Bundeswehrsoldaten tragen am 31. Mai 1999 am Flughafen Petrovac bei Skopje in Mazedonien den mit einer deutschen Fahne bedeckten Sarg des Oberstabsarztes Sven Eckelmann, der am Vortag beim Unfall mit einem „Fuchs“-Transportpanzer in Albanien ums Leben gekommen war. Foto: picture-alliance / dpa / epa Licovski

12.06.2022
Von Yann Bombeke

Wie ein tragischer Unfall die mangelhafte Einsatzversorgung offenbarte

Im Mai 1999 stirbt Oberstabsarzt Sven Eckelmann bei einem Einsatzunfall in Albanien – ein „zynisches“ Gerichtsurteil legt in der Folge die Lücken im Versorgungssystem der Bundeswehr offen. Erst mit dem 2004 verabschiedeten Einsatzversorgungsgesetz sind Soldaten besser abgesichert.

Es gibt immer wieder Gerichtsurteile, die einen sprachlos machen. Im Juni 2002 fällte das Berliner Verwaltungsgericht ein solches Urteil. Es verwarf die Entschädigungsansprüche einer Soldatenwitwe, die ihren Ehemann bei einem Einsatzunfall in Albanien verloren hatte. Damals wurde auf schmerzhafte Weise deutlich: Die gute Absicherung, mit der das Verteidigungsministerium angeblich die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr in die Einsätze schickte, existierte schlicht und einfach nicht. Erst 2004 gab das neue Einsatzversorgungsgesetz, angestoßen vom DBwV, den Soldaten und ihren Angehörigen mehr Sicherheit.

Was war passiert? Im Mai 1999 tobte der Krieg im Kosovo. Deutschland war mit Unterstützungskräften in Albanien präsent. Am 30. Mai 1999 befuhr ein Transportpanzer „Fuchs“ auf der Rückfahrt von einem Einsatz in der Nähe der Hafenstadt Durres eine marode Brücke – es kam zum Unfall. Auf instabilen Betonplatten kippte das Fahrzeug seitlich weg und fiel vier Meter tief ins Flusstal. Der Oberstabsarzt Sven Eckelmann wurde unter dem 18 Tonnen schweren „Fuchs“ zerquetscht. Der 34-jährige Zeitsoldat hinterließ seine Ehefrau und zwei Kinder.

Eine Entschädigungsleistung verweigerte das BMVg. Der Unfall hätte so auch in Deutschland passieren können. Und die Sichtweise des Ministeriums wird im Juni 2002 vom Berliner Verwaltungsgericht bestätigt: Das Gericht befand, der Arzt sei nicht bei einer lebensgefährlichen Diensthandlung verunglückt. Auch sei der Unfall nicht auf eine gesteigerte Gefährdungslage zurückzuführen. Der Unfall sei auch keine Folge von kriegerischen Ereignissen gewesen, die eine Zahlung gerechtfertigt hätten. „Der Unfall hätte auch in Deutschland passieren können, wenn jemand mit einem Panzer zu schnell über eine zu schmale Brücke fährt“, sagte der Vorsitzende Richter.

Das Urteil schlägt hohe Wellen. „Übles Spiel“, titelt etwa der „Spiegel“. Mit Fassungslosigkeit reagiert auch der DBwV. „Dieses Urteil ist ein Schlag für die Hinterbliebenen und die Soldaten der Bundeswehr. Und es wird sich negativ auf die Motivation der Soldaten, die in gefährliche Auslandseinsätze entsandt werden, auswirken“, warnte der damalige Bundesvorsitzende, Oberst Bernhard Gertz. „Wer als Dienstgeber so mit seinen Soldaten und ihren Angehörigen umgeht, verspielt Vertrauen. Die Soldaten fühlen sich im Stich gelassen.“ Die Urteilsbegründung des Gerichts grenze an „Zynismus“, so Gertz.

In der Folge macht der Deutsche BundeswehrVerband Druck. Die Politik muss reagieren; es kann nicht sein, dass deutsche Soldatinnen und Soldaten ohne angemessene Absicherung in die immer gefährlicheren Einsätze geschickt werden. Der Bundestag beschließt schließlich 2004 das Einsatzversorgungsgesetz als Ergänzung zum Soldatenversorgungsgesetz. Sieben Jahre später folgt das Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetz, mit dem weitere Optimierungen erreicht und Unwuchten beseitigt werden, unter anderem wird die einmalige Entschädigungssumme von 80.000 auf 150.000 Euro angehoben.

Das Schicksal von Oberstabsarzt Sven Eckelmann zeigt, dass es leider viel zu oft erst zum Äußersten kommen muss, bis sich Dinge zum Positiven ändern. Der Deutsche BundeswehrVerband wird daher auch weiterhin in seinen Bemühungen nicht nachlassen, sich für eine weiter verbesserte Einsatzversorgung einzusetzen.

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