Die Fregatte SCHLESWIG-HOLSTEIN wird zurzeit für die Seenotrettung eingesetzt. Foto: DBwV / Bombeke

Die Fregatte SCHLESWIG-HOLSTEIN wird zurzeit für die Seenotrettung eingesetzt. Foto: DBwV / Bombeke

08.10.2015

Jagd auf Schleuserbanden: EU startet zweite Phase von Militäreinsatz

Kann «Sophia» kriminelle Schleuserbanden stoppen? Viele Blicke werden sich in den nächsten Wochen auf den EU-Militäreinsatz im Mittelmeer richten. «Neuer Name, neue Befugnisse», lautet das Motto.

Rom/Brüssel (dpa) - Im Kampf gegen kriminelle Flüchtlingsschleuser hat die EU die zweite Phase ihrer umstrittenen Militäroperation im Mittelmeer gestartet. Nach Angaben der Einsatzführung vom Mittwoch (7. Oktober 2015) ist es den beteiligten Soldaten ab sofort erlaubt, außerhalb der libyschen Küstengewässer fahrende Schiffe von Menschenschmugglerbanden zu stoppen und zu durchsuchen. Mutmaßliche Kriminelle müssen dann mit einer Festnahme rechnen.

Die deutsche Bundeswehr beteiligt sich unter anderem mit zwei Marineschiffen an dem Einsatz. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte am Mittwoch, wann sie zum ersten Mal im Rahmen der zweiten Phase zum Einsatz kommen, sei noch unklar.

Bislang war der Militäreinsatz der EU auf das Sammeln von Informationen und die Rettung schiffbrüchiger Flüchtlinge begrenzt. Seit dem Start der Operation am 22. Juni wurden von den EU-Schiffen mehr als 3.000 Flüchtlinge an Bord genommen. Mehr als 8000 Menschen wurden von deutschen Marinesoldaten aus Seenot gerettet - diese waren Anfang Mai außerhalb der EU-Operation ins Mittelmeer gefahren.

Bekämpft werden sollen mit dem Einsatz vor allem Schleuserbanden, die von Libyen aus agieren. Da in dem nordafrikanischen Land Bürgerkrieg und Chaos herrschen, will die EU vorerst nur außerhalb der Hoheitsgewässer eingreifen. Dazu wird laut Rechtsgutachten weder eine Zustimmung der libyschen Behörden noch ein Mandat des UN-Sicherheitsrates benötigt. Von Libyen aus haben in den vergangenen Monaten Zehntausende Flüchtlinge versucht, über das Mittelmeer nach Italien zu gelangen. Viele kamen dabei ums Leben.

Der EU-Einsatz soll künftig «Sophia» heißen - nach dem Namen eines Flüchtlingsmädchens, das auf dem deutschen Marineschiff «Schleswig-Holstein» geboren wurde. Bislang lautete der Name der Operation EUNAVFOR Med.

Ob «Sophia» im Kampf gegen die Schleuserkriminalität Fortschritte bringt, ist umstritten. In einem internen EU-Papier zur Operation weisen Experten darauf hin, dass Migranten künftig in andere Regionen ausweichen könnten, um dann von dort in die EU zu kommen. Militärs machten zudem bereits vor Monaten deutlich, dass Unfälle und sogar Todesfälle bei den Einsätzen auf Hoher See nicht ausgeschlossen werden können.

Der Vorsitzende Marine im Deutschen BundeswehrVerband, Fregattenkapitän Marco Thiele, weist auf die ungeklärte politische Situation hin: "Auch dieses Mal können wir das grundsätzliche Problem durch den Einsatz von Streikräften nicht lösen. Wir verschaffen lediglich der Politik etwas Zeit. Leider hat die Politik es auch bei diesem Einsatz versäumt einen "Desired Endstate" - also Zustand an dem die Operation beendet ist - präzise zu formulieren. Damit laufen wir Gefahr einen weiteren "unendlichen Einsatz" für die Marine installiert zu haben."

Nach Recherchen von «Frontal 21» hat die deutsche Marine zudem im aktuellen EU-Militäreinsatz deutlich weniger Flüchtlinge aus Seenot gerettet als zuvor im nationalen Einsatz. Im EU-Einsatz seien es in 14 Wochen knapp 2.500 Flüchtlinge gewesen, berichtete das ZDF-Magazin. Zuvor habe die Bundeswehr im nationalen Einsatz knapp 5.700 Menschen in einem deutlich kürzeren Zeitraum gerettet.

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