01.11.2018
dpa

Nato: Russland sollte Bedenken an Abrüstungsvertrag ausräumen

Mit seiner Ankündigung, den INF-Vertrag mit Russland kippen zu wollen, stieß Trump die europäischen Nato-Partner vor den Kopf. Nun gab es erstmals wieder ein Treffen des Militärbündnisses mit Russland.

Brüssel. Die Nato-Staaten haben noch einmal eindringlich an Russland appelliert, den Fortbestand des INF-Abrüstungsvertrags mit den USA zu sichern. Die Verbündeten forderten Russland auf, die Bedenken an seinem Marschflugkörper-System unverzüglich auszuräumen, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch nach einem Treffen von Vertretern der Nato-Staaten und Russlands in Brüssel. Man sei auch zu weiterem Dialog bereit.

Ob dies jedoch bedeutet, dass auch die USA bereit sein könnten, ihre Pläne zu überdenken, blieb zunächst unklar. US-Präsident Donald Trump hatte zuletzt angekündigt, den INF-Vertrag wegen mutmaßlicher Verstöße durch Russland aufzukündigen. Die Vereinbarung zwischen den Vereinigten Staaten und der damaligen Sowjetunion aus dem Jahr 1987 verbietet beiden Parteien den Bau und den Besitz landgestützter, atomar bewaffneter Marschflugkörper und Raketen mit einer Reichweite von 500 bis 5500 Kilometern. Die USA werfen Russland seit längerem vor, mit der Entwicklung eines Marschflugkörpers mit dem Namen 9M729 gegen den Vertrag zu verstoßen.

Deutschland und etliche andere europäische Nato-Partner der USA sehen die Ankündigungen Trumps dennoch äußerst kritisch. Noch im Sommer hatten sich die Alliierten darauf verständigt, weiter «uneingeschränkt» für den Erhalt des «wegweisenden Rüstungskontrollvertrags» eintreten zu wollen. Der mutmaßliche Vertragsbruch durch Russland sollte durch Dialog aufgearbeitet und beendet werden.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen kritisierte am Mittwoch (31. Oktober) mit Blick auf den INF-Vertrag sowohl die USA als auch Russland. «Wir bedauern, dass die USA den INF-Vertrag in Frage stellen», sagte sie. Gleichzeitig sei es «sehr bedauerlich», dass Russland nicht in der Lage gewesen sei, glaubwürdig nachzuweisen, dass es den Vertrag einhalte. Entscheidend sei nun, dass alle Nato-Mitglieder in die Beratungen über den INF-Vertrag einbezogen würden.

«Er ist enorm wichtig für die Rüstungskontrolle, aber er ist auch enorm wichtig für die Sicherheit Europas», erklärte von der Leyen am Rande eines Truppenbesuchs in Norwegen. Es müsse alles getan werden, um den Vertrag zu retten - oder ihn modifiziert zu erhalten.

Die Diskussionen wurden am Mittwoch im Rahmen des sogenannten Nato-Russland-Rates geführt. Weitere Themen des dreieinhalbstündigen Treffens in Brüssel waren der andauernde Ukrainekonflikt und die Lage in Afghanistan. Aus europäischen Diplomatenkreisen hieß es anschließend, die Atmosphäre sei nicht angespannter gewesen als beim vorherigen Treffen.

Der Nato-Russland-Rat gilt als das wichtigste Forum für Gespräche zwischen dem westlichen Militärbündnis und Russland. Er wurde 2002 gegründet, um Russland eng in die Arbeit der transatlantischen Militärallianz einzubinden und Vertrauen zwischen den einstigen Gegnern zu bilden. Auf Botschafterebene soll der Nato-Russland-Rat eigentlich einmal im Monat tagen. Wegen des Ukrainekonflikts lag der Dialog allerdings zwischen Juni 2014 und April 2016 komplett auf Eis. Einschließlich der Gespräche an diesem Mittwoch gab es seitdem wieder acht Treffen.