Der Marinehubschrauber "Sea Lion" wurde am 24. Oktober an die Bundeswehr übergeben. Wegen gravierender Mängel wird der Anflugbetrieb verschoben. Foto: dpa

Der Marinehubschrauber "Sea Lion" wurde am 24. Oktober an die Bundeswehr übergeben. Wegen gravierender Mängel wird der Anflugbetrieb verschoben. Foto: dpa

27.11.2019
DBwV

Marine-Hubschrauber „Sea Lion“ startet vorerst nicht

Berlin. Die Bundeswehr hat sich dazu entschlossen, den Anfangsflugbetrieb mit dem neuen Hubschrauber NH 90 "Sea Lion" vorerst nicht aufzunehmen, teilt das Bundesministerium der Verteidigung mit. Grund dafür sei, dass das BMVg den Maßstab in puncto Sicherheit und Zuverlässigkeit seitens des Herstellers bei dem Marine-Hubschrauber nicht erfüllt sehe.

„Wir stellen unseren Soldatinnen und Soldaten Waffensysteme zur Verfügung, auf die sie sich verlassen können und die sie absolut sicher handhaben können. Das hat für uns oberste Priorität. Dieser hohe Sicherheits- und Qualitätsstandard ist unser Anspruch und wird auch bei der Beschaffung von neuen Waffensystemen immer zugrunde gelegt“, heißt es in der Pressemitteilung und weiter: „Wir sind zwar grundsätzlich von der Leistungsfähigkeit des Hubschraubers NH 90 'Sea Lion' überzeugt. Aber aufgrund der unzureichenden und lückenhaften technischen Dokumentation kann jedoch zum jetzigen Zeitpunkt ein Flugbetrieb durch die Frauen und Männer der Marine nicht verantwortet werden.“

Eine akribische und lückenlose Dokumentation sei die Grundlage für strukturiertes und damit sicheres Handeln, ob im Grundbetrieb oder im Einsatz, so das BMVg. Daher werde auf einen vorschnellen Beginn des Ausbildungsflugbetriebes noch in diesem Jahr verzichtet. Der Hersteller habe zugesagt, die noch erheblichen Fehler in der Dokumentation schnellstmöglich zu beheben, heißt es in der Mitteilung. „Diese Verzögerung hat aber aktuell keine Auswirkungen auf die Herstellung der vollen Einsatzreife des Hubschraubers, die ab 2023 vorgesehen ist. Nach wie vor kann die Marine die an sie gestellten Aufträge vollumfänglich erfüllen.“

„Die Verschiebung ist nur konsequent und richtig!“, betont Fregattenkapitän Marco Thiele, Vorsitzender Marine im DBwV und führt aus: „Unsere Frauen und Männer haben ein Recht auf die beste und natürlich auch komplette Ausrüstung und Ausbildung für ihren Dienst. Auch wenn wir die Sinnhaftigkeit der Abgabe der gänzlichen Materialverantwortung von der Marine an das BAIINBw zu Recht hinterfragen, war es in diesem Falle gut eine Zwischeninstanz zu haben. So wurde verhindert, dass unsere Kameraden und Kollegen vor Ort dieses Fehl ausbaden müssen.“

Hintergrund
Am 24. Oktober erfolgte die Übergabe des ersten NH 90 "Sea Lion" von Airbus Helicopters Deutschland an das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw). „Die Übernahme durch das BAAINBw war erforderlich und sinnvoll, um gemeinsam mit dem späteren Nutzer, der Marine, zu überprüfen, ob alle Voraussetzungen erfüllt sind, um zeitnah in den Anfangsflugbetrieb überzugehen“, so das BMVg.

Nach der Übernahme wurde der Hubschrauber nach Nordholz überführt. Für die anschließende Wartung wurde die sogenannte „Interaktive Elektronische Technische Dokumentation (IETD)“ genutzt und dabei zugleich in der Tiefe überprüft. Eine Technische Dokumentation umfasse alle Informationen, die ein Waffensystem beschreiben und zu seiner Nutzung, Wartung und Reparatur anleiten. Sie stelle die Informationen systematisiert bereit und strukturiere sie so, dass der reibungslose Betrieb handhabungssicher ermöglicht werde. Die Technische Dokumentation sei damit essenziell für den sicheren Betrieb des Luftfahrzeuges.

„Im Zuge der Überprüfung ergaben sich bisher in deutlich mehr als 150 Positionen Unregelmäßigkeiten. In der Summe handelt es sich hierbei um erhebliche Fehler, die einen sicheren Flugbetrieb des Hubschraubers zunächst nicht erlauben“, teilt das Ministerium mit und nennt Beispiele für festgestellte Mängel:

  • Fehlende Informationen zu dem in der Wartung notwendigen Abschmieren beweglicher Bauteile. Hier fehlen die Angaben zu der Art des Fetts, das verwendet werden muss, und wie oft dieser Vorgang durchzuführen ist.
  • Unregelmäßigkeiten in der elektronischen Abbildung. Hier sind Verlinkungen in der Dokumentation nicht hinterlegt. Da Folgeschritte nach einzelnen Maßnahmen nicht angezeigt werden, ist eine folgerichtige Bearbeitung einzelner Wartungsschritte nur möglich, wenn die gesamte Dokumentation durchsucht wird.

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