Bis ins hohe alter setzte sich Margot Friedländer für Demokratie und Menschlichkeit ein. Foto: picture alliance/photothek.de/Florian Gaertner

Bis ins hohe alter setzte sich Margot Friedländer für Demokratie und Menschlichkeit ein. Foto: picture alliance/photothek.de/Florian Gaertner

19.05.2025
yb

Für Margot

„Seid Menschen“ war ihr Credo, und das, obwohl sie in ihrem Leben unfassbar Unmenschliches erlebt hatte: Als junge jüdische Frau überlebte Margot Friedländer den Holocaust in Deutschland, wanderte nach dem Krieg in die USA aus. Und kehrte viele Jahre später, mit 88 Jahren, in ihre Heimatstadt Berlin zurück. Als Zeitzeugin trat sie auf, klärte auf, rief zu Toleranz und Menschlichkeit auf. Insbesondere die junge Generation erreichte sie in ihrem Kampf gegen Demokratiefeindlichkeit und Antisemitismus, schaffte es so, jungen Menschen das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte näherzubringen als dies der Geschichtsunterricht in der Schule jemals vermochte. Am 9. Mai 2025 starb Margot Friedländer im Alter von 103 Jahren in Berlin.

Unser Mitglied Oberstabsgefreiter d.R. Sanata Doumbia-Milkereit verfasste im Dezember 2024 ein Gedicht, das als Geschenk an Margot Friedländer gedacht war. Mit ihrem Tod ist dieses Gedicht zu einem stillen, persönlichen Nachruf geworden. „Es ist eine Verneigung vor einer Frau, die uns so viel über Haltung, Erinnerung und Menschlichkeit gelehrt hat“, sagt Sanata Doumbia-Milkereit. Ihr Gedicht zu Ehren von Margot Friedländer veröffentlichen wir gerne an dieser Stelle.

Für Dich, Margot

Du standest vor uns,
Margot.
Warst DIE Stimme, die nicht vergessen hat,
die Stimme, die von Schatten und Stille sprach,
die Stimme, die den Schmerz der Erinnerung trug,
die Stimme, die sich dem Vergessen entgegenstellte.

„Ich bin zurückgekommen,“ sagtest Du,
— mit Augen die alles gesehen hatten,
„um Euch die Hand zu reichen, trotz allem, was geschehen war."
Du hast gewählt.
Hast gewählt, Dich gegen die Kälte zu stellen,
hast im Dunkel ein Licht für uns entzündet,
ein helles.

In Deinen Worten liegt die Schwere
des Lebens.
Von einem Leben, das standhielt,
von Nächten und Fragen, die der Morgen verhüllt.
Ein Leben, das so oft hätte zerbrechen können, doch Du hast gewählt.

Du hast gewählt, Dich dem Hass entgegenzustellen.
„Seid Menschen," sagtest Du,
Margot.
Und Deine Stimme bebte:
„Wir sind alle gleich, es gibt nur menschliches Blut, weiß oder schwarz, arm oder reich,
ob Jude, Muslim, Christ — oder ohne ein Glaubenskleid."

Du hast uns gezeigt,
Margot.
Uns gezeigt, dass Menschlichkeit stark ist,
dass jede Verletzung und jede Narbe Teil unseres Herzens, bleibt.
Du hast uns gelehrt,
Margot.
Uns gelehrt, dass kein Schmerz, keine Wunde zu groß,
um nicht im Anderen Trost zu finden.

„Ich bitte Euch,“ sagtest Du,
Margot.
Und Deine Augen spiegelten Welten.
„Seid die Zeugen, die wir bald nicht mehr sein können,
tragt das Erinnern wie eine Fackel weiter,
lasst es brennen, wärmen, hell und heiter.“

Für Dich,
Margot.
Für Dich gibt es keine Grenzen,
— weder in Farbe noch in Herkunft und Namen.
Denn Du sahst die Essenz, die wir alle teilen,
tief unter Mauern, unter Ängsten,
unter steinernen Säulen.

Du, Margot.
Du hast in uns den Samen gesät,
den Mut, der uns wie ein Band zusammenhält.
„Seid wachsam," sprachst Du,
„gegen das Dunkel der Zeit.
Seid Licht in den Schatten.
Seid für Menschlichkeit bereit."

Für Dich, Margot.
Für Dich heben wir das Gesicht:
sehen durch Deine Augen — ein sanftes Licht.
Du zeigst uns, dass Liebe kein ferner Schein,
sondern das Herz, das uns Mensch sein lässt
— voller Mut und rein.

Was bleibt von uns,
Margot,
wenn wir nicht erinnern?
„Seid Menschen", sagtest Du,
Margot.
— Ein Vermächtnis, das brennt,
in uns allen, die wir Deine Stimme erkannt.
Ein Ruf, der sich tief in uns verankert hat,
so fest wie Stein,
und uns lehrt, in jedem Dunkel das Menschsein zu sehen.

Für Dich,
Margot.
Wir werden erinnern.
Wir werden Mensch sein.

Von Sanata Doumbia-Milkereit

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