Soldaten von der 4./Panzerpionierbataillon 1 unterstützen mit dem Pionierpanzer Dachs beim Hochwassereinsatz in Insul im Ahrtal. Fot: Bundeswehr/Tom Twardy

Soldaten von der 4./Panzerpionierbataillon 1 unterstützen mit dem Pionierpanzer Dachs beim Hochwassereinsatz in Insul im Ahrtal. Fot: Bundeswehr/Tom Twardy

28.07.2021
Yann Bombeke/dpa

Inspekteur SKB sieht Handlungsbedarf im Katastrophenschutz – immer noch fast 2000 Soldaten im Hochwasser-Einsatz

Fast 2000 Unterstützungskräfte der Bundeswehr sind nach wie vor in der Hochwasser-Amtshilfe im Westen Deutschlands im Einsatz. Der Inspekteur der Streitkräftebasis sieht Handlungsbedarf im Katastrophenschutz.

Seit nunmehr fast zwei Wochen läuft der Einsatz der Bundeswehr zur Bewältigung der Folgen der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Das schwere Gerät und die Manpower der Streitkräfte sind nach wie vor unverzichtbar. Die verheerende Flut hatte in der Region Ahrweiler zahlreiche Brücken zerstört – manche Orte waren kaum noch erreichbar. Pioniere des Heeres sorgten mit schnell verlegten Behelfsbrücken dafür, dass die Ortschaften wieder erreicht und auch versorgt werden können – unter anderem durch die Logistikkräfte der Streitkräftebasis, die Nahrungsmittel in die betroffenen Gebiete bringen.


Die Bundeswehr versorgt auch die vielen zivilen Helfer vor Ort, etwa mit Diesel für Fahrzeuge und Maschinen. So errichteten Spezialpioniere aus Husum am Nürburgring ein Feldtanklager mit einer Kapazität von 150.000 Litern Treibstoff. Insgesamt sind rund 1250 Kräfte in Rheinland-Pfalz und weitere 700 in Nordrhein-Westfalen im Einsatz und unterstützen die zivilen Organisationen. Das Motto ist auf vielen Fahrzeugen der Bundeswehr zu sehen: „Ihr – Wir – Zusammen“ haben die Soldaten auf ihre Lkw geschrieben.


Auch wenn die Bundeswehr an vielen Stellen hilft und der Dank der Bevölkerung groß ist, was immer wieder in den sozialen Medien zu sehen ist, läuft doch nicht alles rund. Generalleutnant Martin Schelleis, Inspekteur der Streitkräftebasis und Nationaler Territorialer Befehlshaber, hat eine Reihe von Fehlern erkannt und fordert, diese nun abzustellen. Schelleis verwies auf die jüngsten Erfahrungen aus der Hochwassereinsatz, aber auch jene aus der Corona-Amtshilfe, die ja auch noch weiterläuft: „Beide Katastrophen haben dringenden Handlungsbedarf zur Verbesserung des nationalen Führungssystems auf allen Ebenen gezeigt“, sagte der Inspekteur SKB in einer telefonischen Pressekonferenz. So beklagt Schelleis laut der Nachrichtenagentur dpa, dass „vieles tatsächlich wie in alter Zeit mit Karte und Bleistift“ sei. Es müsse darauf hingearbeitet werden, dass alle an der Bewältigung einer Krise beteiligten Einsatzkräfte, ob zivil oder militärisch, die für die Aufgaben nötigen Informationen teilen könnten. Schelleis fordert ganz einfach ein „gemeinsames Lagebild“.

„Sobald eine Katastrophe überörtlich ausgreift, zeigen sich Defizite etwa bei der Herstellung und dann auch Aufrechterhaltung eines aktuellen Lagebildes», sagte der General. „Daraus folgt, dass die Prioritäten vielleicht nicht immer richtig gesetzt werden können und die entsprechende Koordination der Einsatzkräfte auch nicht optimal läuft.“ Die Bundeswehr und alle anderen relevanten Akteure müssten sich „kritisch prüfen, was wir jetzt für Erkenntnisse haben und was wir aus dieser erneuten Katastrophe lernen“.

Die Dramatik der Ereignisse in den Flutgebieten habe „alles bisher Dagewesene in den Schatten“ gestellt, sagte Schelleis. Die Fluten seien wie Tsunamis gewesen und hätten einen Einsatz vom 14. Juli an ausgelöst, bei dem in der Spitze 2300 Soldaten und 100 Zivilbeschäftigte der Streitkräfte mit schwerem Gerät im Einsatz waren. In Nordrhein-Westfalen seien 53 Anträge auf Amtshilfe eingegangen, in Rheinland-Pfalz 49 Anträge. Zudem gab es Ersuchen um Soforthilfe, also wenn bei Gefahr für Leib und Leben umgehend gehandelt werden muss.

Positiv sei der Auftrag der Innenminister an das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, eine Konzeption für eine zivile Reserve zu entwickeln. Es gebe gute Ansätze in der Katastrophenhilfe, aber auch unverändert Handlungsbedarf. Nicht nur die Erfahrungen aus Pandemie und Hochwasser müssten einfließen. „Wir müssen eine gesamtstaatliche Risikoanalyse durchführen, wo wir auch andere, durchaus realistische, nicht auszuschließende Krisen und Katastrophen für unser Land analysieren. Wo wir uns einigen: Das sind die Top-5“, so Schelleis. Daraus müssten Fähigkeiten abgeleitet werden, die von Landkreisen und Kommunen dann auch unter Belastung geübt werden.

Er kritisierte, wie „Querdenker“ und „wilde Haufen von militärisch gekleideten Menschen“ das Flutgebiet als Aktionsraum nutzen und falsche Informationen streuten. Das sei „nicht ohne Brisanz“, weil diese den Eindruck erweckten, sie seien offizielle Bundeswehrsoldaten. Schelleis: „Die streuen manchmal Informationen, dass einem Haare zu Berge stehen.“

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