AG Versorgung trifft sich in Berlin: Themen von Beihilfe bis Zeitenwende im Fokus
Ende April haben sich die Mandatsträger ERH (Ehemalige, Reservisten und Hinterbliebene) auf Bundes- und Landesebene zur regelmäßigen AG Versorgung zusammengefunden. Diese findet auf Einladung des Vorstands ERH mit dem Vorsitzenden, Hauptmann a.D. Ingo Zergiebel, und seinem Stellvertreter, Hauptmann a.D. und Stabshauptmann d.R. Ernst Wendland, grundsätzlich zweimal im Jahr statt und dient dem Austausch und der weiteren Planung: Welche Themen müssen fokussiert und welche Prioritäten dabei wie gesetzt werden?
Zur Einleitung griff der stellvertretende Bundesvorsitzende Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert den „doppelten Epochenbruch“ auf – gemeint ist der russische Angriffskrieg auf die Ukraine in Verbindung mit der wankenden Zuverlässigkeit des Bündnispartners USA. Daraus resultiert eine vollkommen veränderte sicherheitspolitische Lage, die damit einhergehenden Herausforderungen für die Bundeswehr sind immens.
Auch Fritz von Korff, Leiter der Politikabteilung im DBwV, berichtete über die wachsenden Anforderungen an die Bundeswehr in der konflikt- und spannungsgeladenen Zeit. Dabei wurde die Aufgabe des DBwV und die Bedeutung eines Verbandes deutlich. Die Bundeswehr muss die schwierige Balance zwischen einsatzbereiter Truppe und sozialen Rahmenbedingungen finden – der DBwV wird dabei Unterstützung anbieten.
Ein weiteres Thema in der AG-Versorgung war das neue Soldatenentschädigungsgesetz (SEG), welches zum Jahreswechsel in Kraft getreten ist. Aus dem Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (BAPersBw) berichteten Kerstin Kreuels-Disselhoff, Direktorin beim BAPersBw Unterabteilungsleiterin VII 2, und Regierungsdirektor Christoph Schmidt über die damit verbundenen Neuigkeiten. Das Gesetz beschreibt grundsätzlich die Versorgung von anerkannten Wehrdienstbeschädigungen für Soldaten. Dabei bringt die neue und eigene Gesetzeslage für Soldaten mehr Transparenz und erhöht gleichzeitig das Leistungsniveau. Dass seit Jahren daran gearbeitet wird, die Dauer der Anträge zu reduzieren, bestätigte Kreuels-Disselhoff. Aber es bleibt keine leichte Aufgabe: „Insbesondere bei PTBS-Fällen ist es schwierig, Fachleute für Gutachten zu finden“, sagte die Direktorin.
Auch gibt es einen neuen Partner für die Leistungserbringung schädigungsbedingter Gesundheitsstörungen – die Unfallversicherung Bund und Bahn (UVB). Mit dem neuen Gesetz erhalten die Betroffenen einen weiteren Mehrwert, denn auch die medizinische Versorgung wird angehoben. Insgesamt wird von einem weitgehend reibungsarmen Anlaufen der neuen Regelungen und der Zusammenarbeit mit der UVB berichtet – was der Verband bestätigen kann.
Das Thema Beihilfe stand als Schwerpunktthema ebenfalls auf der Tagesordnung. Die Leitende Regierungsdirektorin Anette Naumann, Abteilungsleiterin im Bundesverwaltungsamt (BVA), informierte die Teilnehmer über die aktuelle Lage. Natürlich wurden die derzeit wieder äußerst angespannten Beihilfebearbeitungszeiten vom Verband heftig kritisiert. Naumann sprach mit Blick auf das laufende Jahr von „schwierigeren Rahmenbedingungen“. So sei man mit einem hohen Stand an offenen Anträgen ins Jahr gestartet. Das BVA berichtet zudem von permanent steigenden Antragszahlen. Allein in den letzten fünf Jahren hat sich das Volumen mehr als verdoppelt – und das bei gleichbleibenden Personalressourcen. „Es wird noch weiter zunehmen, allein, weil die vielen Baby-Boomer in Pension gehen“, sagte Naumann. Sie geht davon aus, dass die Zahl der Versorgungsempfänger bis 2029 um fünf Prozent steigt – pro Jahr!
Die Verfügbarkeit von Fachpersonal ist ein Problem und der Fachkräftemangel wird sich prognostisch eher noch verschärfen. Eine Antwort kann in der Automatisierung von Prozessen liegen. Einige Prüfschritte in der Beihilfefestsetzung, die bisher aufwendig per Hand unternommen werden, könnte grundsätzlich auch eine geeignete Software vornehmen. Perspektivisch soll genau dies passieren und damit dann das Beihilfepersonal entlasten und die Beihilfefestsetzung dadurch beschleunigen. Die Planung dazu läuft bereits seit Jahren und die dazu notwendige neue Technik wird bereits erprobt und schrittweise ausgerollt.
Das Potential zur Entlastung sieht auch der Verband und begrüßt die eingeschlagene Richtung. Eine zu große Erwartungshaltung wäre allerdings kontraproduktiv – denn, die Betonung liegt auf „schrittweise“. Daneben wurden die Teilnehmer zu weiteren Beihilfethemen aus erster Hand informiert. So soll zum Beispiel die Beihilfe-App um eine Qualitätskontrolle der Fotos erweitert werden. Damit kann dann der Nutzer in einer Art Ampel-System direkt erkennen, ob sein soeben gemachtes Rechnungsfoto verarbeitet werden kann. Die Vorsitzenden ERH nutzten das Treffen mit dem BVA auch, um sich für Verbesserungen auszusprechen. Dabei wurden Ansätze und Realisierbarkeit konstruktiv diskutiert.
Der Referatsleiter des Versorgungsreferats der Rechtsabteilung, Oberstleutnant d.R. Jens Körting, berichtete abschließend von gesetzgeberischen Neuigkeiten. Vor allem mit dem Artikelgesetz Zeitenwende konnte der Verband mit einer Vielzahl an versorgungstechnischen Themen punkten: umfangreicher Wegfall von Hinzuverdienstgrenzen für Soldaten, Ausweitung des Anwendungsbereiches der Einsatzversorgung, Ausweitung der einmaligen Unfallentschädigung, Anwendbarkeit des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes auch für Soldaten im Reachback-Verfahren und noch Einiges mehr. Es wurde aber auch auf offene Baustellen hingewiesen, wie die Evaluation des Einsatzweiterverwendungsgesetzes und eine dringend notwendige Novelle im Bereich des Versorgungsausgleiches.
Ernst Wendland resümierte: „Die Teilnehmer waren sich einig, dass es eine gute, interessante und informative Veranstaltung war. Die regelmäßigen Sitzungen zur gegenseitigen Aktualisierung des Wissenstandes und zum Gedankenaustausch werden als wichtig eingestuft und ermöglichen eine aktuelle und umfassende Weitergabe an die Mitglieder in den KERH.“