Oberstleutnant i.G. Dr. Detlef Buch, Vorsitzender des Fachbereichs Haushalt, Besoldung und Laufbahnrecht im DBwV-Bundesvorstand, führte durch die S1-Tagung in Königswinter bei Bonn. Rechts im Hintergrund: Oberst i.G. Marcus Buß, BMVg P II 1.

Oberstleutnant i.G. Dr. Detlef Buch, Vorsitzender des Fachbereichs Haushalt, Besoldung und Laufbahnrecht im DBwV-Bundesvorstand, führte durch die S1-Tagung in Königswinter bei Bonn. Rechts im Hintergrund: Oberst i.G. Marcus Buß, BMVg P II 1. Foto: DBwV/Yann Bombeke

24.10.2025
Von Yann Bombeke

„So einen Aufwuchs hat es seit 1955 nicht gegeben“

Der Druck war seit ihrer Gründung vor 70 Jahren wohl nicht so hoch: Die Bundeswehr muss aufwachsen, sie muss kriegstüchtig werden, und das so schnell wie möglich. Der Schlüssel zum Erfolg liegt beim Personal – seit jeher eine Kerndomäne des DBwV, wie auch auf der jüngsten S1-Tagung des Verbandes deutlich wurde.

Königswinter. Die Bedeutung der S1-Tagung des Deutschen BundeswehrVerbandes wird allein an der Teilnehmerzahl der diesjährigen Veranstaltung deutlich: Mehr als 80 S1-Feldwebel und -Offiziere folgten Mitte Oktober der Einladung des Vorsitzenden des Fachbereichs Haushalt, Besoldung und Laufbahnrecht im DBwV-Bundesvorstand, Oberstleutnant i.G. Dr. Detlef Buch, zur Tagung nach Königswinter, um dort von hochkarätigen Referenten aus dem Verteidigungsministerium und dem Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr (BAPersBw) auf den neuesten Stand in Sachen Personalgewinnung und -bindung gebracht zu werden. Klar, dass bei allen aktuellen Diskussionen in diesem Jahr auch das Thema Wehrdienst für viel Gesprächsstoff sorgte.

Doch im Mittelpunkt jeder S1-Tagung des Verbands stehen nicht die Vorträge von offizieller Stelle, sondern der direkte Austausch miteinander. „Diese Tagung lebt von Ihren Meinungen, von Ihren Gedanken“, sagte Oberstleutnant i.G. Dr. Buch zu den Personalführern, die aus dem gesamten Bundesgebiet ins Rheinland gereist waren. Durch die Tagung begleitet wurde Dr. Buch vom Justitiar des Verbandes, Major d.R. Christian Sieh.

Nachdem Oberstleutnant i.G. Dr. Buch einen kurzen Überblick über die aktuellen Arbeitsschwerpunkte des Verbandes gegeben hatte, ging es für die Personalführer aus der Truppe mit frischen Informationen aus dem BAPersBw weiter. Zunächst berichtete Oberstleutnant Marcel De Toia vom Karrierecenter Düsseldorf in Vertretung von Brigadegeneral Walter Schulte aus dem BAPersBw. Der stellv. Dienststellenleiter beschrieb, worauf es ganz am Anfang der Personalgewinnung ankommt: „Wir bieten unseren Interessenten kurze Wege.“ Ziel sei es, dass die nächste Beratungsstelle innerhalb einer Stunde für den potenziellen Bewerber erreichbar sei. Dafür bietet die Bundeswehr bundesweit 15 Karrierecenter, davon 8 mit Assesment, auf. Hinzu kommen 99 Karriereberatungsbüros. Weiter ist es für De Toia wichtig, realistische und glaubwürdige Bilder vom Dienst zu schaffen. Überspitzt ausgedrückt: Heeresuniformträger sind vielleicht nicht die allererste Wahl, wenn es darum geht, von der Seefahrt zu erzählen.

