Oberstleutnant a.D. Peter Uhde kam 1956 als 18-Jähriger freiwillig in die Truppe. Er war unter anderem Chefredakteur der Zeitschrift „Unser Heer“. Foto: DBwV/Yann Bombeke

Oberstleutnant a.D. Peter Uhde kam 1956 als 18-Jähriger freiwillig in die Truppe. Er war unter anderem Chefredakteur der Zeitschrift „Unser Heer“. Foto: DBwV/Yann Bombeke

10.11.2025
Von Frank Jungbluth

„Viele haben mich für verrückt erklärt, aber mein Entschluss stand felsenfest.“

Es war ein bewegtes Leben, das den Stabsoffizier geprägt hat und sicher auch den Entschluss gefestigt, sich freiwillig zur Bundeswehr zu melden. Wenige Wochen vor dem schicksalhaften Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953 wagte Uhde mit seiner Mutter den Weg in den Westen, da war er 14 Jahre alt. In Meersburg am Bodensee besuchte er die Schule in einem Internat, nur Englisch und Französisch sprach er nicht, das wurde an der einheitlichen Grundschule in der DDR nicht gelehrt, Russisch war erste Fremdsprache. „Wir waren fast alle Flüchtlingskinder“, erinnert er sich.

Der Weg des jungen Peter Uhde war bis dahin steinig: Geboren in Frankfurt/Oder, dann zu den Großeltern nach Westpreußen, 1947, nach der Vertreibung, nach Leipzig. Der Vater war 1951 nach der Rückkehr aus russischer Kriegsgefangenschaft gestorben, die Mutter suchte mit dem einzigen Sohn Peter vor der Drangsal im kommunistischen Teil Deutschlands das Heil in der jungen Bundesrepublik.

„Mir war schnell klar, als die Bundeswehr am 12. November 1955 gegründet worden war: Ich will Offizier werden.“ Peter Uhde bewirbt sich im Alter von 18 Jahren bei der Truppe und bekommt im Frühjahr 1956 seinen Einberufungsbefehl. „Meine Schulkameraden und mein Lehrer haben überhaupt nicht begreifen können, dass ich zur Bundeswehr will, die haben mich quasi für verrückt erklärt, aber mein Entschluss stand felsenfest. Man muss die Reaktion aus der damaligen Zeit heraus betrachten.“

Am 15. Oktober 1956 tritt Peter Uhde seinen Dienst an. Formlos, militärisch knapp der Einberufungsbescheid: „Sehr geehrter Herr Uhde, aufgrund Ihrer Bewerbung ist es beabsichtigt, Sie für die Dauer von 18 Monaten in das Verhältnis eines Soldaten auf Zeit zu berufen.“ Er wird als Grenadier (A12) besoldet, so steht es im Bescheid, und hat sich an diesem Tag bis 18 Uhr in der Ellwanger Mühlberg-Kaserne beim Grenadier-Bataillon 24 zu melden, PK: 270838 U 51914. Das Abenteuer Bundeswehr beginnt, für Peter Uhde die Konsequenz seiner glasklaren Entscheidung für die Truppe. „Es gab eine Probezeit, wir waren ja keine Wehrpflichtigen.“

Die Ausbilder sind fast sämtlich vom Bundesgrenzschutz zur Bundeswehr übergetreten, das Angebot machte man den Truppen der ersten mit Infanteriewaffen ausgerüsteten deutschen Einheiten 1956. 10 000 wechselten damals die Seiten. Die Ausbildung beim BGS war paramilitärisch, es galt die innerdeutsche Grenze zu schützen, viele der Offiziere und Unteroffiziere im BGS hatten während des Zweiten Weltkrieges in der Wehrmacht gedient, ihre Erfahrung kommt der jungen Bundeswehr zugute.

