Einsatz bei den Bürgern beim Rheinland-Pfalz-Tag im Mai in Neustadt an der Weinstraße: Oberst Michael Trautermann mit Innenminister Michael Ebling an einem Tornado-Cockpit. Foto: Bundeswehr

Einsatz bei den Bürgern beim Rheinland-Pfalz-Tag im Mai in Neustadt an der Weinstraße: Oberst Michael Trautermann mit Innenminister Michael Ebling an einem Tornado-Cockpit. Foto: Bundeswehr

09.11.2025
Von Frank Jungbluth

„Ich suche Kameraden, denen ich ohne Vorbehalte vertrauen kann.“

Oberst Michael Trautermann ist Kommandeur des Landeskommandos Rheinland-Pfalz. Als die Landeskommandos 2013 gegründet wurden, ahnte niemand, wie dramatisch sich die Weltlage verändern würde. Zum 70. Geburtstag der Streitkräfte beschreibt Trautermann die Bedeutung der Landeskommandos, wie wichtig die Reserve in Zukunft wird und warum er nach 40 Jahren in der Truppe jungen Leuten den Dienst unbedingt empfehlen kann.

Die Bundeswehr: Die Aufstellung der Landeskommandos war eine Folge der Bundeswehrreformen 2007 und 2013, die mit der Abschaffung der Verteidigungsbezirkskommandos und der Wehrbereichskommandos einherging. Damals war die Bundeswehr eine Einsatzarmee, jetzt kehrt man zu LV/BV zurück. Hat sich der Aufbau Landeskommandos aus Ihrer Sicht bewährt?

Oberst Michael Trautermann:  Diese Frage dem Kommandeur Landeskommando Rheinland-Pfalz zu stellen, garantiert natürlich keine komplett unvoreingenommene Antwort, ich bin aber fest davon überzeugt, dass sich die Einrichtung der Landeskommandos, der Kreisverbindungskommandos (KVK) und dem Bezirksverbindungskommando (BVK) ohne jeden Zweifel bewährt hat. Ich begründe meine Bewertung zunächst anhand der vielen Gespräche, die ich seit meiner Kommandoübernahme Ende März mit politischen Verantwortungsträgern auf allen Ebenen in Rheinland-Pfalz, mit Vertretern der Ministerien und Ämter, aber auch mit Polizeivertretern, Hilfsorganisationen und Kirchen geführt habe. Ohne Ausnahme wird die Arbeit der Landeskommandos mit den KVKs und dem BVK geschätzt, unser Ratschlag gesucht und Kontakte werden gepflegt.

Aus militärischer Sicht und als Träger der ZMZ im Bundesland kann ich darüber hinaus festhalten: Sowohl für die Amts- und Katastrophenhilfe gemäß Artikel 35 GG, als auch für territoriale Aufgaben in der Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV), ist die Präsenz und Vernetzung von Soldaten auf der regionalen und lokalen/kommunalen Ebene wie auch den Nachbarstaaten eine Grundvoraussetzung. In all diesen Funktionen des territorialen Netzwerks spielen die Reservistinnen und Reservisten unserer 36 Kreisverbindungskommandos sowie des Bezirksverbindungskommandos eine ganz entscheidende Rolle.

Was hat sich für die Landeskommandos seit der Zeitenwende 2022 verändert?

Russlands Überfall auf die Ukraine im Jahr 2022 hat die europäische Friedensordnung grundlegend destabilisiert und stellt Deutschland vor die Herausforderung, seine Verteidigungs- und Bündnisfähigkeit neu auszurichten. Nach Beginn des Krieges in der Ukraine wurden die NATO-Planungen an die geänderte Bedrohung, die sogenannten Regionalpläne, mit Hochdruck vorangetrieben. Der sichtbare Wille zur Verteidigung im Bündnis und zur Schaffung einer glaubwürdigen Abschreckung zum Erhalt von Freiheit und Frieden war und ist entscheidend für alles Handeln in der NATO und auch in der Bundesrepublik Deutschland.

