In dieser Woche trafen weitere US-Truppen in Europa ein. Foto: XVIII Airborne Corps/Twitter

In dieser Woche trafen weitere US-Truppen in Europa ein. Foto: XVIII Airborne Corps/Twitter

11.02.2022
Yann Bombeke/mit Material von dpa

Ukraine-Konflikt: „US-Bürger sollten jetzt das Land verlassen“

Trotz aller Bemühungen um eine diplomatische Lösung gibt es noch kein Zeichen der Entspannung im Ukraine-Konflikt. Während Russland in dieser Woche mit Manövern in Belarus begonnen hat, hat US-Präsident Joe Biden alle US-Bürger aufgerufen, die Ukraine zu verlassen.
 
„Die US-Bürger sollten jetzt das Land verlassen“, sagte US-Präsident Joe Biden mit Blick auf die Ukraine in einem Interview mit dem TV-Sender NBC. Die Dinge könnten schnell außer Kontrolle geraten, fügte er hinzu und warnte den russischen Präsidenten Vladimir Putin: „Ich hoffe, er ist schlau genug, nichts zu unternehmen, das US-Bürgern Schaden zufügen würde.“ Eine militärische Evakuierungsoperation durch US-Streitkräfte im Falle eines Konflikts schloss Biden aus. „Es wäre ein Weltkrieg, wenn Russen und Amerikaner anfangen, aufeinander zu schießen. Wir würden uns in einer vollkommen anderen Welt befinden“, so der US-Präsident.

Vor einem Angriff auf die Ukraine warnte auch US-Außenminister Anthony Blinken. Ein Einmarsch Russlands in sein südliches Nachbarland sei „jederzeit“ möglich, sagte Blinken bei einem Besuch in Australien. „Wir befinden uns in einem Zeitfenster, in dem ein Einmarsch zu jedem Zeitpunkt beginnen könnte und um es ganz deutlich zu machen: Das schließt die Zeit der Olympischen Spiele mit ein“, so der US-amerikanische Top-Diplomat.

Unterdessen hat die NATO die Aufstockung ihrer Truppen auf dem östlichen Bündnisgebiet auf den Weg gebracht. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur nahmen die 30 Mitgliedstaaten in dieser Woche in einem schriftlichen Beschlussverfahren einen entsprechenden Vorschlag der Militärs an, der in der kommenden Woche auf einem Treffen der Verteidigungsminister nochmal bestätigt werden soll. Bislang sind NATO-Battlegroups nur in den baltischen Staaten sowie in Polen aktiv. Nun sollen auch multinationale Truppenverbände an die Südostflanke des Bündnisses verlegt werden. So sind die Vereinigten Staaten jetzt schon dabei, rund 1000 Soldaten aus Deutschland nach Rumänien zu verlegen. Auch Frankreich hatte zugesagt, mehrere Hundert Soldatinnen und Soldaten dorthin zu entsenden. Neben Rumänien sollen noch die Slowakei und Bulgarien Standorte für multinationale Nato-Einheiten bereitstellen. Die slowakische Präsidentin Zuzana Caputova hat bereits ein entsprechendes Militärabkommen mit den USA ratifiziert.

In dieser Woche hat Russland in Belarus Manöver gestartet, an dem bis zu 30.000 Soldaten beteiligt sind. Die Militärübung in dem Staat, der nördlich an die Ukraine grenzt, soll zehn Tage andauern. Bereits jetzt stehen nach westlichen Angaben mehr als 100.000 russische Soldaten in Grenznähe zur Ukraine. Auch im Schwarzen Meer verstärkt Russland seine Aktivitäten: Auch dort sollen in der kommenden Woche nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums groß angelegte Manöver beginnen. Die Regierung in Kiew wirft Russland vor, damit de facto eine Seeblockade gegen die Ukraine zu errichten.

Bei einem Treffen mit dem britischen Premier Boris Johnson sprach NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg von einem „gefährlichen Moment für die europäische Sicherheit“. Und weiter: „Die Zahl der russischen Kräfte steigt. Die Vorwarnzeit für einen möglichen Angriff sinkt.“ Zugleich drängte Stoltenberg Russland zu weiteren Gesprächen im NATO-Russland-Rat. Er habe einen Brief an den russischen Außenminister Lawrow geschickt und die Einladung zur Fortsetzung des Dialogs bekräftigt.

Auch die Bundesregierung bemüht sich weiter auf diplomatischen Weg um eine Beilegung des Konflikts. In Berlin saßen zum zweiten Mal seit Beginn der Krise um den Aufmarsch Zehntausender russischer Soldaten an der ukrainischen Grenze hochrangige Vertreter der beiden Konfliktparteien am Verhandlungstisch. Die außenpolitischen Berater der Präsidenten Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj sprachen unter Vermittlung ihrer Kollegen aus Deutschland und Frankreich miteinander, konkrete Ergebnisse wurden dabei allerdings nicht erzielt.

Gleichzeitig stimmte sich Scholz mit den Spitzen der drei baltischen Staaten Litauen, Estland und Lettland ab. Der Kanzler betonte, dass die Europäische Union und die NATO „geschlossen und entschlossen“ in der Krise agierten. „Es geht im Augenblick um nicht weniger als darum, einen Krieg in Europa zu verhindern.“ Scholz bekräftigte, dass die Bundeswehrtruppen in Litauen um 350 weitere Soldaten aufgestockt würden. „Wir stehen an Eurer Seite, das ist mir ganz wichtig“, sagte er. Zu Waffenlieferungen an die Ukraine äußerte er sich nicht. Estland will neun Artilleriegeschütze an die Ukraine liefern, die noch aus DDR-Beständen stammen. Die Bundesregierung hat die Genehmigung noch nicht erteilt. Deutschland lehnt Waffenlieferungen in die Ukraine grundsätzlich ab.

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