Offizieranwärter der Crew 07/16 werden an der Marineschule Mürwik vereidigt. Foto: Bundeswehr/Björn Wilke

10.12.2022
Von Marco Thiele und Johannes Peters

Wo wird und wo soll die Reise für die Marine hingehen?

Vor etwas mehr als einem Jahr unterzeichneten die Vertreter der „Ampel“-Koalition ihren Koalitionsvertrag. In diesem taucht insgesamt 74 Mal der Begriff „Strategie“ auf. Also ein wahrhaft strategisches Papier. Besonders interessant für uns ist der Passus auf Seite 144: „Wir werden im ersten Jahr der neuen Bundesregierung eine umfassende Nationale Sicherheitsstrategie vorlegen.“

Nun, das hat zeitlich nicht so ganz gepasst. Aber es ist natürlich nicht zu verhehlen, dass mit dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine die Arbeit an der Strategie etwas ins Stocken geraten ist. Wobei ehrlicherweise die sicherheitspolitische Strategie der Bundesrepublik Deutschland durch einzelne Ereignisse nicht gleich neu aufgestellt werden muss. Dann taugt sie nämlich nichts. Aber sei es drum, das Ziel ist formuliert und in den letzten Tagen erneut vom Bundeskanzler bekräftigt worden, zum Beginn des nächsten Jahres wird es eine sicherheitspolitische Strategie geben. Übrigens zum ersten Mal seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland!

Unseres wirtschaftlichen und politischen Gewichts in Europa zum Trotz war sicherheitspolitische Selbstverzwergung über Jahrzehnte gewissermaßen Staatsräson. Mit Verweis auf unsere besondere Geschichte wurden mit verlässlicher Regelmäßigkeit Bündnispartner brüskiert, Zusagen nicht eingehalten und der eigenen Bevölkerung eine an den Realitäten orientierte sicherheitspolitische Debatte verwehrt. Dies hat sich mit der Ankündigung des Sondervermögens für die Bundeswehr und der vielbeachteten „Zeitenwende Rede“ des Bundeskanzlers im Februar dieses Jahrs endlich geändert. Deutschland scheint aus seinem sicherheitspolitischen Dornröschenschlaf erwacht.

So begrüßenswert dies ist, für die Deutsche Marine birgt es auch Risiken. Der vornehmlich landbasierte Charakter des Ukrainekrieges droht einen Effekt zu verstärken: die deutsche „See-Blindheit“, also das Ausblenden des Maritimen als sicherheitspolitischem Raum.

Die Tatsache, dass wir als rohstoffarmes Industrieland und einer der führenden Exportnationen wie kaum ein anderes Land auf freie und sichere Seewege angewiesen sind, macht das nicht nur verwunderlich, sondern geradezu fahrlässig. Im Kontrast dazu steht die -Einsatzbelastung der Deutschen Marine. Von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt befindet sich die Marine seit dem Ende der 1980er-Jahre nahezu ununterbrochen in Auslandseinsätzen. Dies waren und sind zumeist niedrigschwellige Missionen des internationalen Krisenmanagements. Die Flexibilität von Seestreitkräften und das völkerrechtliche Prinzip der Freiheit der Meere haben die Marine zum bevorzugten sicherheitspolitischen Instrument zahlreicher Bundesregierungen gemacht – konnte man doch militärisches Engagement zeigen, ohne die politisch heikle Debatte über „boots on the ground“ führen zu müssen.

Nichts dringt nach außen

Wo wird und wo soll die Reise hingehen? Das fragt sich zumindest die sicherheitspolitisch engagierte Community – zu der jede einzelne Soldatin und jeder einzelne Soldat zweifelsohne gehört – von Anfang an. Offensichtlich wird die Strategie im „stillen Kämmerlein“ verfasst, zumindest dringt so gar nichts nach außen. Nicht erst seit dem Koalitionsvertrag haben sich der Vorstand Marine im Deutschen BundeswehrVerband (DBwV) und die Abteilung „Maritime Strategie und Sicherheit“ des Institutes für Sicherheitspolitik an der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel (ISPK) gemeinsam Gedanken zu dem Thema „Marine und Maritimes – Teil der Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesrepublik Deutschland“ gemacht. Diese lose Zusammenarbeit findet schon seit Jahren im Rahmen von Treffen inner- oder außerhalb sicherheitspolitischer Tagungen und Gespräche statt.Mit Erscheinen des Koalitionsvertrages reifte dann die Idee, eine Strecke zum Thema im Verbandsmagazin des DBwV abzudrucken. Dabei sollten Vertreter aller Bereiche, die sich mit Sicherheitspolitik im Allgemeinen und dem maritimen Anteil im Besonderen beschäftigen, zu Wort kommen. Entstanden ist daraus diese Strecke, sowohl im aktuellen Verbandsmagazin als auch in den kommenden Tagen sukzessive auf unserer Homepage veröffentlicht, die im Weiteren informieren, zur Diskussion anregen, Menschen auf das Thema „Maritime Sicherheit“ aufmerksam machen soll.
 

Überlappungen in der Bewertung durch die Autoren waren dadurch natürlich nicht zu vermeiden. In ihrer Gesamtheit entsteht dann ein klarer Hinweis, wie der maritime Sektor in einer sicherheitspolitischen Strategie, mit welchen Mitteln insbesondere durch unsere Marine, abgebildet werden kann. Was zunächst klingt wie die Quadratur des Kreises oder der Frage nach Huhn oder Ei, ist aber unseres Erachtens absolut berechtigt. Auch wenn eine sicherheitspolitische Strategie in ihrer grundsätzlichen Ausrichtung nicht ständig geändert wird, so ist sie doch ein lebendes Dokument! Daher unseren ausdrücklichen Dank an alle Autorinnen und Autoren, dass sie ihre Gedanken niedergeschrieben und uns zur Verfügung gestellt haben.

Nun seid ihr gefragt!

Zugehörig zum lebenden Dokument wollen wir die Thematik weiterbearbeiten. Dazu werden Mitglieder im DBwV aus der Marine in den nächsten Monaten aufschreiben, was sie für sich und ihren Bereich brauchen, was einfach gesagt noch fehlt, um den jetzigen, aber dann auch einen zukünftigen Auftrag ausführen zu können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Studentinnen und Studenten des ISPK sind ebenfalls dazu aufgerufen. Weiter wollen wir die Autorinnen und Autoren und andere dafür gewinnen, in einer öffentlichen Veranstaltung im Herbst des Jahres 2023 die dann existierende Strategie an die aktuelle und zukünftige Marine anzulegen und zu diskutieren.

Nur gemeinsam können wir etwas bewegen, damit einerseits die Frauen und Männer in der Marine das Beste an Material und Ausbildung bekommen und andererseits auch die Bundesrepublik Deutschland die Marine hat, die den Menschen im Land das höchstmögliche Maß an Sicherheit gibt.

WIR SIND MARINE gilt für alle Menschen im Land, weil alle davon abhängig sind.

Mit Rat und Hilfe stets an Ihrer Seite!

Nehmen Sie Kontakt zu uns auf.

Alle Ansprechpartner im Überblick