An Bord der „Rickmer Rickmers“: Der Landesvorsitzende Nord, Oberstleutnant Thomas Behr (M.), mit dem SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil (r.) und Oberst a.D. Joachim Stratenschulte, Vorstandsmitglied und Geschäftsführer der Stiftung „Rickmer Rickmers“. Foto: DBwV/Jungbluth

An Bord der „Rickmer Rickmers“: Der Landesvorsitzende Nord, Oberstleutnant Thomas Behr (M.), mit dem SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil (r.) und Oberst a.D. Joachim Stratenschulte, Vorstandsmitglied und Geschäftsführer der Stiftung „Rickmer Rickmers“. Foto: DBwV/Jungbluth

02.03.2022
Von Frank Jungbluth

„Fleiß und Disziplin: Meine Eltern haben mir sehr viel fürs ganze Leben mitgegeben“

„LV Nord an Bord“: Ein Gespräch mit dem neuen SPD-Parteivorsitzenden Lars Klingbeil (44) über seine Kindheit und Jugend in Munster, einen Vater, der Berufssoldat war, und eine Mutter, die den Kindern mitgegeben hat, dass man den Aufstieg auch schaffen kann, wenn man nur will.

Warum haben Sie sich eines Tages in Ihrem Leben dafür entschieden, in der Sozialdemokratie politisch aktiv zu werden?

Lars Klingbeil: Ich war erst Schülersprecher am Gymnasium in Munster und habe ziemlich schnell gemerkt, dass es sich lohnt, sich zu engagieren, weil man Dinge verändern kann. Dann hat mich die SPD gefragt, ob ich auf ihrer Liste für den Stadtrat kandidieren möchte, was ich noch als Parteiloser getan habe. Ich habe mich bei der SPD wohlgefühlt, habe gemerkt, dass ich die Haltung und die Werte der Sozialdemokratie teile. 1996 bin ich eingetreten. Aus heutiger Sicht würde ich sagen, dass ich auch von meinen Eltern sehr stark sozialdemokratisch erzogen worden bin. Da war immer ein sehr starker Wille vorhanden, Aufstieg möglich zu machen und auch soziale Gerechtigkeit einzufordern. Ich bin der Erste in meiner Familie, der Abitur gemacht hat. Meine Mutter war Verkäuferin, mein Vater Berufssoldat. Die beiden haben mir und meiner Schwester wahnsinnig viel möglich gemacht. Sie waren fleißig und zielstrebig. Die beiden sind neben ihren Berufen noch Taxi gefahren, damit wir eines Tages aus dem Wohnblock in das eigene Haus, ein Reihenhaus damals, ziehen konnten. Also, es war alles in guter sozialdemokratischer Tradition bei uns zu Hause, auch wenn meine Eltern erst in die Partei eingetreten sind, als ich meinen Weg in der SPD bereits begonnen hatte. Meist ist es andersherum, da bringen einen die Eltern in die Politik. Bei mir war es so, dass ich meine Eltern zur SPD gebracht habe.

Was hat Sie auf dem Weg an die Parteispitze der SPD politisch besonders geprägt?

Es gab viele prägende Momente. Das hat angefangen mit meinem Engagement als Jugendlicher gegen ein Nazi-Zentrum in meiner Heimat. Das Streiten für bessere Bildung war ein weiteres Thema. Später war ich als Student in New York als 9/11 passiert ist, ich war zwei Kilometer vom World Trade Center entfernt. Das waren sehr krasse Tage. Danach habe ich mich mehr für Sicherheitspolitik interessiert und meinen Blick auf die Bundeswehr positiv verändert. Auch Gerhard Schröder hat mich früher geprägt. Er war als Ministerpräsident in Niedersachsen immer sehr nahbar, ansprechbar für die Menschen. Das ist für mich auch ein Anspruch, weshalb ich engen Kontakt in den Wahlkreis halte, auch als Parteivorsitzender. Als Politiker muss man die Menschen erreichen, mitnehmen und begeistern.

