Mit einer Militärparade feierte Aserbaidschan im Dezember den Sieg im Krieg um Berg-Karabach. Dabei wurde auch eine Kampfdrohne vom Typ Bayraktar TB2 aus türkischer Produktion gezeigt. Foto: picture alliance/dpa/TASS | Valery Sharifulin

12.02.2021
Yann Bombeke

Lehren aus dem Krieg um Berg-Karabach: Die Bundeswehr muss jetzt schnell handeln

Der kurze, aber heftige Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach im vergangenen Herbst hat viele Militärbeobachter im Westen aufgeschreckt: Der Sieg der aserbaidschanischen Seite war zu einem großen Teil dem Einsatz von bewaffneten Drohnen zu verdanken, dem die armenischen Streitkräfte nur wenig entgegenzusetzen hatten. Auch bei der Bundeswehr schrillten die Alarmglocken. Die bittere Realität: Auch Deutschlands Streitkräfte hätten einem massiven Einsatz von Kampfdrohnen nur wenig entgegenzusetzen.

Die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) hat den Konflikt im Kaukasus analysiert und ein Arbeitspapier dazu veröffentlicht. Der Krieg biete „eine Reihe von Erkenntnissen auf technischer, doktrinärer und struktureller Ebene, welche die Bundeswehr und andere westliche Streitkräfte berücksichtigen sollten“, schreibt der Autor Franz-Stefan Gady in der Einleitung zu dem lesenswerten Dokument.

Insbesondere der massive Einsatz von bewaffneten Drohnen und so genannter Loitering Munition hat international für Aufmerksamkeit gesorgt. Bei der Loitering Munition, oft auch „Kamikaze-Drohnen“ genannt, handelt es sich um kleinere, unbemannte Flugkörper, die längere Zeit über einem Operationsgebiet kreisen können und sich auf Steuerbefehl auf ein Ziel stürzen können, das sie erkannt haben.

Mit diesen Systemen, in erster Linie israelische Produkte vom Typ IAI Harop, sowie mit bewaffneten Drohnen aus türkischer Produktion vom Typ Bayraktar TB2, gelang es Aserbaidschan, innerhalb kurzer Zeit die armenische Luftabwehr weitgehend zu zerstören, die sich als wirkungslos gegen diese Bedrohung aus der Luft erwies. Zudem wurden nach Angaben der BAKS rund 130 Kampfpanzer vom Typ T-72 und dutzende weiterer gepanzerter Fahrzeuge sowie die Artilleriesysteme der armenischen Streitkräfte zerstört.

Bei diesem „ersten echten Drohnenkrieg“ der Geschichte, wie es Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer zum Ausdruck brachte, trugen die unbemannten Systeme Aserbaidschans somit maßgeblich zur Niederlage Armeniens bei. In einem solchen Konflikt hätte auch die Bundeswehr nur wenig den Bedrohungen aus der Luft entgegenzusetzen. Vor neun Jahren hat die Bundeswehr ihre Heeresflugabwehr abgeschafft. Mobile Luftabwehreinheiten gibt es seitdem nur noch in eher geringem Ausmaß mit dem Waffensystem Ozelot der Luftwaffe.

Die Notwendigkeit, in diesem Bereich schnell nachzubessern, ist erkannt. Anfang des Jahres sagte der Generalinspekteur der „Welt am Sonntag“: „Wir müssen dringend unsere Flugabwehrfähigkeit verbessern. In Bergkarabach kamen sehr hoch fliegende Drohnen zum Einsatz, die bewaffnet waren. Und es gab kleinere, quasi frei verkäufliche handelsübliche Drohnen, die zunehmend in der Lage sind, größere Gebinde von Sprengstoff zu transportieren.“ General Eberhard Zorn weiter: „Wir brauchen defensive Systeme, die unsere Truppen gegen solche Angriffe schützen. Diese Fähigkeitslücke müssen wir schnell schließen.“

Im Arbeitspapier der BAKS wird zudem empfohlen, auch Einheiten der elektronischen Kampfführung an Kampfverbände des Heeres anzugliedern, um zum Beispiel die Funkverbindung zwischen Drohnen und Kontrollstationen zu stören.

Bewaffnete Drohnen sind längst Teil der militärischen Realität geworden – auch in konventionellen Konflikten, wie es am Beispiel des Kriegs um Berg-Karabach zu beobachten war. Die Bundeswehr braucht hier schnelle Lösungen, und das nicht nur, um den Anschluss am technologischen Fortschritt zu halten. Es geht schlicht und ergreifend um den Schutz der Soldatinnen und Soldaten.

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