Soldaten des schwedischen Süd-Skåne-Regiments P7 bei ihrer Ankunft in Riga. Sie gehören zur multinationalen Brigade der NATO. Foto: picture alliance/TT NEWS AGENCY/Johan Nilsson/TT

Soldaten des schwedischen Süd-Skåne-Regiments P7 bei ihrer Ankunft in Riga. Sie gehören zur multinationalen Brigade der NATO. Foto: picture alliance/TT NEWS AGENCY/Johan Nilsson/TT

27.09.2025
Yann Bombeke

Schweden steht klar hinter der Wehrpflicht

Vor einigen Jahren ist in Schweden die Wehrpflicht wieder eingeführt worden. Sie gilt nun für Männer und Frauen gleichermaßen. Dafür gibt es gleich eine Reihe an Gründen, wie Fabian Zubicky von der schwedischen Botschaft in Berlin erläutert.

Die Bundeswehr: Schweden hat 2017 beschlossen, die Wehrpflicht wieder einzuführen. Was waren die Hauptgründe dafür?

Fabian Zubicky: Die Wehrpflicht wurde 2009 ausgesetzt. Das Wehrpflichtgesetz blieb aber bestehen und wurde in der Zeit gleichzeitig geschlechtsneutral gemacht. Schwedens Militär wurde somit zu einer Berufsarmee mit ausschließlich angestellten Soldatinnen und Soldaten, die in Auslandseinsätze befohlen werden konnten. Die Grundausbildung war „nur“ da, um die Vorbereitung für die Rollen als Mannschaftsoldat auf Zeit sowohl als Unteroffiziere und Offiziere vorzubereiten. Als Ziel wurden etwa 3500 Soldatinnen und Soldaten pro Jahr angesetzt.

Zwischen 2010 und 2017 kamen deswegen nur Freiwillige in die Streitkräfte. 2017 entschied das Parlament, die Wehrpflicht zu reaktivieren. Diese Entscheidung beruhte auf mehreren Gründen:

  • Die Landesverteidigung gewann nach der russischen Aggression wieder an Bedeutung.
  • Die Landesverteidigung bräuchte im Kriegsfall eine deutlich größere Anzahl an Soldatinnen und Soldaten.
  • Das Ziel von 3500 Freiwilligen pro Jahr wurde nur in einem einzigen Jahr erreicht und wäre für die neue Lage nicht genug. Im Durchschnitt kamen nur 2200 Freiwillige pro Jahr.

Kurz zusammengefasst: Für Schwedens Verteidigung benötigte man die Wehrpflicht wieder. Es gibt in Schweden kein freiwilliges Element in der Wehrpflicht – von der Musterung bis zum Ende der Dienstzeit müssen die Bürgerinnen und Bürger, die ausgewählt werden, dienen.

Die Bundeswehr: Wie funktioniert die Auswahl der Wehrpflicht? Wer wird eingezogen, wer nicht?

Fabian Zubicky: In jedem Jahrgang steht eine Kohorte von 100 000 jungen Frauen und Männern zur Verfügung. Dem Gesetz nach sind alle verpflichtet, sich prüfen zu lassen. Alle 18-jährigen schwedischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger bekommen deswegen einen Fragebogen mit 40 Fragen zu Gesundheit, körperlichem Zustand, Schule, Persönlichkeit und eventuellen Straftaten. Der Bogen schließt mit Fragen zur Motivation ab: Wie ist die persönliche Einstellung zur Grundausbildung?

Zusammengenommen ergeben diese Antworten ein erstes Bild, wer physisch und psychisch für die Grundausbildung geeignet sein könnte und wie die Motivation aussieht. Diese Befragung liegt der Auswahl zur zweitägigen Musterung zugrunde, der sich 30 000 Männer und Frauen unterziehen müssen. Von diesen werden schließlich 8000 für die Grundausbildung ausgewählt. Es ist geplant, dies bis 2035 auf 12 000 stetig zu erhöhen.