Druck erzeugt bei der Personalgewinnung die große Konkurrenz durch zivile Arbeitgeber. „Wir fischen in einem Teich, in dem nicht mehr so viele Fische schwimmen“, so De Toia. Die Bundeswehr müsse sich zudem vom Gedanken verabschieden, nach der Einstellung direkt „fertige Soldaten auf dem Hof zu haben“. Vielmehr müssten bei den Bewerberinnen und Bewerbern Potenziale erkannt und gefördert werden.

Von großer Bedeutung sei auch das Thema Regionalität für junge Menschen. Das Problem: Wo viele Menschen leben, ist nur noch wenig Bundeswehr. In den Metropolregionen an Rhein und Ruhr etwa leben viele Millionen Menschen, doch die Truppe ist weitgehend aus diesem Raum verschwunden – bis auf die Standorte mit Ämtern. Unter dem Motto „NRW schnuppert Seeluft“ bietet die Bundeswehr daher Interessenten Touren nach Wilhelmshaven an, um ihnen die Marine schmackhaft zu machen, berichte Oberstleutnant De Toia. Grundlage ist eine Kooperation mit der Einsatzflottille 2.

Im Sinn der Personalgewinnung und -bindung eingetretene Pfade zu verlassen, ist inzwischen auch im BAPersBw in der Personalführung der Offiziere zur Normalität geworden. Oberst i.G. Michael von Block-Schlesier, BAPersBw Abt. III, hatte zunächst die erfreuliche Nachricht im Gepäck, dass es gelungen sei, den Beförderungsstau der Offiziere nahezu komplett zu beseitigen. Zudem sei in den vergangenen Jahren der Personalkörper der Offiziere kontinuierlich gewachsen – trotz bremsender Faktoren wie etwa der Covid-Pandemie. Bei allen Maßnahmen dürfe nicht vergessen werden: „Oberstes Ziel ist die Bedarfsdeckung und das Erreichen der Kriegstauglichkeit“, so von Bock-Schlesier.

Zur Personalführung der Unteroffiziere und Mannschaften trug Brigadegeneral Mario Thieme, BAPersBw IV, vor. Die Größe der Herausforderung des Personalaufwuchses beschrieb Thieme so: „Das, was wir jetzt bringen müssen, ist vergleichbar mit der Aufstellung der Bundeswehr 1955 – so einen Aufwuchs hat es seit damals nicht gegeben.“ Für junge Menschen biete die Bundeswehr dabei gute Chancen: „Dass Menschen sechs Monate in einen Job reinschnuppern können – das bietet sonst kaum eine andere Firma.“ Thieme wandte sich aber auch an das „Bestandspersonal“: Die Chancen zur Übernahme als Berufssoldat seien so gut wie kaum jemals zuvor. „Gehen Sie auf die Leute zu, sagen Sie ihnen, dass sie sich bewerben sollen“, so der Abteilungsleiter. Thieme warb auch für die Brigade Litauen: „Wer auch immer etwas damit zu tun hat: Machen Sie Werbung für das Projekt!“
 

Apropos Litauen: Bis zum 1. April 2026 wird die Panzerbrigade 45 auf 651 Dienstposten angewachsen sein – nach dem Freiwilligkeitsprinzip. Das bestätigte Oberst i.G. Marcus Buß, BMVg P II 1.  Die volle Einsatzbereitschaft mit 5000 Bundeswehrangehörigen soll die Brigade 2027 erreichen. „Wir müssen uns Gedanken machen, ob am Tag X das Freiwilligkeitsprinzip noch ausreichend ist“, so Oberst i.G. Buß. Positiv äußerte sich Buß zum Planstellenstellenaufwuchs im Bundeshaushalt: Zusätzlich jeweils knapp 10.000 Planstellen in 2025 und 2026 genehmigte der Bundestag vor wenigen Wochen – ein entscheidender Schritt zur Auflösung des langjährigen Beförderungsstaus.

