Nur wenige Tage vor Beginn des Manövers „Zapad“: Ankunft eines Militärkonvois auf einem Übungsgelände in Weißrussland. Foto: dpa/picture-alliance

Nur wenige Tage vor Beginn des Manövers „Zapad“: Ankunft eines Militärkonvois auf einem Übungsgelände in Weißrussland. Foto: dpa/picture-alliance

15.09.2017
yb/dpa

Russisches „Zapad“-Manöver: reine Routine oder reelle Bedrohung?

Berlin. Es ist eine Übung, wie sie Jahr für Jahr vom russischen Militär abgehalten wird – und doch sorgt sie in diesen Tagen für besonders viel Unruhe im Westen: Die Rede ist vom gemeinsamen Manöver der russischen und der weißrussischen Streitkräfte mit dem Namen „Zapad“, zu Deutsch „Westen“. Das bedeutet nicht, dass die Übung gegen den Westen gerichtet ist, sondern lediglich, dass sie in den westlichen Militärdistrikten stattfindet – und angeblich rein defensiven Charakter hat, wie von russischer Seite aus betont wird.

Das russische Verteidigungsministerium veröffentlicht auf seiner Homepage nur wenige Details von dem Großmanöver, das am 14. September begonnen hat und am 20. September enden soll: Laut Übungsszenario sind extremistische Gruppen auf das Staatsgebiet Weißrusslands und in die Region Kaliningrad eingedrungen, um Terrorattacken auszuführen. Dabei werden die Angreifer „von außen“ militärisch unterstützt. Laut der offiziellen Angaben setzen die russischen und weißrussischen Streitkräfte unter anderem zehn Kriegsschiffe, rund 70 Flugzeuge und Hubschrauber, 250 Panzer sowie 200 Geschütze ein, um gegen den fiktiven Aggressor vorzugehen. Beteiligt sind an der Übung auf sechs Übungsplätzen in Weißrussland insgesamt 12.700 Soldaten, 5500 davon aus Russland.

Genau diesen Zahlen misstraut man auf westlicher Seite. Einige Staaten und die Nato vermuten, dass die eigentliche Teilnehmerzahl viel höher sein könnte und Moskau und Minsk somit gegen die internationalen Spielregeln verstoßen. Die Zahl von 12.700 nennt Russland demnach nur, um Verpflichtungen zu umgehen, die es als Mitglied der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eingegangen ist. Diese sehen unter anderem vor, dass OSZE-Staaten bei Militärmanövern mit mehr als 13.000 Soldaten eine umfangreiche Beobachtung ermöglichen.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen teilt in einem Interview mit „Bild.de“ die Sorgen der benachbarten Staaten im Baltikum: „Viele Partner in der Nato gehen davon aus, dass die tatsächliche Anzahl der beteiligten Kräfte auf russischer und weißrussischer Seite die offiziell angemeldeten 12.700 um ein Vielfaches übersteigt.“ Mit seinem Vorgehen in der Ukraine habe Russland zudem „sehr viel Vertrauen verspielt“, so die Ministerin. Die Nato reagiere genau richtig auf den militärischen Großaufmarsch an ihrer Ostflanke, betonte von der Leyen: „Besonnen, mit kühlem Kopf, aber auch wachsam. Unseren baltischen Verbündeten und Polen ist es sehr wichtig, die Solidarität des Bündnisses zu spüren. Dazu leistet auch die Bundeswehr mit unserem Bataillon in Litauen ihren Beitrag.“

Das Misstrauen in der Nato und in den östlichen EU-Staaten bezeichnet der russische Präsidentensprecher Dimitri Peskow als „Provokation“. Es sei die ganz übliche Praxis eines jeden Landes, derartige Übungen durchzuführen. Doch allen Beschwichtigungen aus Moskau zum Trotz: Die Nato und die baltischen Länder werden in den kommenden Tagen vermutlich weiterhin ganz genau beobachten, was an ihren Grenzen passiert, allein aufgrund der Erfahrungen aus der jüngeren Vergangenheit: Dem russischen Vorstoß auf der Krim 2014 ging ebenfalls ein Großmanöver in unmittelbarer Grenznähe voraus.

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