Die Befragungen werden allerdings nicht nur für die Auswahl zur Grundausbildung benutzt. Sie können auch später als Unterlagen für andere Aufgaben in der Gesamtverteidigung genutzt werden.

Einige wichtige Aspekte und interessante Beobachtungen:

  • Die Personenanzahl für die Grundausbildung steigt deutlich.
  • Der Anteil der Grundausgebildeten, die sich nach der Grundausbildung weiter verpflichten, sinkt jedoch mit dem Pflichtsystem.
  • Die persönlichen Leistungsprofile derjenigen, die im Pflichtsystem ausgewählt werden, sind besser als die der Freiwilligen.
  • Ein höherer Anteil der Einberufenen erfüllt die formalen Anforderungen für die Offiziersausbildung als vorher bei den Freiwilligen.
  • Die Dienstposten mit den höchsten Anforderungen sind die am meisten nachgefragten.
  • Unter den Männern sind diejenigen mit den besten Eigenschaften gleichzeitig die, die für die Grundausbildung hoch motiviert sind. Unter den Frauen ist diese Kovarianz weniger zu beobachten.
  • Junge Männer schätzen sich selbst höher ein als die Musterung sie später einstuft. Bei Frauen verhält es sich umgekehrt. Die Bewertung der Fragebögen ist mittlerweile diesbezüglich angepasst, um gut geeignete Frauen nicht zu übersehen.

Somit lässt sich schlussfolgern: Das Pflichtsystem erfüllt seinen generellen Zweck, das heißt: das schwedische Militär im Kriegsfall zu bemannen. Um junge Männer und Frauen dafür zu gewinnen, sich als Mannschaftsoldat nach der Grundausbildung weiter zu verpflichten, ist es jedoch weniger gut geeignet.

Die Bundeswehr: Was passiert, wenn sich jemand verweigert oder den Fragebogen nicht ausfüllt?

Fabian Zubicky: Eine grundlose Verweigerung der Wehrpflicht widerspricht dem Gesamtverteidigungsgesetz. Wenn eine Person, die zur Gesamtverteidigung verpflichtet ist, einen Teil der Musterung ohne Grund verweigert, kann dies zu einer Geld- oder Gefängnisstrafe führen.

Die Bundeswehr: Wie beliebt ist der Wehrdienst in Schweden und wie wird er von den jungen Schwedinnen und Schweden gesehen?

Fabian Zubicky: Verglichen mit anderen europäischen Ländern, zum Beispiel Deutschland, gibt es in der schwedischen Gesellschaft in weiten Teilen Zustimmung zum Wehrdienst. Auch im schwedischen Parlament herrscht Einigkeit in Bezug auf die Wehrpflicht. Mehr junge Menschen wollen Wehrdienst machen, als es Plätze gibt. Umfragen zeigen, dass eine Majorität der Schwedinnen und Schweden bereit wäre, für Schweden zu kämpfen.

Die Bundeswehr: Welche Vorteile haben junge Menschen, wenn sie die Wehrpflicht geleistet haben?

Fabian Zubicky: In Schweden scheint insbesondere eine Weiterbildung im Anschluss an den Grundwehrdienst zu positiven Arbeitsmarktergebnissen zu führen: in Form einer höheren Wahrscheinlichkeit, eine zivile Führungsposition zu bekleiden und einer Tendenz zu einem höheren Studium nach Abschluss des Wehrdienstes. Die Streitkräfte sind ein anerkannter Arbeitgeber, wo Ausbildungen und Zertifikate sowie Lkw-Führerscheine begehrt sind.

Es gibt aber auch Hinweise auf andere ökonomische Effekte. Zum Beispiel hat eine Studie gezeigt, dass es für einige Biografien nicht nur positiv sein kann, eine gewisse Zeit außerhalb des Arbeitsmarktes, das heißt während des Wehrdienstes, zu stehen.

