Die Reaktionen der Verteidigungspolitiker auf den jüngsten Bericht des Wehrbeauftragten fallen erwartungsgemäß unterschiedlich aus. Foto: DBwV/Hepner

Die Reaktionen der Verteidigungspolitiker auf den jüngsten Bericht des Wehrbeauftragten fallen erwartungsgemäß unterschiedlich aus. Foto: DBwV/Hepner

31.01.2019
dpa/yb

Jahresbericht des Wehrbeauftragten: Die Reaktionen der Politik

Berlin. Überbordende Bürokratie, das Material in schlechtem Zustand, die Truppe demotiviert – die Mängelliste, die der Wehrbeauftragte vorgelegt hat, ist mal wieder lang. Auf politischer Ebene wird der Jahresbericht jetzt diskutiert, naturgemäß fällt die Deutung höchst unterschiedlich aus.

„Der Wehrbeauftragte hat in seinem Jahresbericht die Herausforderungen für die Bundeswehr klar benannt: Personalmangel, mangelhafte Einsatzbereitschaft, und ein Übermaß an Bürokratie. Dazu kann man nur sagen: Die Trendwenden hin zu mehr Personal und zu mehr Material greifen zwar, aber wir müssen noch schneller werden bei der Umsetzung“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher CDU/CSU-Fraktion, Henning Otte. Dazu werde es notwendig sein, deutlich mehr Geld als bisher vorgesehen in die Hand zu nehmen, so Otte weiter. Zudem müsse der Dienst in der Truppe attraktiver gestaltet werden, um mehr Personal zu gewinnen. „Dazu gehört, dass wir die Truppe enger an die Gesellschaft binden. Soldatinnen und Soldaten leisten tagtäglich eine anspruchsvolle Arbeit und sie tragen zu unser aller Schutz in einer unsicheren Welt bei. Dafür verdienen sie unsere Anerkennung“, sagte der Unionspolitiker.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann fühlt sich durch den aktuellen Jahresbericht des Wehrbeauftragten „dramatisch an das letzte Jahr erinnert“. Die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion sprach von einem „Mega-Job“, den die Soldaten der Bundeswehr in In- und Ausland leisten. Dass der „Laden“ laufe, liege an der „Kunst des Improvisierens“ der Soldatinnen und Soldaten. Der Wehrbeauftragte Bartels hatte von einem „Bürokratiemonster“ gesprochen, auch darauf ging Strack-Zimmermann ein: „Wenn heute Soldatinnen und Soldaten eine Kleinigkeit brauchen, dann müssen sie 20 Formulare ausfüllen, das ist ein Unding und geht leider auch dahingehend, dass auch im Ausland das Material nicht mehr dem entspricht, was wir den Soldatinnen und Soldaten mitgeben müssen. Denn nicht zu vergessen: Es geht immer um deren Leben und um deren Einsatz für unsere Freiheit und unseren Frieden in Deutschland.“

Im Bericht gibt es auch eine wachsende Zahl „meldepflichtiger Ereignisse“ im Zusammenhang mit sexueller Belästigung. Darauf ging der Grünen-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner ein, berichtet der Berliner „Tagesspiegel“. „Sexismus ist und bleibt ein großes Problem, auch in der Bundeswehr. Die angestiegenen Meldungen sexueller Übergriffe sind besorgniserregend. Jeder einzelne Fall ist einer zu viel“, sagte Lindner.

Christine Buchholz (Die Linke) setzte den Fokus hingegen auf die leicht von 167 auf 170 gestiegene Zahl von Fällen im Bereich Rechtsextremismus. Der „Tagesspiegel“ berichtet, dass Buchholz den Jahresbericht als unzureichend kritisiert: „Die Existenz rechtsextremer Netzwerke wird geleugnet und als Aneinanderreihung von Einzelfällen dargestellt.“ Es sei enttäuschend, dass sich Bartels an dem Herunterspielen des Problems rechtsextremistischer Umtriebe in der Bundeswehr beteilige.

Als „ein Dokument der politischen Leistungsverweigerung“ bezeichnete Rüdiger Lucassen den Bericht, den Hans-Peter Bartels vorgelegt hat. „Es ist der fünfte Bericht in Folge, der den dramatischen Verfall der Bundeswehr dokumentiert“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, „Ursula von der Leyen hat auf keinem einzigen Gebiet eine Verbesserung der Einsatzbereitschaft herbeigeführt. Ihre groß angekündigten Trendwenden sind nichts als Marketing-Aktionen geblieben“. Die Berichte des Wehrbeauftragten seien ehrlich und führten der Regierung die dramatische Situation vor Augen, umso schlimmer sei die Politik der Verteidigungsministerin, so Lucassen weiter.

Die Verteidigungsministerin sieht hingegen die Modernisierung der Bundeswehr auf dem richtigen Weg. Den Jahresbericht des Wehrbeauftragten bezeichnete Ursula von der Leyen als „Ansporn“ und wies Teile davon zurück. So gebe es zwar 21.500 offene Stellen in der Bundeswehr, aber zeitgleich auch 35.000 Männer und Frauen in der Ausbildung, die diese Stellen künftig besetzen könnten. „Uns geht es wie dem deutschen Mittelstand. Wir suchen Fachkräfte“, sagte von der Leyen. Die Truppe wachse sehr dynamisch, aber es brauche einen langen Atem, sagte die Ministerin. „Ich wünschte mir auch, dass vieles schneller ginge, aber 25 Jahre des Schrumpfens und des Kürzens in der Bundeswehr lassen sich nicht in wenigen Jahren umkehren“, sagte von der Leyen.

Trotz offener Stellen sieht auch Generalinspekteur Eberhard Zorn keinen Grund zur Panik. „Im Schnitt sind 15 Prozent der Dienstposten nicht besetzt“, sagte Zorn dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstag). Es gebe „etwas größere Lücken“ bei der IT, bei Ärzten, im Personalmanagement und in der Logistik – aber „keinen Anlass zur Panik, weder von der Zahl her noch von der Qualität unserer Bewerberinnen und Bewerber“.