Ab 2026 gilt die dänische Wehrpflicht auch für Frauen. Bereits in diesem Jahr war ein Viertel der dänischen Soldaten weiblich. Foto: picture alliance/Reuters/Tom Little

Ab 2026 gilt die dänische Wehrpflicht auch für Frauen. Bereits in diesem Jahr war ein Viertel der dänischen Soldaten weiblich. Foto: picture alliance/Reuters/Tom Little

03.10.2025
Eva Krämer

Zwischen Abschaffung und Rückkehr: Wehrpflicht Weltweit

In Deutschland wird wieder über die Wehrpflicht diskutiert. Ein Blick nach Europa und auch auf die Weltkarte zeigt: Wenige Länder haben noch eine Wehrpflicht – ein internationaler Vergleich.

Ein Blick auf die Europakarte zeigt: Bei der Wehrpflicht in Europa gibt es ein starkes Nord-Süd-Gefälle. In den skandinavischen Ländern Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland gibt es eine Wehrpflicht, genau wie in den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen. Dass diese Länder die Wehrpflicht beibehalten oder wieder eingeführt haben, hängt unter anderem mit der Nähe zu Russland und der Annexion der Krim 2014 zusammen.

Schweden führte 2017 die Wehrpflicht für Männer und 2019 für Frauen ein, nachdem diese erst 2010 abgeschafft wurde. Bei den norwegischen Nachbarn gilt die Wehrpflicht seit 2015 auch für Frauen – damit ist Norwegen das erste NATO-Land, das eine geschlechtsneutrale Wehrpflicht einführte. In beiden Ländern ist das Verfahren zur Einberufung ähnlich: Alle jungen Menschen erhalten einen Fragebogen, der ausgefüllt werden muss. Wer nach dem Beantworten der Fragen als tauglich beurteilt gilt, wird zu einem Musterungstermin eingeladen. Wer nach der Musterung in Frage kommt, wird einberufen. In beiden Ländern gibt es die Möglichkeit, aufgrund von Gewissensgründen den Dienst an der Waffe zu verweigern. In Norwegen werden jedes Jahr etwa 9000 bis 10 000 junge Menschen eines Jahrgangs einberufen, in Schweden sind es rund 5000 bis 8000. Die Wehrpflicht in Finnland gilt bereits seit 1951 für Männer – Frauen können sich seit 1995 freiwillig melden.

Ein Viertel Rekrutinnen

Auch in Dänemark gibt es eine Wehrpflicht – für alle Männer ab 18 Jahren und ab dem kommenden Jahr auch für alle Frauen. Obwohl die Wehrpflicht gilt, gab es in den vergangenen Jahren keine Einberufungen, da sich immer genügend Freiwillige gemeldet haben. Pro Jahrgang werden rund 6000 junge Leute benötigt. Vier Monate dauert der Wehrdienst in Dänemark zurzeit. Dies wird sich aber bald ändern – ab 2026 müssen die jungen Frauen und Männer elf Monate zum Militär. Obwohl die Wehrpflicht erst ab kommenden Jahr für Frauen gilt, war bereits 2025 ein Viertel der Rekruten weiblich. Ähnlich sieht es in Schweden aus: Dort liegt der Frauenanteil bei 20 Prozent.

In den drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen gilt die Wehrpflicht – anders als in den skandinavischen Ländern – nur für Männer. Zuletzt beschloss Lettland 2023, die Wehrpflicht wieder einzuführen. Auslöser war der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Ähnlich ist es in Litauen, wo die Wehrpflicht 2015 wieder eingeführt wurde. Dort dauert die Wehrpflicht neun Monate. Neben der militärischen Grundausbildung haben die jungen Männer weitere Vorteile: Sie erhalten beispielsweise kostenlose Weiterbildungsangebote oder Vorteile bei der Studienplatzwahl. Die Schweiz und Österreich gehören zu den mitteleuropäischen Staaten, in denen es eine allgemeine Wehrpflicht gibt. In Österreich gilt die Wehrpflicht für alle männlichen Staatsbürger ab dem 17. Lebensjahr. Frauen können sich freiwillig zum Dienst melden. Nach dem sechsmonatigen Dienst kommen die jungen Männer in den Milizstand und können im Kriegsfall einberufen werden. Wer den Dienst an der Waffe verweigert, kann einen Zivildienst absolvieren, dieser dauert neun Monate. Eine Besonderheit in Österreich: 2013 stimmten die Bürgerinnen und Bürger per Volksentscheid über den Wehrdienst ab. 59,7 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher stimmten dafür, 40,3 Prozent dagegen. Die Wahlberechtigung lag bei 52,5 Prozent. In der Schweiz sind alle Männer bis 30 Jahren wehrpflichtig. Die Dauer des Dienstes beträgt 245 Tage. Der Dienst an der Waffe kann verweigert werden – der Zivildienst dauert jedoch länger. Laut Gesetz gilt die Wehrpflicht auch in den Niederlanden noch, die Einberufung ist jedoch seit 1997 ausgesetzt. Seit 2020 gilt sie auch für Frauen.