Die Bundeswehr: Was passiert, nachdem die Rekruten ihren Wehrdienst geleistet haben? Und wie viele von ihnen lassen sich weiterverpflichten?

Fabian Zubicky: Alle, die den Wehrdienst geleistet und erfolgreich absolviert haben, werden Teil der Gesamtverteidigung und haben damit eine Kriegsverpflichtung. Die sogenannte „krigsplacering“ („Kriegsplatzierung“) weist der Person jeweils eine Rolle im Kriegsfall zu. Bei einer Kriegsplatzierung werden die Personen im Rahmen des Gesetzes für Gesamtverteidigungspflicht auch zu einer Wiederholungsausbildung verpflichtet.

Die Bundeswehr: In Schweden gilt die Wehrpflicht für Männer und für Frauen. Was war 2019 der Grund dafür, dass die Wehrpflicht auch für Frauen eingeführt wurde?

Fabian Zubicky: Bereits 2009, mit der Deaktivierung der Wehrpflicht, wurde das ruhende Wehrpflichtgesetz geschlechtsneutral gemacht. Bei einer Reaktivierung sollte die Wehrpflicht sowohl Frauen als auch Männer umfassen, damit die bestgeeigneten für die Streitkräfte gewonnen werden können. Davor war für Frauen der Wehrdienst freiwillig. Das wichtigste Argument für diese Neuerung war, dass Schweden sich am besten verteidigen kann, wenn die gesamte Bevölkerung in der Verteidigung des Landes miteinbezogen wird.

Die Bundeswehr: Wie steht die schwedische Bevölkerung zur Wehrpflicht? Hat sich die Meinung dazu in den letzten Jahren verändert?

Fabian Zubicky: Im Großen und Ganzen sind die Schwedinnen und Schweden positiv zur Wehrpflicht eingestellt. Es gibt eine verteidigungspolitische Debatte, wo auch die Form und Existenz der Wehrpflicht kritisiert wird. Die allgemeine Sicherheitslage hat jedoch die Wahrnehmung der Rolle von den Streitkräften in der Gesellschaft erhöht. Das schwedische Militär ist außerdem unter den staatlichen Behörden eine mit den höchsten Vertrauensquoten in Umfragen.

Die Bundeswehr: Schweden ist seit März 2024 NATO-Mitglied. Welche Rolle spielt die Wehrpflicht für das Bündnis und für die Bündnisverteidigung?

Fabian Zubicky: Die Wehrpflicht in Schweden hat keinen direkten Bezug zur Bündnisverteidigung, da geplant ist, nur Berufssoldatinnen und Berufssoldaten im Bündnisfall zu aktivieren. Nichtsdestotrotz hilft die Wehrpflicht, Schwedens Verteidigungsfähigkeit und um Artikel 3 des NATO-Vertrages – das eigene Land zu verteidigen – zu erfüllen, indem durch sie die Reserve deutlich verstärkt wird.

Die Bundeswehr: Was passiert, wenn sich jemand verweigert oder den Fragebogen nicht ausfüllt?

Fabian Zubicky: Eine grundlose Verweigerung der Wehrpflicht widerspricht dem Gesamtverteidigungsgesetz. Wenn eine Person, die zur Gesamtverteidigung verpflichtet ist, einen Teil der Musterung ohne Grund verweigert, kann dies zu einer Geld- oder Gefängnisstrafe führen.

Die Bundeswehr: Wie beliebt ist der Wehrdienst in Schweden und wie wird er von den jungen Schwedinnen und Schweden gesehen?

Fabian Zubicky: Verglichen mit anderen europäischen Ländern, zum Beispiel Deutschland, gibt es in der schwedischen Gesellschaft in weiten Teilen Zustimmung zum Wehrdienst. Auch im schwedischen Parlament herrscht Einigkeit in Bezug auf die Wehrpflicht. Mehr junge Menschen wollen Wehrdienst machen, als es Plätze gibt. Umfragen zeigen, dass eine Majorität der Schwedinnen und Schweden bereit wäre, für Schweden zu kämpfen.

