsbürgerliches Engagement“ bleibt als Status erhalten. Wer sich länger als zwölf Monate verpflichtet, wird künftig Soldat auf Zeit (SaZ) werden.
  6. Das Wehrdienst-Modernisierungsgesetz soll zum 1. Januar 2026 in Kraft treten.

Auch der Bundesfreiwilligendienst solle auf 100.000 Stellen aufgestockt werden. Der Grundgedanke der Koalition ist dabei: Einen Dienst für die Allgemeinheit insgesamt zu fördern, also über den Wehrdienst hinaus. 

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