Vor diesem Hintergrund steht in der sicherheitspolitischen Neuausrichtung Deutschlands fest: Deutschland und seine Bevölkerung müssen wehrhafter und resilienter werden, um gegen Bedrohungen und Aggressoren, namentlich Russland gerüstet zu sein. Diese Herausforderungen können aber nicht nur militärisch angegangen werden; sie müssen auf gesamtstaatlicher und gesamtgesellschaftlicher Ebene bewältigt werden. Deutschland. Zusammen. Verteidigen ist das Ziel und der Maßstab. Es ist notwendig, dass Deutschland und die Bundeswehr sich darauf vorbereiten, im Hinblick auf den militärischen Anteil der Gesamtverteidigung einen substanziellen Beitrag in die NATO-Bündnisverteidigung einzubringen. Die Anteile der territorialen und der Zivilverteidigung in der Gesamtverteidigung gilt es in den Bundesländern auf Grundlage des Operationsplans Deutschland (OPLAN DEU) abzustimmen. Am Ende schafft die Umsetzung der nationalen Verteidigungsplanung in 32 NATO-Nationen, eng verzahnt mit den NATO Regionalplänen, die Grundlage für die Bündnisverteidigung an der Ostflanke der NATO.

Sie sind seit 40 Jahren im Dienst der Bundeswehr, kennen die Lage im Kalten Krieg, sind „F-4F Phantom II“ geflogen und haben im Pentagon gedient: Was sind angesichts der „neuen“ Lage die größten Herausforderungen für die Truppe und vor allem auch für einen Kommandeur eines Landeskommandos?

Ich denke, die größte Herausforderung für die Truppe ist, das, was wir im Kalten Krieg bis 1990 blind draufhatten, neu zu lernen, und zwar nicht im Sinne von „copy-paste“, sondern angepasst an die Realitäten der Jahre 2022 ff.

Dies erfordert, im Einklang mit dem strategischen Konzept der NATO und auf Grundlage der Regionalpläne, eine Vielzahl an Fähigkeiten zu stärken beziehungsweise wieder oder teilweise komplett neu aufzubauen. Damit hat die Truppe über die nächsten Jahre den Auftragszettel voll.

Den Landeskommandos kommt hinsichtlich der Landes- und Bündnisverteidigung eine andere, aber nicht minder wichtige und wie bereits aufgezeigt, komplett neue Rolle zu. Deutschland hat in den Verteidigungsplänen der NATO die zentrale Rolle der Drehscheibe für den Transport deutscher und alliierter Truppen zur Ostflanke des NATO-Bündnisgebiets. Zu diesem Zweck muss Deutschland Infrastruktur sowie zivile und militärische Unterstützungsleistungen bereitstellen. In den Bundesländern stimmen die Landeskommandos diese Planungen derzeit mit den Ministerien und Ämtern der Länder ab. All diese Herausforderungen bedingen eine Neuausrichtung im Bereich der ZMZ wie auch in Hinblick auf Ausbildung und Übung. Diese Neuausrichtung verantworte ich als Kommandeur des Landeskommandos Rheinland-Pfalz und ich kann Ihnen gerne bestätigen, dass mir nicht wirklich langweilig wird. Viel wichtiger ist aber, dass ich Ihnen ebenfalls bestätigen kann: Ich habe mit meinem Stab und den KVKs beziehungsweise dem BVK ein herausragendes Team am Start, das drei Leitlinien lebt. Erstens „Geht nicht, gibt‘s nicht!“, zweitens „Mit uns geht alles, ohne uns nichts!“ und drittens „We make it happen!“. Wir kennen und verstehen unseren Zuständigkeitsbereich und sind sehr gut in dem, was wir tun.

Der OPLAN Deutschland ist eine Konsequenz der Zeitenwende: Wenn Sie kurz beschreiben, was ein Landeskommando im Rahmen dieses Plans leisten muss?

