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Die Wehrpflicht hat in Deutschland eine lange Tradition: Hier sind Rekruten auf dem Weg zur Unterkunft im Jahr 1957. 1956 war das Wehrpflichtgesetz vom Bundestag verabschiedet worden. Foto: picture alliance
Stephan Trenckmann, Oberst d.R., hat die Wehrdienst-Geschichte seiner Familie über 100 Jahre im Buch „Gefreiter Trenckmann meldet sich zum Dienst” aufgeschrieben.
Sich zu verausgaben, rennen, klettern und andere tragen zu müssen, all das gehörte für mich dazu“, schreibt Sebastian Treckmann im Buch seines Vaters Stephan: Der Junior der Familie war einer der letzten Wehrpflichtigen, bevor der verpflichtende Grundwehrdienst 2011 ausgesetzt wurde. In der vierten Generation der Familie endete die Wehrpflicht vorerst, über ihre Zukunft wird jetzt wieder sehr laut nachgedacht.
Johannes Trenckmann kämpfte als Gardeschütze im Ersten Weltkrieg an der Westfront, sein Sohn Heinz, der Vater des Autors, dient ab 1941 in der Wehrmacht — erst in Afrika, dann an der Ostfront, bis er mit dem letzten Aufgebot des Dritten Reiches nach dem Endkampf um Ostpreußen 1945 in russische Kriegsgefangenschaft kommt. „Sein Seelenleben in dieser Zeit hat er nie offenbart“, sagt Stephan Trenckmann, der 1981 zur Bundeswehr einrückte und als Oberst d.R. einen tiefen Einblick in die Streitkräfte hat.
Basis für Stephan Trenckmanns Buch, das 100 Jahre Wehrdienst-Geschichte in seiner Familie erzählt, sind die Tagebucheinträge des Autors. Die hat er als W15er von 1981 bis 1982 während seines Dienstes in bei den Panzeraufklärern in Braunschweig aufgeschrieben. „Die Gründe, warum ich zum Bund ging, waren praktisch. Ich wollte nach dem Abitur etwas anderes sehen als den landwirtschaftlichen Betrieb der Familie und ich war überzeugt, dass der, der sich nicht wehren kann, erschlagen wird. Mit anderen Worten: Die Geschichte hat immer wieder bewiesen, dass nur schöngeistige Utopisten sagen können ,Frieden schaffen ohne Waffen’”.
Stephan Trenckmann erlebt im Dienst, was vor und nach ihm mehreren Millionen von Grundwehrdienstleistenden widerfahren ist: „Montag Gefechtsschießen“, steht da mit Datum vom 25. September 1982. „Ich Mun-Wart, paar Murmeln und paar 7,62 ausgegeben, ansonsten geschlafen, netter Tag. Schön abends lernen für Test Gefechtsausbildung Panzerjäger. Vortrag am Vormittag: Verfassung, Vergleich DDR und Grundgesetz. Eine Stunde straff geleistete Gruppenarbeit. Donnerstag Test und Vorträge. Grenzfahrt zur DDR-Grenze ganz anschaulich, Aufklärung für manche Unwissende echt nötig.“ Das alles ist in der Zeit zu sehen. Damals der Kalte Krieg mit einer starken Sowjetarmee von knapp 400 000 Soldaten jenseits der Elbe, heute bedrohen russische Truppen unweit der Ostflanke der NATO den Frieden in Europa, in der Ukraine führen Putins Streitkräfte seit elf Jahren Krieg.
Wie sich der Blick auf die Armee und den Dienst verändern kann, das erfährt der erste in der Reihe der Familien-Wehrdienstgeschichte sehr schnell nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges, Johannes Trenckmann, 1891 geboren, 1971 verstorben. Bis zum Marsch in den Krieg wuchs er wohl behütet in einem Fabrikantenhaushalt mit Kindermädchen, Kutscher und anderem Personal in einer Fünfzimmerwohnung in Berlin auf, großbürgerlich, die Familie mit konservativ-liberaler Grundhaltung. Er meldet sich im August 1914 freiwillig beim 4. Garde-Regiment zu Fuß in Berlin-Moabit, „getrieben von nationaler Begeisterung, jugendlichem Abenteuerdrang und der Suche nach sozialer Anerkennung“, schreibt sein Enkel Stephan im Geschichtsbuch der Familie.
Verfassungspatriotismus habe ihn und seinen Sohn veranlasst, die Wehrpflicht bei der Bundeswehr zu absolvieren, beim Großvater war es die deutschnationale Begeisterung, beim Vater das notwendige Übel, als man erkannt hatte, wohin der Nationalsozialismus führt. Aber er will dennoch seinem Heimatland dienen und es am Ende auch verteidigen, als das schon viel zu spät war. „Ich sage heute, wir haben einen guten Staat. Und der gehört verteidigt gegen potenzielle Aggression. Dieser Begriff Patriot, der gilt sicherlich auch abgeschwächt für meinen Sohn. Also gibt es Parallelitäten in diesen vier Generationen, aber auch gleichzeitig große Unterschiede“, beschreibt Stephan Trenckmann.
Großvater Johannes Trenckmann lernt an den Fronten im Westen während des Ersten Weltkrieges schnell, dass niemand mit Hurra fürs Kaiserreich stirbt. „Man glaubt, nie wieder das Lachen erlernen zu können, nachdem man derartiges durchgemacht hat. Schwermut, tiefe Schwermut.“ Angesichts des anonymen Massensterbens habe der Tod des Einzelnen immer mehr seine individuelle Sinnhaftigkeit verloren, schreibt er auch.
Stephan Treckmanns Vater Heinz erlebt die Niederlage des Afrika-Korps 1943, wird dann an die Ostfront versetzt und kam am 17. April 1945 nach dem verlorenen Kampf der Wehrmacht um Ostpreußen in russische Gefangenschaft. Er überlebt die Schinderei in Ölschiefer- und Bergwerken und bekommt eineinhalb Jahre nach der Gefangennahme erstmals im Dezember 1946 Post von der Familie im zerstörten Deutschland. „Wir sind in der Heimat bekannt, man kann uns nicht mehr verschweigen, die Sehnsucht nach Hause ist sehr groß.“ Die Gedanken kreisten in den Jahren der Gefangenschaft ums Essen, alles andere sei ausgeschaltet gewesen, schreibt er auf.
Stephan Trenckmann beschreibt seinen Vater als den Vernünftigen, sich selbst als den Neugierigen, seinen Sohn Sebastian als den Abenteuerlustigen. Welchen Sinn macht der Wehrdienst heute, würde eine Wehrpflicht machen? „Ohne die wird es nicht gehen, wenn man wirklich abschrecken und unsere Bundesrepublik verteidigungsfähig machen will. Wenn man das Land und seine Errungenschaften, die Art, wie wir leben, bewahren will, ist das essenziell. Aus meiner Erfahrung heraus könnte auch eine dreimonatige intensive Wehrpflicht als grüne Ausbildung reichen. Vom Gruppengefechtsschießen bis zur Panzerabwehr, natürlich heute auch der Drohnenkampf, so könnte man relativ schnell viele junge Männer durchschleusen. Aber das ist eine, das ist meine Theorie“, sagt Stephan Trenckmann.
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