Wer hat Sie in der SPD geprägt?

Die SPD Niedersachsen ist eine sehr stolze Partei, die auch immer den Anspruch hatte, zu regieren, das habe ich schon als Juso mitgenommen. Vorbilder in der SPD gibt es einige. Willy Brandt, Helmut Schmidt, das sind starke Persönlichkeiten. Es macht mich sehr stolz, als Parteivorsitzender auch in ihre Fußstapfen zu treten. Das zeigt die Größe des Amtes und die lange Tradition. Aber es gibt nicht die eine Person, der ich jetzt versuche nachzueifern. Wir haben das Jahr 2022, ich versuche, das Amt als Parteivorsitzender auf meine Art mit meinem Stil zu prägen. Politik hat sich verändert in den vergangenen 20, 30 Jahren. Das, was damals funktioniert hat, funktioniert heute nicht mehr unbedingt.

Ihr Vater war Berufssoldat, war er auch ein Vorbild für Sie?

Meine Eltern sind beide Vorbilder für mich. Ich habe ein Elternhaus, das mir sehr viel mitgegeben hat. Ich bin ein Familienmensch und ich hole mir bis heute Ratschläge von meinem Vater und meiner Mutter, die mich beide mit ihrem Fleiß, ihrer Disziplin beeindruckt haben. Ich konnte mich auf meine Eltern immer verlassen. Sie sind bis heute ein sicherer Hafen für mich.

Bekommen Soldatinnen und Soldaten die Anerkennung aus der Politik, die sie als Angehörige der Parlamentsarmee verdienen?

Das ist eine schwierige Frage. Ich erwarte, dass sich jeder Parlamentarier für die Bundeswehr und die Soldatinnen und Soldaten einsetzt. Das muss Teil unseres Selbstverständnisses als gewählte Abgeordnete sein. Wir haben eine Parlamentsarmee. Aber nicht alle haben so eine enge Verbindung zur Truppe. Ich selbst bin ja in Munster, dem größten Heeresstandort Deutschlands, groß geworden und lebe bis heute dort. Für mich war die Bundeswehr im täglichen Leben immer sichtbar. Das ist nach vielen Reformen und Standortschließungen nicht mehr überall so. Nach dem Aussetzen der Wehrpflicht ist der direkte Kontakt mit dem Staatsbürger in Uniform zusätzlich weniger geworden. Deshalb finde ich es persönlich wichtig, wenn die Bundeswehr – wie beim Großen Zapfenstreich vorm Reichstag – in der Öffentlichkeit sichtbar ist. Das schafft ein besseres Bewusstsein für die Truppe, bei uns Politikerinnen und Politikern, aber genauso bei den Bürgerinnen und Bürgern.

Was macht den Soldatenberuf aus Ihrer Sicht so besonders?

Soldatinnen und Soldaten leisten einen Eid und setzen ihr Leben für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ein. Das ist etwas ganz Besonderes und Ehrenvolles. Das verdient unseren Dank und unsere ganze Unterstützung. Wir entscheiden als Abgeordnete im Deutschen Bundestag mit unserer Stimme darüber, ob Soldatinnen und Soldaten in einen häufig lebensgefährlichen Einsatz geschickt werden. Das ist eine hohe Verantwortung für uns und eine Entscheidung, die man sich nicht leicht machen darf.

Was hat sich die SPD für die Bundeswehr vorgenommen, worauf wollen Sie als Parteivorsitzender besonders achten? Die Bundeswehr und damit auch die Verteidigungsministerin steht vor großen Herausforderungen.

