Glück hatte, wer bei diesem Feierlichen Gelöbnis im Schatten stehen durfte: Rund 400 Rekrutinnen und Rekruten waren auf dem Paradeplatz im Bendlerblock angetreten. Foto: BMVg/Twitter

20.07.2022
Von Yann Bombeke

„Sie legen Ihr Gelöbnis ab, während in Europa ein grausamer Krieg herrscht“

Rund 400 Rekrutinnen und Rekruten haben heute ihr Feierliches Gelöbnis im Bendlerblock abgelegt – der Tradition folgend am Jahrestag des Attentats auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944. Der Blick ging zurück in die Geschichte, doch für die jungen Soldatinnen und Soldaten wurde auch klar: Sie haben sich für eine Zukunft in einer Bundeswehr entschieden, die sich mitten in der Zeitenwende befindet.

Berlin. Es war heiß auf dem Paradeplatz im Bendlerblock, dem Berliner Sitz des Verteidigungsministeriums: Selbst nach 18 Uhr, Zeitpunkt des Beginns des Zeremoniells zum Feierlichen Gelöbnis, zeigte das Thermometer noch 37 Grad an. Obwohl die Verteidigungsministerin aus ihrer Fürsorgepflicht heraus den Rekrutinnen und Rekruten entgegen dem sonst üblichen Protokoll das Tragen des Kurzarmhemdes befohlen hatte, mussten sich einige der jungen Soldatinnen und Soldaten behandeln lassen.

Diese besonders beanspruchenden Rahmenbedingungen passten vielleicht doch ganz gut zu den Worten von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht zu den Rekrutinnen und Rekruten, die in diesem Jahr vom Wachbataillon beim BMVg, vom Logistikbataillon 172 aus Burg, vom Versorgungsbataillon 142 aus Hagenow, von der Marineunteroffizierschule aus Plön, der Marinetechnikschule aus Parow, der Unteroffizierschule der Luftwaffe aus Heide/Appen und vom Sanitätsregiment 2 aus Rennerod kamen. „Ihre Aufgabe als Soldatinnen und Soldaten wird fordernder und anstrengender, aber vielleicht auch noch lohnender und erfüllender“, sagte die Ministerin vor den rund 400 Rekrutinnen und Rekruten mit Blick auf die aktuelle Lage – die Zeitenwende war auch an diesem Tag im Bendlerblock stets spürbar.

Alle jungen Soldatinnen und Soldaten würden diese Zeitenwende in den kommenden Jahren miterleben und mitgestalten, sagte Lambrecht und spann den Bogen in die Vergangenheit: „Orientieren Sie sich an der anderen, historischen Zeitenwende, der Zeitenwende, die die Widerstandskämpfer um Stauffenberg vor 78 Jahren herbeiführen wollten, die so viel Mut, so viel innere Veränderung und so viel Opferbereitschaft erforderte und die uns noch heute prägt: Gewissensgeleiteter Gehorsam.“ Die SPD-Politikerin weiter: „An keinem Tag des Jahres ist es passender, Rekrutinnen und Rekruten der Bundeswehr auf die Werte unseres Grundgesetzes, auf die Demokratie und auf das treue Dienen zu verpflichten“, betonte Lambrecht. Das Attentat sei zwar misslungen. Aber schon allein der Versuch habe einen sehr hohen moralischen Wert gehabt. Zudem gebe es ein in die Bundeswehr reichendes direktes Erbe des 20. Juli 1944: „Deutsche Soldatinnen und Soldaten haben heute einen Kompass: Das Gewissen steht über dem Gehorsam“, sagte die Verteidigungsministerin.

Ehrengast des diesjährigen Gelöbnisses zum 20. Juli war Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. Gleich zu Beginn ihrer Rede erinnerte die nach dem Bundespräsidenten zweithöchste Repräsentantin des Staates die jungen Soldatinnen und Soldaten an das derzeit herrschende sicherheitspolitische Umfeld. „Sie legen Ihr Gelöbnis ab, während in Europa ein grausamer Krieg herrscht. Während in der Ukraine Soldatinnen und Soldaten ihr Land ihre Freiheit und ihre Demokratie verteidigen.“ Russland habe die Friedensordnung in Europa zerstört, die in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut worden war.

Bas weiter: „Wir haben in Deutschland jahrelang auf Abrüstung gesetzt, um Frieden zu stärken. Wir dachten, die Zeit klassischer Angriffskriege gehöre in Europa der Vergangenheit an. Wir haben die Aufgabe der Landes- und Bündnisverteidigung als theoretisch angesehen. Deshalb haben wir bei der Ausstattung der Bundeswehr stark gespart. Und zur Wahrheit gehört auch: Wir haben uns nach den deutschen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs mit allem Militärischen schwergetan.“ Die nun mit dem Sondervermögen angestrebte Modernisierung der Bundeswehr werde ein Kraftakt, „ein notwendiger Kraftakt“, unterstrich Bas.

Die Bundestagspräsidentin machte klar, worauf es jetzt ankommt: „Unsere Bundeswehr muss jetzt wieder hervorragend ausgerüstet werden. Sie muss in der Lage sein, unser Land zu verteidigen. Sie muss unsere freiheitliche Demokratie schützen und unseren NATO-Partnern im Falle eines Angriffs beistehen können.“ Um diese Aufgaben erfüllen zu können, so Bas, brauchen die Angehörigen der Bundeswehr „die beste Ausstattung, eine gute Ausbildung und umfassende Unterstützung.“

In dieser Zeit bekomme das Gelöbnis eine noch größere Tragweite, betonte die Sozialdemokratin und fand eindringliche Worte: „Wenn Sie heute ihre Gelöbnisformel sprechen, dann wissen Sie, in diesem Moment verteidigen in der Ukraine Soldatinnen und Soldaten ihre Heimat und setzen dafür ihr Leben ein. Und Sie wissen, dass der Verteidigungsfall für Deutschland tatsächlich auch eintreten kann.“

Auch mit zahlreichen weiteren Veranstaltungen wurde an das gescheiterte Attentat auf Adolf Hitler vor 78 Jahren erinnert, in Berlin unter anderem an der Gedenkstätte Plötzensee und auf dem Friedhof des Alten St.-Matthäus-Kirchhof im Stadtteil Schöneberg. Dort, wo Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Generaloberst Ludwig Beck, General der Infanterie Friedrich Olbricht, Oberst i.G. Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim und Oberleutnant Werner von Haeften nach ihrer Hinrichtung für kurze Zeit begraben waren, legte der DBwV gemeinsam mit der SVS einen Kranz nieder.

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