Bei der zentralen Gedenkstunde zum Volkstrauertag im Bundestag erinnerte Frank-Walter Steinmeier an die Opfer von Krieg und Terror im Osten Europas. Der Bundespräsident richtete aber auch einen eindringlichen Appell an die Gesellschaft, sich stärker mit der Parlamentsarmee Bundeswehr auseinanderzusetzen. Foto: picture alliance/Bernd von Jutrczenka

Bei der zentralen Gedenkstunde zum Volkstrauertag im Bundestag erinnerte Frank-Walter Steinmeier an die Opfer von Krieg und Terror im Osten Europas. Der Bundespräsident richtete aber auch einen eindringlichen Appell an die Gesellschaft, sich stärker mit der Parlamentsarmee Bundeswehr auseinanderzusetzen. Foto: picture alliance/Bernd von Jutrczenka

14.11.2021
Yann Bombeke

Bundespräsident Steinmeier am Volkstrauertag: „Sprachlosigkeit gegenüber unserer Armee überwinden“

Gedenkveranstaltungen, Kranzniederlegungen und eine eindringliche Rede des Bundespräsidenten: Heute wurde am Volkstrauertag bundesweit an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft erinnert.

Millionen Menschen haben die Kriege des 20. Jahrhunderts und die Terrorherrschaft des Nazi-Regimes das Leben gekostet, an sie wurde am heutigen Volkstrauertag mit zahlreichen Veranstaltungen erinnert. Bei der diesjährigen zentralen Gedenkstunde im Deutschen Bundestag wurde insbesondere der Opfer deutschen Kriegs und Terrors im Osten Europas gedacht.
 
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier führte in seiner Gedenkrede die Verbrechen vor Augen, die an Zivilisten, Kriegsgefangenen oder Zwangsarbeitern in der ehemaligen Sowjetunion, aber auch in Griechenland und im ehemaligen Jugoslawien verübt wurden. Namen der Orte der Nazi-Verbrechen wie Auschwitz, Lidice in Tschechien oder Oradour in Frankreich seien vielen Menschen bekannt, so Steinmeier, nicht aber die zahllosen Namen der Schauplätze der Barbarei im Osten Europas. „Unser Gedächtnis weiß wenig, oft nichts, über Orte wie Malyj Trostenez bei Minsk, wo zwischen 1942 und 1944 zehntausende jüdische Familien ermordet wurden“, sagte Steinmeier. Die Namen dieser Orte zu kennen, mache einen Unterschied, so der Bundespräsident, „für unser Selbstverständnis als Nation ebenso wie für ein gemeinsames Verständnis als Europäer auf diesem Kontinent“.

In seiner Rede mahnte Steinmeier eine stärkere Auseinandersetzung der Gesellschaft mit der Bundeswehr als Parlamentsarmee an. Die Erfahrung zweier Weltkriege, Schuld und Scham prägten das Verhältnis zwischen deutscher Gesellschaft und deutscher Armee bis in die Gegenwart, sagte das Staatsoberhaupt. „Viele Deutsche empfinden Unbehagen vor militärischen Ritualen. Sie wollen nicht daran erinnert werden, was der Einsatz einer Armee, auch der Bundeswehr, bedeutet. Tod und Trauma, deutsche Soldaten im bewaffneten Einsatz, in fremden Ländern – das verdrängen wir Deutsche gern. Darüber sprechen wir viel zu selten und nur widerwillig“, stellte Steinmeier fest.

Dieses Unbehagen möge verständlich sein, so Steinmeier, aber: „Das macht es denen, die ihr Leben riskieren für unser Land, den Veteraninnen und Veteranen der Auslandseinsätze, erst recht den Familien der Gefallenen, wahrlich nicht leicht.“ Steinmeier betonte die Rolle der Bundeswehr als Parlamentsarmee, die unverrückbar auf dem Boden der demokratischen Verfassung stehe und forderte: „Wir müssen die Sprachlosigkeit überwinden – auch die Sprachlosigkeit vieler Teile der Gesellschaft gegenüber unserer Armee. Auch das ist Auftrag am heutigen Tag.“

Zuvor hatte der Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, General a.D. Wolfgang Schneiderhan, die Gäste im Bundestag begrüßt. Bei der Gedenkstunde unter der Schirmherrschaft von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas waren im Bundestag zahlreiche Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr zu sehen. Für den Deutschen BundeswehrVerband nahmen der Bundesvorsitzende, Oberstleutnant André Wüstner, und sein Stellvertreter, Hauptmann Andreas Steinmetz, an der Zeremonie teil.

Oberstleutnant Wüstner war zuvor schon unter den Gästen am Ehrenmal der Bundeswehr im Bendlerblock. Dort hatte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer gemeinsam mit dem Generalinspekteur General Eberhard Zorn einen Kranz niedergelegt. Bereits zwei Tage vor dem Volkstrauertag hatte auch eine Abordnung des DBwV am Ehrenmal Kränze niedergelegt. Der Vorsitzende der Standortkameradschaft Berlin, Hauptmann Ingo Zergiebel, legte zudem einen Kranz am Friedhof Lilienthalstraße in Berlin-Neukölln nieder. An dem ehemaligen Standortfriedhof findet traditionell die internationale Gedenkveranstaltung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge statt. Unter den 200 Gästen waren die Wehrbeauftragte Eva Högl und der Stellvertretende Generalinspekteur der Bundeswehr, Generalleutnant Markus Laubenthal.

In ganz Deutschland wurde mit vielen weiteren Gedenkveranstaltungen der Opfer von Krieg und Terror gedacht, so im Wald der Erinnerung beim Einsatzführungskommando nahe Potsdam und an den Ehrenmalen von Heer, Luftwaffe und Marine in Koblenz, Fürstenfeldbruck und Laboe. Die Verteidigungsministerin nahm auch an den Kranzniederlegungen an der Neuen Wache sowie am jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee teil.

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