Bundestag wählt Henning Otte zum neuen Wehrbeauftragten
Der Bundesvorsitzende Oberst André Wüstner gratulierte Henning Otte (CDU) kurz nach der Wahl zu seinem neuen Amt – für den DBwV ist Henning Otte kein Unbekannter.
Fünf Jahre lang war Dr. Eva Högl (SPD) Wehrbeauftragte – nun wird sie von Henning Otte (CDU) abgelöst. Der Bundestag wählte am Mittwoch den CDU-Politiker zum neuen Wehrbeauftragten in der Geschichte der Bundesrepublik. Kurz nach der Wahl gratulierte der Bundesvorsitzende, Oberst André Wüstner, Otte zu seinem neuen Amt und wünschte ihm alles Gute.
Um den Posten zu übernehmen, muss Otte sein Bundestagsmandat niederlegen, da der Wehrbeauftragte weder Mitglied des Bundestages noch Beamter ist. Otte, Familienvater aus Celle, hat eine enge Beziehung zur Bundeswehr und zu Verteidigungsthemen und ist selbst Reserveoffizier.
Was Otte und Högl gemeinsam haben: die niedersächsische Herkunft und ein juristisches Studium, er soll der neue „Anwalt der Soldatinnen und Soldaten“ sein – der 14. in der Geschichte der Bundesrepublik. Zu seinen Aufgaben wird es gehören, über deren Grundrechte sowie die Einhaltung der Grundsätze der inneren Führung zu wachen. Einmal im Jahr legt der Wehrbeauftragte einen ausführlichen Bericht über den personellen und materiellen Zustand der Bundeswehr vor.
Seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages
Seit 1996 gehörte Otte dem Kreistag des Landkreises Celle an. Von 2001 bis 2021 war er stellvertretender Landrat des Landkreises Celle. 2005 wurde er erstmals Mitglied des Deutschen Bundestages, in den er über die Landesliste Niedersachsens einzog.
Otte setzte sich in der Vergangenheit für höhere Verteidigungsausgeben und weniger strikte Rüstungsexportbeschränkungen ein. Bis Oktober 2023 war er ehrenamtlicher Vizepräsident im Förderkreis Deutsches Heer, bis Mai 2017 Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik. Für den Deutschen BundeswehrVerband ist Otte kein Unbekannter, es bestehen seit langer Zeit gute Kontakte.
In der vergangenen Legislaturperiode war Otte stellvertretender Vorsitzender des Verteidigungsausschusses und Fachsprecher für den ländlichen Raum. Von 2014 bis Ende 2021 wirkte er als verteidigungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Otte gehört dem Vorstand der niedersächsischen CDU und der Bundespartei an.
Wehrbericht 2024: Personal bleibt der Schlüssel zur Verteidigungsfähigkeit
Vor der Wahl des neuen Wehrbeauftragten berieten die Abgeordneten über den Jahresbericht der Wehrbeauftragten – den Bericht hatte Eva Högl im März dieses Jahres vorgestellt.
Das Thema Personal war im Wehrbericht 2024 das vorherrschende Thema: „Genügend und vollständig einsatzbereites Personal ist der Schlüssel zu Verteidigungsfähigkeit“, heißt es. Högl weist darauf hin, dass die Bundeswehr dem ursprünglich bis zum Jahr 2025 gesteckten, jedoch später zeitlich angepassten Ziel, eine Personalstärke von 203.000 Soldatinnen und Soldaten bis zum Jahr 2031 zu erreichen, im Berichtsjahr erneut nicht nähergekommen sei.
Acht Prozent mehr Soldatinnen und Soldaten
Eine positive Nachricht: 20.290 Soldatinnen und Soldaten haben im Berichtsjahr ihren Dienst angetreten – ein Plus von acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. Weniger erfreulich sei hingegen die hohe Abbrecherquote, auch der hohe Anteil, derjenigen, die den Dienst noch während der Probezeit abbrechen, bleibt weiterhin „äußerst problematisch“.
Rund 27 Prozent der Soldatinnen und Soldaten, die 2023 ihren Dienst angetreten haben, haben die Bundeswehr wieder verlassen. „Insgesamt, verlässt jede beziehungsweise jeder Vierte die Bundeswehr wieder innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten“, teilte Högl mit.
Auch die Gleichstellung ist in Högls letzten Berichts ein großes Thema: „Soldatinnen sehen sich weiterhin nicht selten Vorurteilen. Diskriminierung und leider zuweilen sexueller Belästigung ausgesetzt“, heißt es. Insgesamt habe sie im Berichtsjahr 48 Eingaben zu sexualisierten Fehlverhalten erhalten.
Bundeswehr war gefordert wie nie zu vor
„Die Lage mit Krieg, Krisen und Konflikten ist Ernst. Unser Frieden und unsere Freiheit sind gefährdet“, sagte Högl zu ihrem Anschluss. „Deswegen ist eine starke Bundeswehr wichtiger denn je.“ Im Jahr 2024 war die Bundeswehr gefordert wie nie zuvor: „Der Krieg in der Ukraine, die Brigade in Litauen, der Einsatz der Fregatte Hessen und die Präsenz an der NATO-Ostflanke forderten die Bundeswehr wie nie zu vor“, sagte Högl.
