29.09.2017
Nico Pointner, dpa

Der Bengel der Lüfte

Der A400M sollte der Stolz der Luftwaffe werden. Doch das Flugzeug entwickelte sich zum viermotorigen Dauer-Debakel - ist zu teuer, kommt zu spät, kann zu wenig. Das Porträt eines Pannenvogels.

Berlin - Nach den Fähigkeiten, die dem A400M auf dem Papier zugeschrieben werden, ist das Flugzeug ein technisches Meisterwerk, ein Quantensprung der Luftfahrt: Der Flieger kann 37 Tonnen Nutzlast Tausende Kilometer transportieren, schreibt die Bundeswehr. Er kann 116 Fallschirmspringer simultan aus der Luft absetzen und so langsam fliegen, dass er in der Luft Hubschrauber betanken kann. Er kann sich selbst vor anfliegenden Raketen schützen, auf kurzen Graspisten starten und landen, sogar auf dem Rücken fliegen. Und so weiter.

Knapp drei Jahre nach der Auslieferung des ersten Modells an die Bundeswehr freut man sich in der Luftwaffe vermutlich schon, wenn der A400M von A nach B fliegt, ohne dass Zwischenfälle für peinliche Schlagzeilen sorgen. Wie im Februar, als Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen gleich bei ihrer ersten Dienstreise mit einem A400M wegen eines Triebwerkschadens im litauischen Kaunas strandete.

Der A400M gilt als modernstes militärisches Transportflugzeug der Welt - und gleichzeitig als eines der problematischsten Rüstungsprojekte der Bundeswehr. Deutschland hat insgesamt 53 Maschinen beim Hersteller Airbus bestellt, um die ein halbes Jahrhundert alten Transportflugzeuge vom Typ Transall zu ersetzen.

Nun hat die Bundeswehr ihren ersten großen Hilfseinsatz mit dem A400M beendet - eine Rettungsmission in der Karibik. Am Freitag soll die letzte Maschine wieder nach Deutschland heimkehren. Die A400M haben nach dem Wirbelsturm «Irma» zweieinhalb Wochen lang knapp 190 Tonnen Hilfsgüter bewegt und 480 gestrandete Menschen aus der Krisenregion ausgeflogen. Es war eine Art Feuertaufe für den Transporter - aber eine, die alles andere als reibungslos verlief.

Gleich beim Hinflug blieb die erste Maschine bei einem Tankstopp auf den Azoren liegen - Diagnose: Metallspäne im Ölkreislauf. Eine Ersatzmaschine musste in die Karibik starten, der Hilfseinsatz verzögerte sich. Vor einer Woche dann eine weitere Panne bei einer weiteren Maschine: Ein bislang ungekanntes, aber noch nicht näher bestimmtes Problem am Fahrwerk. Die Maschine musste frühzeitig nach Hause zurückkehren. Die zweite, die eigentlich zu einer Inspektion nach Deutschland zurück sollte, musste dafür länger bleiben.

«An der aktuellen Pannenserie sieht man, was für zahlreiche Mängel und Probleme dieses Flugzeug immer noch hat», meint der Grünen-Verteidigungsexperte Tobias Lindner. Die Maschinen hätten im Hurrikan-Gebiet schließlich keine Angriffe abwehren müssen. «Es ging darum in die Karibik zu fliegen und ein paar Leute mitzunehmen. Nicht mal das hat vernünftig funktioniert.»

Die Geschichte des A400M steht für alles, was schief läuft bei großen Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr. Projekte verzögern sich, Kosten explodieren, Waffensysteme können am Ende weniger als geplant. Besonders der A400M stehe für politischen Pfusch und ein Versagen der Industrie, kritisiert Lindner. Nach dem Rüstungsbericht des Verteidigungsministeriums werden sich die Verzögerungen bei der Auslieferung der A400M an die Bundeswehr auf neun Jahre summieren. Die Kostensteigerung wird mit 1,49 Milliarden Euro veranschlagt.

Die nächste Bundesregierung müsse bei Airbus konsequent auf Schadenersatz pochen - und auf eine pünktliche Lieferung, sagt Lindner. Am Freitag soll nun die 13. Maschine an die Bundeswehr ausgeliefert werden. Zum weiteren Zeitplan hält man sich bei der Luftwaffe bedeckt. «Wir freuen uns über jedes neue Luftfahrzeug», heißt es dort nur bescheiden. Bei der Bundeswehr spricht man von Kinderkrankheiten, die nach und nach behoben würden. Auch mit der Transall habe es schließlich am Anfang Probleme gegeben.

Trotz der Pannen ist man in der Luftwaffe auch stolz auf den geleisteten Einsatz in der Karibik. «Wir haben den Niederländern eine Maschine zugesagt. Und es war immer eine einsatzbereit», sagt ein Sprecher. Zeitweise waren drei Maschinen vor Ort. Die Bundeswehr spricht von einem Erfolg. «Solche Einsätze haben der Transall den Namen «Engel der Lüfte» verpasst.» Dieses Image wünschen sich die Soldaten eines Tages auch für den A400M. Bis dahin dürfte es noch ein langer Weg sein.