Die Bundeswehr: Welche Vorteile haben junge Menschen, wenn sie die Wehrpflicht geleistet haben?

Fabian Zubicky: In Schweden scheint insbesondere eine Weiterbildung im Anschluss an den Grundwehrdienst zu positiven Arbeitsmarktergebnissen zu führen: in Form einer höheren Wahrscheinlichkeit, eine zivile Führungsposition zu bekleiden und einer Tendenz zu einem höheren Studium nach Abschluss des Wehrdienstes. Die Streitkräfte sind ein anerkannter Arbeitgeber, wo Ausbildungen und Zertifikate sowie Lkw-Führerscheine begehrt sind.

Es gibt aber auch Hinweise auf andere ökonomische Effekte. Zum Beispiel hat eine Studie gezeigt, dass es für einige Biografien nicht nur positiv sein kann, eine gewisse Zeit außerhalb des Arbeitsmarktes, das heißt während des Wehrdienstes, zu stehen.

Die Bundeswehr: Was passiert, nachdem die Rekruten ihren Wehrdienst geleistet haben? Und wie viele von ihnen lassen sich weiterverpflichten?

Fabian Zubicky: Alle, die den Wehrdienst geleistet und erfolgreich absolviert haben, werden Teil der Gesamtverteidigung und haben damit eine Kriegsverpflichtung. Die sogenannte „krigsplacering“ („Kriegsplatzierung“) weist der Person jeweils eine Rolle im Kriegsfall zu. Bei einer Kriegsplatzierung werden die Personen im Rahmen des Gesetzes für Gesamtverteidigungspflicht auch zu einer Wiederholungsausbildung verpflichtet.

Die Bundeswehr: In Schweden gilt die Wehrpflicht für Männer und für Frauen. Was war 2019 der Grund dafür, dass die Wehrpflicht auch für Frauen eingeführt wurde?

Fabian Zubicky: Bereits 2009, mit der Deaktivierung der Wehrpflicht, wurde das ruhende Wehrpflichtgesetz geschlechtsneutral gemacht. Bei einer Reaktivierung sollte die Wehrpflicht sowohl Frauen als auch Männer umfassen, damit die bestgeeigneten für die Streitkräfte gewonnen werden können. Davor war für Frauen der Wehrdienst freiwillig. Das wichtigste Argument für diese Neuerung war, dass Schweden sich am besten verteidigen kann, wenn die gesamte Bevölkerung in der Verteidigung des Landes miteinbezogen wird.

Die Bundeswehr: Wie steht die schwedische Bevölkerung zur Wehrpflicht? Hat sich die Meinung dazu in den letzten Jahren verändert?

Fabian Zubicky: Im Großen und Ganzen sind die Schwedinnen und Schweden positiv zur Wehrpflicht eingestellt. Es gibt eine verteidigungspolitische Debatte, wo auch die Form und Existenz der Wehrpflicht kritisiert wird. Die allgemeine Sicherheitslage hat jedoch die Wahrnehmung der Rolle von den Streitkräften in der Gesellschaft erhöht. Das schwedische Militär ist außerdem unter den staatlichen Behörden eine mit den höchsten Vertrauensquoten in Umfragen.

Die Bundeswehr: Schweden ist seit März 2024 NATO-Mitglied. Welche Rolle spielt die Wehrpflicht für das Bündnis und für die Bündnisverteidigung?

Fabian Zubicky: Die Wehrpflicht in Schweden hat keinen direkten Bezug zur Bündnisverteidigung, da geplant ist, nur Berufssoldatinnen und Berufssoldaten im Bündnisfall zu aktivieren. Nichtsdestotrotz hilft die Wehrpflicht, Schwedens Verteidigungsfähigkeit und um Artikel 3 des NATO-Vertrages – das eigene Land zu verteidigen – zu erfüllen, indem durch sie die Reserve deutlich verstärkt wird.

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