Erneut betonte Högl das Thema Personal: „Die Truppe schrumpft und wird immer älter: „Aber es gab auch Erfolge: „Wir hatten 18,5 Prozent mehr Bewerbungen und Weiterverpflichtungen.“ Das Ziel von 203.000 Soldatinnen und Soldaten bis 2031 sei aber immer noch weit entfernt. „20 Prozent der Stellen bleiben weiterhin unbesetzt“, so Högl. Deshalb bat sie darum, das Thema Personal weiterhin als Top-Thema anzusehen. „2024 hat sich viel verbessert, wir haben viel erreicht, aber wir sind noch nicht am Ziel. Ich bitte sie darum, nicht nachzulassen“, sagte Högl.
„Auf drei Themen blicke ich besonders zurück“, so Högl. „Zunächst der Veteranentag. Ich danke dem Bundestag für die Entscheidung, einen nationalen Veteranentag einzuführen, den wir in diesem Jahr erstmals feiern dürfen. Dafür danke ich ihnen vom Herzen.“ Högl betonte auch die Aufarbeitung des Einsatzes in Afghanistan. „Die Ergebnisse dürfen nun nicht in der Schreibtischschublade verschwinden. Daraus müssen Schlüsse für weitere Einsätze geschlossen werden“, sagte Högel. Auch das Artikelgesetz sei eine wichtige Verbesserung für die Bundeswehr. „Besonders für die Litauen-Brigade steht da viel Gutes drin“, so Högl.
„Dieses Amt war mir immer eine Ehre und große Freude“, sagte Högl zum Anschluss ihrer Amtszeit. „Ich bedanke mich für das Vertrauen in der Bundeswehr und die gute Zusammenarbeit dem Ministerium und Verteidigungsminister Pistorius.“
Wehrbeauftragte der Zeitenwende
„Du warst immer zuverlässig an meiner Seite und an der Seite der Bundeswehr“, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius zum Abschied von Eva Högl. „Dein großes Engagement und Empathie für die Soldatinnen und Soldaten ist von unschätzbarem Wert. Auch dadurch hat sich die Wahrnehmung der Bundeswehr in der Gesellschaft gewandelt“, lobte Pistorius die Arbeit der Wehrbeauftragten.
„Du bist die Wehrbeauftragte der Zeitenwende“, sagte Pistorius. „Mit 400 Truppenbesuchen in fünf Jahren warst du immer nah bei der Truppe und hast die Anliegen der Soldatinnen und Soldaten wahrgenommen. Dafür danke ich dir im Namen des ganzen Hauses.“
Der Bericht der Wehrbeauftragen habe aufgezeigt, wo Schwachstellen sind und wo Handlungsbedarf ist. „Der Bericht zeigt aber auch, dass wir auf einem guten Weg sind. Alles, was vernachlässigt wurde, muss ganz oben auf der Agenda stehen. Wir müssen mit Hochdruck an einem ambitionierten Verteidigungshaushalt, an einem Wehrdienst und an einem attraktiven Dienst arbeiten“, sagte Pistorius.
„Es fehlt immer noch an Material, was dringend benötigt wird. Wir müssen schnellstmöglich verteidigungsfähig und abschreckungsfähig werden“, so Thomas Erndl (CDU/CSU). Die finanzielle Grundlage sei bereits gelegt. „Es braucht neue Wege, Innovationsfähigkeit, künstliche Intelligenz und unbemannte Techniken“, sagte Erndl und dankte Eva Högl für ihre Arbeit: „Sie haben ihre Aufgaben immer mit viel Herz und einem klaren Kopf übernommen.“
Auch Sara Nanni (Bündnis 90/Grüne) betonte den Personalmangel: „Woher sollen all diese Soldatinnen und Soldaten kommen?“, fragte Nanni. Es sei gut, dass es mehr Geld für die Bundeswehr gibt, „aber Geld kann nicht alle Probleme lösen.“ Es ginge darum, dass ich die Menschen in der Truppe wohlfühlen und dass Vorgesetzte die Soldatinnen und Soldaten die Menschen im Blick haben. „Das haben Sie, als Wehrbeauftragte, vorgelebt und gezeigt, wie Nähe in der Bundeswehr aussehen kann“, so die Grünen-Politikerin.
Anwältin der Soldatinnen und Soldaten
„Sie waren die Anwältin der Soldatinnen und Soldaten und haben, wenn nötig, den Finger in die Wunde gelegt“, sagte Kerstin Vieregge (CDU). Und wunden gäbe es einige „Die Wunden ins altbekannt und die ungelösten Probleme sind groß“, so Vieregge. Es brauche moderne und gut ausgestattete Kasernen. „Die Zustände in vielen Liegenschaften ist inakzeptabel.“ Auch Vieregge bedankte sich bei Högl: „Ich danke ganz persönlich für das unermüdliche Engagement und dafür, dass Sie sich immer wieder für einen allgemeinen Gesellschaftsdienst ausgesprochen haben.“
„Wer sich an Eva Högl wandte, wusste, dass sie die Eingabe selbst lesen wird“, sagte Falko Droßmann (SPD), der den Bundesvorsitzenden, Oberst André Wüstner auf der Zuschauertribüne grüßte. Auch er dankte Eva Högl für ihren unermüdlichen Einsatz für die Truppe.
Im Anschluss an die Aussprache wählten die Abgeordneten Hennig Otte zum neuen Wehrbeauftragten – am 5. Juni soll er offiziell in das Amt eingeführt werden.