Abgerundet wurde die Veranstaltung durch Vorträge zur Neuordnung des Wehrdisziplinarrechts (Regierungsdirektorin Julia Kögler und Regierungsdirektor Lucas Hammes, beide BMVg RO III 4) sowie der Neufassung des Soldatenentschädigungsgesetzes (Oberamtsrätin Nancy Boretzki, BMVg R II 4).

Für viel Gesprächsstoff sorgte das geplante neue Wehrdienstmodell, das zu diesem Zeitpunkt erstmals im Bundestag beraten wurde. Den aktuellen Stand und die Entstehungsgeschichte des Vorhabens erläuterte der Justitiar, Major d.R. Christian Sieh.

Am Ende der Tagung bilanzierte Oberstleutnant i.G Dr. Detlef Buch: „Ich bin wieder einmal sehr zufrieden mit dieser Tagung. Sie zeigt, wie nah der DBwV an der Truppe ist und dass er seiner Rolle als Berufsverband, der oftmals eine Kommunikationsbrücke zu den fachlich Verantwortlichen in der Bundeswehr bietet, nach wie vor vollends gerecht wird. Wir werden mit Nachdruck versuchen, alle in der Tagung angesprochenen Prozesse und Probleme im Sinne unserer Mitglieder konstruktiv zu begleiten und wo möglich, zu gestalten. Ich danke allen Beteiligten sehr herzlich und freue mich bereits jetzt auf die Veranstaltung im Oktober 2026.“

Stimmen zur Tagung

Hauptmann Simone Knofius, Personaloffizier Feldjägerregiment 2:
Gesamtheitlich ist das eine tolle Veranstaltung. Die Themen haben uns voll abgeholt, es ist genau das, was uns gerade beschäftigt. Das war ein rundes Bild mit fundierten Informationen. Die Referenten waren authentisch, es war angenehm, ihnen zuzuhören. Ich würde auf jeden Fall wiederkommen, wenn ich wieder eingeladen werde.

Oberstleutnant Frank Stötzel, Personalstabsoffizier beim Taktischen Luftwaffengeschwader 51:
Ich war schon vor einigen Jahren bei dieser Veranstaltung und es hat mich sehr gefreut, dass ich wieder eingeladen wurde, gerade jetzt, in der Zeitenwende mit allem, was dazu gehört. Hier bekomme ich einen Blick über den Tellerrand. Wir haben regelmäßig die S1-Tagungen Luftwaffe, die natürlich sehr luftwaffen-bezogen sind. Hier liegt der Fokus mehr auf Gesamt-Bundeswehr, was neue Erkenntnisse bringt, etwa über die ganzen Änderungen, die jetzt anstehen. Jeder, der die Gelegenheit hat, an dieser Veranstaltung teilzunehmen, sollte diese wahrnehmen und die Erkenntnisse mitnehmen.

Oberst Michael Trautermann, Kommandeur Landeskommando Rheinland-Pfalz:
Für mich ist in dieser neuen Funktion als Kommandeur Landeskommando der Schwerpunkt deutlich anders als in meinen vergangenen Verwendungen, etwa bei der NATO, in den USA oder bei der Luftwaffe. Ich habe mir recht frühzeitig auf die Fahne geschrieben, mit den Verbänden, also auch dem BundeswehrVerband, ein gutes Verhältnis zu entwickeln. Der andere Grund, warum ich hier bin, ist schlicht und ergreifend auch in meinen Vorwendungen begründet: Ich bin in einigen Bereichen, die hier vorgetragen wurden, nicht so auf Stand, als dass ich dazu sofort Antwort geben könnte. Insoweit war es eine willkommene Gelegenheit, die einzelnen Themen zu vertiefen. Eindruck: Auch diese Tagung reflektiert das, was ich in meiner Arbeit mit den Verbänden festgestellt habe: Ein unheimliches Engagement auf der einen Seite, auf der andere Seite eine unheimlich tiefe Kenntnis dessen, was in der Truppe los ist – das war wahnsinnig detailliert, gut aufbereitet, eine für die Soldatinnen und Soldaten und für die S1er sowie die Kommandeure sehr hilfreiche Information.

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