Nach der Grundausbildung werden zehn Soldaten aus Uhdes Einheit nach Rheinbach zur Aufstellung des neuen Wachbataillons der Bundeswehr abkommandiert. „Ich hatte die Mindestgröße von 1,74 Meter, also war ich dabei“, erinnert sich der 87-Jährige. Das war im April 1957, mit Schülern wie Uhde veranstaltete der Kompaniechef spontan einen Unteroffizierlehrgang. „Nach einem halben Jahr konnte man sich entscheiden, entweder beim Wachbataillon zu bleiben oder in seine Einheit zurückzukehren.“ Peter Uhde entscheidet sich für sein Grenadier-Bataillon in Ellwangen. „Wir waren jetzt junge Unteroffiziere, aber ich wollte unbedingt Offizier werden.“ Die Vorgesetzten bescheiden ihm: „Da haben Sie Pech gehabt, Sie haben ja kein Abitur oder die mittlere Reife und eine Berufsausbildung.“ Uhde aber hatte das Internat nach der Obersekunda (Klasse 11) verlassen. „Das war eine gewisse Enttäuschung. Ich überlegte mir also – was machst Du nun. Dann aber kam wieder so eine Geschichte, man suchte einen Stabsdienstmann für den Divisionsstab in Regensburg. Ich meldete mich also, trat meinen Dienst in Regensburg an und erzählte dem Chef des Stabes von meinem Wunsch Offizier zu werden.“

Der versprach, sich zu kümmern und kümmerte sich auch. Uhde wurde einige Zeit später zum Chef befohlen. „Der ließ sich dann eine Verbindung nach Immendingen zum Kommandeur des Panzergrenadierbataillons 293 herstellen, das war Oberstleutnant Schall.“ Wolfgang Schall, Weltkriegsteilnehmer, diente bis 1971, zuletzt als Brigadegeneral im Führungsstab des Heeres. Uhdes Stabschef sagte dem Kameraden: „Ich habe hier einen, der will Offizier werden, willst du den haben?“ Der antwortet: „Klar, schick ihn her.“ Aus dem Stabsunteroffizier Peter Uhde wird nach der erfolgreichen Prüfung an der OPZ in Bonn in der Waisenhausgasse StUffz OA. Er muss in Hamburg einen Vorbereitungslehrgang bestehen. „Das war eine Art Abitur-Nachprüfung. Dann ging es weiter, wir wurden in den Offizierbewerber-Lehrgang eingereiht und wechselten an die OSH in Hannover.“ Es ging nach Talent, Eignung und Fleiß, weniger nach der Papierform.

Peter Uhde wird danach Zugführer, S3, Kompaniechef, Adjutant an der Infanterieschule in Hammelburg. Und wieder tritt der Zufall in Peter Uhdes Leben. Wir schreiben das Jahr 1974. Er nimmt einen Telefonanruf für seinen Chef entgegen. Inhalt: Es wird ein junger Offizier für einen Lehrgang an der Münchner Journalistenschule gesucht. Uhde meldet sich dafür. Mit neun weiteren Kameraden nimmt er am Lehrgang teil. „Die Bundeswehr suchte Presseoffiziere, viele der Älteren waren ausgeschieden und man wusste, dass Öffentlichkeitsarbeit wichtig ist und wichtiger wird“, sagt Peter Uhde. Er ist zu der Zeit Hauptmann. „Beim Informations- und Pressestab (IP) war dann noch Gesichtskontrolle“, lacht der Oberstleutnant a.D. Er kommt einen Monat zum Pressesprecher Heer. Die Bundeswehr-Medien sind ein Wildwuchs, wie Uhde sagt. Im I. Korps gibt es keine Soldatenzeitungen, andere Regimenter, Divisionen haben eigene Druckerzeugnisse, Informationsblätter mit Namen wie „Grenzwald“ für die 4. Division in Regensburg, die 10. hatte das Blatt „Die Zehnte“, eine andere hieß „Der Fallschirmjäger“.