Peter Struck, der als letzter sozialdemokratischer Verteidigungsminister vor Christine Lambrecht für die Truppe da war, hat bis heute eine hohe Anerkennung bei den Soldatinnen und Soldaten. Es heißt, das war ein guter Minister, der hat sich gekümmert. Ich bin davon überzeugt, dass Christine Lambrecht das genauso machen wird. Sie setzt sich im Namen der SPD dafür ein, dass die Truppe eine ausreichende finanzielle Ausstattung bekommt. Die Debatte wird durch den Krieg, den Putin ohne jede Rechtfertigung in der Ukraine begonnen hat, nochmal an Fahrt aufnehmen. Die SPD ist klar : Wir brauchen eine bessere Ausstattung für die Bundeswehr. Material, Gerät und auch die persönlichen Rahmenbedingungen müssen stimmen, wenn wir Soldatinnen und Soldaten in den Einsatz schicken. Das fängt bei der persönlichen Schutzausrüstung an, geht weiter bei der optimalen Betreuung im Einsatz und danach. Es geht aber auch um Baumaßnahmen, wofür es zwar genug Geld gegeben hat in den vergangenen Jahren, es aber bei der Umsetzung gehapert hat. Es gibt immer noch Kasernen, wo ich sage, so kannst du heute keine Soldatinnen und Soldaten mehr unterbringen. Das alles macht die Attraktivität der Truppe aus. Und die Wertschätzung, die wir ihr entgegenbringen.

Kann sich die Bundeswehr auch in schwierigen Zeiten auf die SPD verlassen?

Das ist doch keine Frage, ja ! Das kann man auch an der Debatte um bewaffnete Drohnen festmachen. Wir hatten in der SPD eine sehr lange Diskussion dazu, aber wir haben uns im Sinne der Soldatinnen und Soldaten entschieden und es im Koalitionsvertrag nun auch geregelt. Die bewaffneten Schutzdrohnen werden kommen. Der Staat muss doch seine Truppe bestmöglich schützen, wenn er sie in den Einsatz schickt. Die Soldatinnen und Soldaten können sich auf die SPD verlassen.

Wird ihrer Einschätzung nach der neue Bundeskanzler der Bundeswehr mehr Aufmerksamkeit schenken, als es in der Vergangenheit der Fall war?

Olaf Scholz ist die Bundeswehr sehr wichtig. Die Bekenntnisse von ihm und SPD-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht auf der Münchner Sicherheitskonferenz sind eindeutig. Wir brauchen mehr Geld, um die Bundeswehr in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben ordentlich zu erfüllen. In den vergangenen Jahren sind unter Verantwortung der Union bei der Bundeswehr viele Wege gegangen worden, die in die falsche Richtung geführt haben. Da werden wir umsteuern. Denn für die Fähigkeit, Landes- und Bündnisverteidigung erfüllen zu können, brauchen wir mehr Geld und bessere Ausrüstung, das zeigt die Aggression durch Putin in der Ukraine überdeutlich.

War der Westen konsequent genug, um Putins Angriffskrieg vielleicht noch verhindern zu können?

Es war richtig, dass wir bis zuletzt nach einer diplomatischen Lösung gesucht haben. Aber wir mussten sehen, dass Putin die ausgestreckte Hand des Westens weggeschlagen hat. Er hat mitten in Europa einen Krieg begonnen, der mit nichts zu rechtfertigen ist. Mit dem Einmarsch in die Ukraine hat Putin das Völkerrecht und die internationale Ordnung gebrochen. Wir verurteilen diesen Krieg – Putins Krieg – aufs Schärfste und fordern Russland auf, die militärische Eskalation sofort zu stoppen und das Blutvergießen, bei dem viele Menschen sterben werden, zu beenden. Der Westen steht geschlossen gegen die Aggression der russischen Seite und ist solidarisch mit der Ukraine. Wir forcieren die enge Bindung in der NATO und deshalb möchte ich auch noch einmal betonen, dass die Bundesregierung sich klar zum Artikel 5 bekennt.

Mit Rat und Hilfe stets an Ihrer Seite!

Nehmen Sie Kontakt zu uns auf.

Alle Ansprechpartner im Überblick