Pflicht zur Registrierung

Die meisten süd- und osteuropäischen Staaten haben ihre Wehrpflicht nach und nach abgeschafft: In Frankreich werden seit 2001 keine Wehrpflichtigen einberufen, Spanien ein Jahr später die Wehrpflicht abgeschafft. Dort war der Wehrdienst besonders unbeliebt und es gab eine hohe Zahl an Verweigerern. In Großbritannien gibt es bereits seit 1963 keine Pflicht zum Militärdienst mehr. Die italienische Regierung beschloss 2005 die Wehrpflicht abzuschaffen. 2018 schlug der Innenminister vor, diese wieder einzuführen, was aber abgelehnt wurde. Viele osteuropäische Staaten schafften in den 2000er-Jahren die Wehrpflicht ab: die Slowakei 2005, Slowenien 2003, Kroatien 2009 und Albanien 2009.

In einigen europäischen Staaten besteht keine Wehrpflicht mehr, aber die Pflicht, sich zu registrieren, um im Notfall einberufen zu werden – beispielsweise im Polen, wo die Wehrpflicht 2010 abgeschafft wurde. Auch in Rumänien müssen sich alle Männer ab 18 Jahren registrieren, da im Falle von Krieg oder Belagerung die Wehrpflicht wieder eingeführt werden kann. In den USA müssen sich alle Männer zwischen 18 und 25 Jahren beim „Selective Service System“ registrieren und könnten beispielsweise im Kriegsfall einberufen werden.

Zwar gibt es in den meisten europäischen Ländern schon lange keine Wehrpflicht mehr, weltweit sieht das anders aus. In Nordkorea, einem der isoliertesten Länder weltweit, herrscht ein besonders strenger Militärdienst: Männer werden oft bereits mit 17 Jahren einberufen. Seit 2015 gilt die Wehrpflicht auch für Frauen – sie werden mit 17 oder 18 Jahren einberufen. Für Männer kann der Wehrdienst bis zu zehn Jahre dauern, bei Frauen bis zu sieben Jahre. Nach dem aktiven Dienst folgt die Reserve. Eine Verweigerung des Dienstes ist nicht möglich – bei Flucht drohen harte Strafen, auch gegen Familienangehörige. Die Bedingungen gelten als besonders hart: Schlechte Ernährung, strenger Drill und körperliche Bestrafungen sind weit verbreitet. Frauen berichten außerdem von sexuellem Missbrauch, auch durch Vorgesetzte. Auch im Nachbarland Südkorea gilt die Wehrpflicht – für alle Männer zwischen 18 und 35 Jahren. Sie dauert in der Regel 18 bis 22 Monate. Zudem gibt es die Möglichkeit, den Kriegsdienst zu verweigern und einen Ersatzdienst in Justizvollzugsanstalten zu absolvieren, dieser Dienst dauert jedoch länger.

Sklaverei in Eritrea

Ähnlich streng wie in Nordkorea ist der Wehrdienst in Eritrea im Nordosten Afrikas: Alle Bürgerinnen und Bürger werden ausnahmslos zu mindestens 18 Monaten Dienst an der Waffe gezwungen. Viele werden auch noch Jahre darüber hinaus gegen ihren Willen im Militär behalten. Menschenrechtsorganisationen sprechen von Sklaverei. Die strenge Wehrpflicht in Eritrea ist einer der Gründe, warum viele junge Menschen aus dem Land flüchten.

In Israel ist die Wehrpflicht in mehrfacher Hinsicht besonders: Frauen müssen 24 Monate Dienst leisten, Männer 32 Monate. Damit ist Israel eines der wenigen Länder, in denen auch Frauen verpflichtet werden. Nur Frauen haben die Möglichkeit, den Dienst an der Waffe aus Gewissensgründen zu verweigern, müssen aber einen Ersatzdienst leisten. Einige Gruppen sind von der Pflicht befreit. Darunter alle verheirateten, nichtjüdischen oder schwangeren Frauen sowie israelische Araberinnen und Araber und Menschen muslimischen oder christlichen Glaubens. Die Verweigerung von Männern ist mit gesellschaftlicher Ächtung und oft auch mit einem Strafverfahren verbunden. Auch ultraorthodoxe Jüdinnen und Juden waren bislang vom Militärdienst befreit, allerdings erließ der Oberste Gerichtshof im Sommer 2024 ein Urteil, wonach auch ultraorthodoxe Männer eingezogen werden können. Ob die Männer den Einberufungsbefehlen Folge leisten, ist fraglich.

Losverfahren in Thailand

Neben Israel gibt es in weiteren asiatischen Ländern eine Wehrpflicht: In Singapur dauert der Dienst für Männer beispielsweise 24 Monate, in Taiwan zwölf Monate. Im Iran werden Männer für 18 bis 24 Monate verpflichtet. Ein Losverfahren entscheidet in Thailand, wer einberufen wird. Der Dienst dauert sechs bis 24 Monate.

In einigen lateinamerikanischen Ländern herrscht noch eine Wehrpflicht, in anderen nicht. In Brasilien gilt sie laut Gesetz für alle männlichen Staatsbürger, orientiert sich aber am Personalbedarf der Streitkräfte, so dass die meisten Brasilianer keinen Wehrdienst ableisten müssen. Auch in Chile und in Peru besteht die Wehrpflicht, allerdings melden sich meistens genügend Freiwillige, so dass selten einberufen wird. In Uruguay und Argentinien wurde der Wehrdienst abgeschafft.

Der Blick auf die unterschiedlichen Modelle zeigt: Die Wehrpflicht wird weltweit sehr unterschiedlich gehandhabt. Während sie in vielen Staaten abgeschafft ist, setzen andere Länder weiterhin auf eine Pflicht zum Dienst – sei es aus sicherheitspolitischen, gesellschaftlichen oder historischen Gründen.

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