Einen Etat gab es dafür nicht, also musste das geregelt werden. Das I. Korps wurde also beauftragt, eine Zeitung fürs ganze Heer zu machen. Inspekteur war Generalleutnant Horst Hildebrandt, er gibt den Befehl für einen Truppenversuch aus. Uhde wirkt dabei mit, wird Stellvertreter des Presseverantwortlichen fürs Heer und auch Major. Uhde erfindet den Titel „Unser Heer“, die Älteren erinnern sich. Die Redaktion war beim Heeresamt in Köln, die inhaltliche Gestaltung lag aber in Verantwortung des Führungsstabes Heer. So lautete der Befehl. Die neue Zeitung bekommt einen Mantel, drei Regionalteile für Nord, Süd und West, wo die Korps saßen. Jeder LdP hat jeden Monat 16 Seiten zu liefern. Uhde wird Chefredakteur „seiner Zeitung“. Er legt einmal im Jahr dem Inspekteur des Heers seine Planung vor, der selbst hat natürlich auch Ideen – „machen Sie das mal groß“ –  so entsteht immer wieder neu ein Themenfahrplan.

Das neue Blatt hat eine Auflage von 80 000 Exemplaren, für jede Stube, so kalkulierte man, mindestens ein Heft. Die Zeitung gibt es heute nicht mehr. „Wenn sie so wollen“, sagt Peter Uhde heute, „gibt es nur das DBwV-Verbandsmagazin als monatliche Zeitschrift“. Jahre später, Uhde hat spannende Zeiten erlebt, wendet sich die deutsche Geschichte. Nach dem Mauerfall fliegt Uhde in einer „Transall“ von einem Heeresmanöver in Schleswig-Holstein von Jagel nach Wahn gemeinsam mit dem damaligen Leiter des Planungsstabes, Generalleutnant Jörg Schönbohm. Der liest „Unser Heer“, man kommt ins Gespräch. Wieder einer dieser Zufälle, denn Schönbohm ist auf dem Sprung Kommandeur des neuen Bundeswehrkommandos Ost zu werden, das am 3. Oktober, am Tag der Wiedervereinigung Deutschlands, in Strausberg übernimmt. Der General aus Brandenburg holt den in Brandenburg geborenen Peter Uhde für die Pressearbeit ins neue Kommando, der Kreis schließt sich.

„Wir hatten anfangs in Strausberg nur wenige Telefone, wir kannten die Medienstruktur in der ehemaligen DDR nicht. Ich ging als Leiter der Öffentlichkeitsarbeit zum Wehrbereichskommando VII nach Leipzig, weil ich als Kind einige Jahre in der Stadt gelebt hatte. So kann's kommen.“

Peter Uhde meistert auch diese Aufgabe, die Motivation bleibt hoch, auch nach seiner frühen Pensionierung, weil die Bundeswehr Mitte der 1990er-Jahre von knapp 600 000 zum Zeitpunkt der Deutschen Einheit auf 370 000 schrumpfen muss, wie die Bundesrepublik im Zwei-plus-Vier-Vertrag vor der Wiedervereinigung zusichert. Denn  bei manchen der alliierten Siegermächte des Zweiten Weltkrieges sitzt das Misstrauen zum wiedervereinigten Deutschland noch tief. Nicht bei den USA, aber in Russland.

Auch nach der aktiven Zeit dient der Oberstleutnant a.D. bei Wehrübungen, packt beim legendären Hochwassereinsatz bei der Oderflut 1997 wie 30 000 andere Soldaten mit an und berichtet über den bewundernswerten Einsatz der Truppe, die Menschenleben rettet und in vielen Regionen mit Sandsäcken und vereinten Kräften während der Flutkatastrophe Städte und Dörfer vor der Überflutung schützt.

2003 ist endgültig Schluss, mit der Vollendung des 65. Lebensjahres wird Peter Uhde in den Ruhestand verabschiedet. „Seiner“ Bundeswehr ist er bis heute verbunden. Bei der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP) hat er bis zum Frühjahr 2025 die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verantwortet. Der Blick auf die Kameraden ist noch wach: „Ich bin sehr gerne Soldat gewesen. Ich hatte das Glück, in der spannungsgeladenen Zeit des Kalten Krieges im Frieden leben zu können, für die Freiheit dienen zu dürfen.“

Der Bundeswehr wünscht er nur das Beste zum Geburtstag. „Ich hoffe, dass wir wieder eine gute, auf allen Ebenen einsatzfähige Truppe haben, und ich wünsche mir, dass der Funke überspringt, auch in der Gesellschaft. Es lohnt sich, seinem Land zu dienen, damit wir alle in Frieden und Freiheit leben können.“

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