Wir wissen nicht, was diese Soldatin vom Dienstgradgendering hält. Ein großer, wahrscheinlich überwiegender Teil der Frauen in der Bundeswehr lehnt die Idee jedoch strikt ab. picture alliance/dpa | Christophe Gateau

Wir wissen nicht, was diese Soldatin vom Dienstgradgendering hält. Ein großer, wahrscheinlich überwiegender Teil der Frauen in der Bundeswehr lehnt die Idee jedoch strikt ab. picture alliance/dpa | Christophe Gateau

14.09.2020
Jan Meyer

Debatte um weibliche Dienstgrade: Image-Schaden mit Ansage

Berlin. Fünf Tage ist es her, dass „Die Welt“ berichtete, dass man im BMVg plant, künftig die Dienstgrade zu gendern – auf Deutsch: Für Frauen mit weiblichen Endungen zu versehen. Fünf Tage, an denen das Thema zu DEM beherrschenden Bundeswehr-Thema anschwoll. Zeitungen berichteten landauf, landab, auf einschlägigen Internet-Seiten wie „Augen geradeaus“ explodierte die Diskussion und spätestens, als „Bild“ der Frage am Samstag die Titelseite widmete („Geschlechter-Wirrwarr bei der Bundeswehr“), war klar: Dieser Schuss war nach hinten losgegangen. Statt als besonders fortschrittlich belobigt zu werden, sahen die Verantwortlichen im Bendlerblock ziemlich alt aus. Der Tenor: Völlig falsche Prioritäten, dazu an den Bedürfnissen der Frauen in der Truppe vorbei, kurz: Der Image-Schaden ist erheblich.

Und das ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere zeigt sich in der Truppe. Unabhängig von der medialen Wirkung läuft eine Art interner Kampagne. Die Wehrbeauftragte und auch das Verteidigungsministerium werden derzeit mit Briefen empörter Soldatinnen geflutet. Wäre das im analogen Zeitalter möglicherweise noch als harmloses Ärgernis durchgegangen, artet das heutzutage schnell zu einem echten Problem aus – ganz getreu dem selbstformulierten Ziel: Jeder Soldat ein Influencer. Denn mehr als eine Briefschreiberin sorgt ganz selbstverständlich dafür, dass sich ihr Werk im Netz verbreitet. Auf Facebook, Twitter und Instagram ist die klare Botschaft: „Wir sind gegen das Dienstgradgendering in der Bundeswehr!“ So trägt das, was eigentlich höchst positiv ist – Soldatinnen positionieren sich, ganz im Sinne der Inneren Führung – zu dem bösen Image-Schaden bei.

Ein Image-Schaden, der sich geradezu mit Ansage eingestellt hat, der ebenso vorhersehbar wie vermeidbar war. Und der die Verteidigungsministerin auch dann betrifft, wenn Annegret Kramp-Karrenbauer offiziell erst morgen in das Projekt einbezogen wird.  Man hätte nicht unbedingt die Beteiligungsgremien und Verbände fragen müssen (wohl aber sollen!!). Es hätte schon gereicht, sich die 2014 veröffentlichte Studie „Truppenbild ohne Dame“ des ZMSBw durchzulesen – darin haben sich immerhin 86 Prozent der befragten Frauen für einheitliche Dienstgradbezeichnungen ausgesprochen. Und auch bei der Fachtagung „Auf dem Weg zur Generalinspekteurin?“ von ZEBIS, ZInFü und Wehrbeauftragten im Jahr 2017 spielte die Frage keine Rolle.

Dieses Bild spiegelt sich auch in unseren eigenen Erkenntnissen wider. Eine Blitzumfrage unter weiblichen Mandatsträgern ergab: 87,14 Prozent der Befragten halten weibliche Dienstgrade für unwichtig. Und ein Blick auf unseren Facebook-Kanal zeigt: Auf einen von uns am Wochenende veröffentlichten Beitrag zu den Plänen des BMVg reagierten mehr als 1300 Menschen. Mehr als 900 kommentierten den Artikel – die überwältigende Mehrheit der Nutzer sprach sich gegen eine Änderung der geltenden Dienstgradbezeichnungen aus. Auch erreichten die Redaktion zahlreiche Nachrichten mit dem Betreff „Dienstgradgendering“. Überdurchschnittlich viele Frauen beteiligen sich an der Diskussion und fordern den DBwV auf, sich gegen die Pläne des BMVg zu stellen.

Unterm Strich: Annegret Kramp-Karrenbauer konnte besichtigen, was passiert, wenn man der Truppe etwas Ungewolltes überstülpen will. Wie es ist, wenn durch Ungeschicklichkeit eine sachgerechte Debatte unmöglich gemacht wird. Sie sollte das Thema umgehend von der Tagesordnung nehmen. Je eher, desto besser!

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