UN-Bericht deutet Massaker in Mali durch russische Söldner an
Mehr als 1000 deutsche Soldaten sollen für die UN in Mali für Frieden sorgen - doch die Lage in dem westafrikanischen Krisenland spitzt sich immer weiter zu. Das beschreibt mit grauenhaften Details auch ein vertraulicher UN-Bericht.
New York/Bamako. Soldaten haben im Auftrag der malischen Regierung einem vertraulichen UN-Bericht zufolge im Krisenstaat Mali offensichtlich ein Massaker an mehr als 30 Zivilisten angerichtet. Das von Experten der Vereinten Nationen verfasste und dem UN-Sicherheitsrat übergebene 78-seitige Dokument liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Darin werden die Täter als «weiße Soldaten» beschrieben. Die im Dienste der malischen Militärjunta stehende russische Söldnergruppe Wagner wird dabei zwar nicht direkt genannt, dpa-Informationen zufolge besteht aber kein Zweifel, dass die Fachleute die durch Zeugen beschriebenen Soldaten für Wagner-Angehörige halten. Nicht zuletzt, weil die Art der bei der Tat benutzten Stricke aus russischen Militärbeständen bekannt ist.
Seit dem jüngsten Putsch im Mai 2021 regiert im höchst instabilen westafrikanischen Mali eine Militärjunta, die enge Beziehungen zu Russland pflegt und Kämpfer der Söldnergruppe Wagner angeheuert hat. In UN-Kreisen gilt Wagner als kremlnah und ihr Einsatz in Mali als unbestritten. Wachsende Spannungen mit der Regierung und stärker werdende extremistische Gruppierungen beeinträchtigen den Einsatz der UN-Friedenmission Minusma in dem Land zunehmend. Die Bundeswehr ist an MINUSMA derzeit mit mehr als 1000 Soldaten beteiligt.
UN-Bericht: Männer wurden von «weißen Soldaten» gefesselt, geschlagen, verschleppt, erschossen und verbrannt
Der nun im UN-Bericht dargestellte Vorfall fand demnach Anfang März in Zentralmali an der Grenze zu Mauretanien statt. An diesen beiden Tagen seien in der Region sechs Orte durch malische Streitkräfte angegriffen worden. Nahe eines gut besuchten Brunnens seien die «weißen Soldaten» am Morgen des 5. März aufgetaucht: «Die Soldaten trieben die Männer und älteren Jungen zusammen, fesselten ihnen die Hände auf den Rücken und verbanden ihnen die Augen.»
Sie wurden in der Folge im Dorfzentrum zusammengetrieben, die umstehenden Häuser wurden geplündert, wie es unter Berufung auf Zeugenaussagen weiter heißt. Danach hätten die Soldaten angefangen, die gefesselten mit schweren Stöcken zu schlagen, derweil hätten andere Männer die Türen der Häuser für die darin befindlichen Frauen und Kinder blockiert. «Sie konnten nur die Schreie der Männer hören, als sie geschlagen wurden.» 33 oder 34 von ihnen, darunter 29 Mauretanier und vier Malier, seien verschleppt worden. Sie wurden einen Tag später erschossen und verbrannt vier Kilometer entfernt gefunden.
Ähnliche Plünderungen hätten auch in den anderen betroffenen Orten der Region stattgefunden. An zwei von ihnen seien «weiße Soldaten» zunächst mit einem Hubschrauber gelandet. Die Zeuginnen und Zeugen hätten aber keinen der Täter identifizieren können.
Die instabile Lage in Mali, wo sich zuletzt auch Angriffe in der Hauptstadt Bamako häuften, hat dem UN-Bericht zufolge ein Sicherheitsvakuum geschaffen, das schwere Menschenrechtsverletzungen ermöglicht. Es gebe einen alarmierenden Anstieg getöteter Zivilisten. Alleine vom 1. Januar bis zum 31. März seien 543 Unbeteiligte umgebracht worden.
Bundeswehr zieht 60 Soldaten aus Bamako ab
Die Bundeswehr hat 60 Soldaten von einem Logistik-Stützpunkt am Flughafen der malischen Hauptstadt Bamako abgezogen und ist damit einer Aufforderung der malischen Regierung nachgekommen. Die Soldaten wurden in das nahe UN-Camp Bifrost verlegt, wie das Einsatzführungskommando der Bundeswehr am Freitag mitteilte. Die Einsatzbedingungen der Bundeswehr in Mali erschweren sich dadurch weiter.
Die Behörden in dem westafrikanischen Land hatten Anfang der Woche angewiesen, dass alle ausländischen Soldaten das Betriebsgelände der Firma «Sahel Aviation Services» (SAS) auf dem Flughafengelände innerhalb von 72 Stunden verlassen müssen. Die Bundeswehr ist nach eigenen Angaben Mieter bei der Firma SAS, um am Flughafen einen Logistik-Hub zu betreiben.
Die politischen Vorbehalte gegen den Einsatz der Bundeswehr in Mali haben in dieser zugenommen. Nach der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestags, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), hat am Freitag auch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Agnieszka Brugger, den Bundeswehreinsatz in Mali angesichts neuer Restriktionen in Frage gestellt.