Die Eröffnungsrede 2018 in München hielt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) Archivfoto: MSC / Kuhlmann

Die Eröffnungsrede 2018 in München hielt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) Archivfoto: MSC / Kuhlmann

31.01.2019
aw

Von Defiziten und Hoffnungen

Wie reagiert man auf die Gefahr eskalierender Großmachtrivalitäten? Wie steht es um die Zukunft der EU und der transatlantischen Beziehungen? Das werden die großen Fragen und wesentlichen Themen auf der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz sein.

Ich bin nun zum sechsten Mal in Folge Teilnehmer dieser einzigartigen Tagung, deren Bedeutung aufgrund schwächelnder weltweiter Stabilitätsanker und sich verschiebender „tektonischer Platten“ in der Geopolitik enorm zugenommen hat. Sicherlich wird wieder um Positionen gerungen, aber auch heftig gestritten werden. Was sich in den vergangenen Jahren auf offener Bühne abspielte, hat uns nicht immer zuversichtlich gestimmt. Zunehmend wurde die regelbasierte internationale Ordnung offen in Frage gestellt. Schon bei Wilhelm Tell heißt es: „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“ Müssen wir uns also auf eine neue Form der Anarchie im internationalen System einstellen?

Es gibt noch Hoffnung: Jahr für Jahr beobachte ich, wie sich in München, abseits der Öffentlichkeit, engagierte Politiker, Diplomaten und andere relevante Akteure treffen, austauschen und fieberhaft nach friedlichen Lösungen für verschiedenste Konflikte suchen. Manchmal mit weniger, manchmal mit mehr Erfolg, aber immer im Bewusstsein ihrer Verantwortung. Es ist gut, dass Menschen miteinander reden, auch darum ist diese Konferenz so wichtig.

Ich werde nicht vergessen, wie im Januar 2014 der Bundespräsident, der Außenminister sowie unsere Verteidigungsministerin unisono forderten, dass sich auch Deutschland „früher, entschiedener und sub­stanzieller“ sicherheitspolitisch einbringen müsse. Eine machtvolle Ansage, die enorme Wellen schlug. Denn zu wenigen war und ist bewusst, dass das global vernetzte und Handel treibende Deutschland wie kein anderes Land von einer stabilen Weltordnung profitiert. Folglich wurden mit dem Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik neue Diskussionsimpulse gegeben, doch eine tatsächliche Debatte über unsere Rolle und Verantwortung blieb leider aus.

In unserem Verband erlebe ich, wie sich viele unserer Mitglieder mit den sicherheitspolitischen Herausforderungen unserer Zeit auseinandersetzen und auch außerhalb unserer Verbandsgemeinschaft den teils kontroversen Diskurs pflegen. Das ist gut, das zeichnet uns aus und es hilft anderen zu verstehen, warum sich Deutschland gerade jetzt sicherheitspolitisch keinesfalls mehr zurücklehnen darf.

Wie groß die Auswirkungen auf die Bundeswehr sind, wurde spätestens mit der Veröffentlichung der Konzeption der Bundeswehr deutlich. Dennoch stiegen die Aufträge bis zuletzt überproportional an und stehen in einem Missverhältnis zur personellen und materiellen Ausstattung, was die Bundeswehr an den Rand einer Implosion führt. Im Vergleich zur enormen Herausforderung eines geordneten Aufwuchses, zur Anpassung von Führungs- und Verantwortungsstrukturen sowie zum Wiedererlangen eines einheitlichen Mindsets (wofür Streitkräfte?) war das Auflösen, Aussondern und Zentralisieren der vergangenen 25 Jahre ein Klacks.

Ich schreibe seit Längerem, dass die angelaufene Reorganisation ein enormer Kraftakt ist und es einer temporären Reduzierung der Einsatzbelastung – insbesondere der militärisch ineffektiven Missionen – bedarf. Mit der angekündigten Reduzierung der deutschen Beteiligung an der Operation „Sophia“ im Mittelmeer wurde ein erster Schritt gemacht, aber weitere müssen folgen.

Auch wenn in den kommenden Wochen sicherheitspolitische Themen auf der Agenda stehen, so etwa die Münchner Sicherheitskonferenz im Februar, darf nicht der Eindruck entstehen, wir kämpften nicht weiter für optimale soziale Rahmenbedingungen. Tatsächlich war der Januar geprägt von vielen Terminen zu zwei wesentlichen Gesetzgebungsvorhaben und die Arbeit daran wird auch im Februar weitergehen. Denn trotz guter Gespräche sind bis zum Kabinettsbeschluss und der endgültigen Abstimmung im Bundestag noch dicke Bretter zu bohren.

Was die Defizite der Bundeswehr angeht, habe ich dem Bericht des Wehrbeauftragten nichts hinzuzufügen. Wörter wie „Bürokratiemonster“, Verantwortungsdiffusion oder Mangelverwaltung nutzen wir schon lange. Wollen wir hoffen, dass sein Bericht nicht nur gelesen, sondern unsere Vorschläge noch in diesem Jahr aufgenommen werden. Dann könnte nicht nur die drohende Implosion der Bundeswehr abgewendet werden, sondern die Streitkräfte könnten sogar zu neuer Stärke finden. Wir werden jedenfalls, wo und wann immer möglich, unseren Beitrag dazu leisten, denn bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt!

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