Ich habe bereits angerissen, wo unsere Schwerpunkte bei der Umsetzung des OPLANs Deutschland liegen. Sehr viel weiter kann ich angesichts der Geheimhaltungsbedürftigkeit des Themas hier auch nicht gehen. Ich unterstreiche aber einen Aspekt, den man nicht stark genug betonen kann. Das territoriale Netzwerk im Land ist aus der Amts- und Katastrophenhilfe „alter Art“ gewachsen. Dieses Netzwerk gilt es zielgerichtet weiter zu etablieren, zu pflegen, zu erweitern und zu nutzen. In und mit diesem Netzwerk schaffen wir die Voraussetzung, um viele Hunderttausend Soldatinnen und Soldaten, Fahrzeuge, Material aller Art etc. durch Deutschland an die Ostflanke des Bündnisgebietes zu bewegen. Gleichzeitig liefert dieses Netzwerk Informationen, Daten und Lagebeiträge, die auf operativer und strategischer Ebene verdichtet werden und Grundlage für die Entscheidungsfindung dort sind.

Die Bundeswehr will und muss aufwachsen, das gilt für den Nachwuchs und vor allem auch für die Reserve: 200 000 Reservisten sind die Zielgröße des BMVg für 2029. Das ist ein zentrales Thema für Sie in den Landeskommandos. Sie suchen akut Personal für die 36 Kreisverbindungskommandos (KVK) in Ihrem Landeskommando. Welche Leute brauchen Sie?

Jeder Reservist mit Erfahrung ist willkommen. Wie es in der Bundeswehr üblich ist, setzen alle Dienstposten in den Verbindungskommandos bestimmte Dienstgrade, Vorerfahrungen und Qualifikationen voraus. Dennoch bin ich bereit, alle Möglichkeiten zu nutzen, die mir als Kommandeur Landeskommando zur Verfügung stehen, um eine bessere personelle Aufstellung meiner Verbindungskommandos zu erreichen. Dabei ist der dienstliche Hintergrund von Reservistinnen und Reservisten – Heer, Luftwaffe, Marine, CIR, Kampftruppe, Unterstützer usw. – für mich nachrangig. Ich suche nach Kameradinnen und Kameraden, denen ich ohne Vorbehalte vertrauen kann, um in meinem Namen die Arbeit in den Kreisen und kreisfreien Städten anzugehen. Reservistinnen und Reservisten, die Interesse haben, können sich unter oder 06131-27750 2800 melden.

Zu guter Letzt: Die Bundeswehr feiert den 70. Jahrestag der Gründung 1955 – mit welchen Argumenten würden Sie junge Menschen heute für den Dienst motivieren?

Junge Menschen haben bei der Bundeswehr eine Vielzahl an Optionen, um sich ganz nach ihren Fähigkeiten persönlich und beruflich entwickeln zu können. Die Bundeswehr unterstützt jeden, der sich für diese Entwicklung einsetzen will. Konkret reichen die Angebote während der Dienstzeit von einer Berufsausbildung bis hin zum Studium. Alle Soldaten und Soldatinnen werden dienstgradübergreifend in ihrer jeweiligen Verwendung mit erforderlichen militärischen Lehrgängen bestens ausgebildet. Wir fördern jeden in unserer Truppe.

Die Bundeswehr vermittelt darüber hinaus persönliche Werte wie Entscheidungsfreude, Ausdauer, Optimismus, aber auch Werte, die in der Gesellschaft als wichtig erachtet werden und das Zusammenleben prägen, wie Gerechtigkeit, Solidarität, Freiheit und Toleranz. Im täglichen Dienst stehen Werte wie Integrität, Teamwork, Fortschritt, Sicherheit und Professionalität im Vordergrund. Ich bin mir sehr sicher, dass die Bundeswehr mit all ihren Möglichkeiten höchst attraktiv für junge Menschen ist und freue mich über jede einzelne Erstverpflichtung. Am wichtigsten ist aber, dass für die Bundeswehr gleichermaßen wie in jedem anderen Beruf auch gilt: Wir bieten Ihnen alle Möglichkeiten. Sie müssen hungrig, motiviert und leistungsbereit sein. Setzen Sie sich ein Ziel – Jetpilot, Panzerkommandant, Kommandant einer Fregatte – und verfolgen Sie es mit allem, was Sie haben. Dies ist die Grundlage für das, was jeder junge Mensch sucht: über viele Jahre Erfolg, Abwechslung und Freude an der Arbeit. Let‘s make it happen!

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