Die Serenade des Heeresmusikkorps Veitshöchheim im Lichthof des Tagungshotels sorgte für die für öffentliche Wahrnehmung der Veranstaltung. Foto: Ingo Kaminsky

Die Serenade des Heeresmusikkorps Veitshöchheim im Lichthof des Tagungshotels sorgte für die für öffentliche Wahrnehmung der Veranstaltung. Foto: Ingo Kaminsky

23.10.2023
Ingo Kaminsky

Tagung mit Kommandeuren und Dienststellenleitern

Kommandeure diskutieren sicherheitspolitische Herausforderungen der Gegenwart und deren Auswirkungen auf Bundeswehr und Gesellschaft.

Nahezu 50 Kommandeure und Dienststellenleiter kamen zur Tagung des Landesverbands Süddeutschland im Oktober 2023 nach Bamberg. Absicht von Landesvorsitzendem Oberstleutnant a.D. Josef Rauch bei dieser Tagung war es, sicherheitspolitische Herausforderungen mit den Erfordernissen der Einsatzbereitschaft zu verknüpfen und die unterschiedlichen Positionen von Verantwortlichen aus BMVg und Ämtern der Bundeswehr sowie der Politikwissenschaft mit den Kommandeuren zu diskutieren.

Sondervermögen und Nationale Sicherheitsstrategie sind erste Schritte erforderlicher Anpassungen

Wo die Bundeswehr bei der Umsetzung des 100 Milliarden Sondervermögens steht, thematisierte Brigadegeneral Dr. Volker Pötzsch vom BAAINBw. Er listete zahlreiche, zum Teil bereits realisierte und laufende Beschaffungsvorhaben, darunter für persönlicher Ausrüstung und Bekleidung oder zur Verbesserung der Führungsfähigkeit. Insgesamt seien 52 Milliarden des Sondervermögens bereits vertraglich gebunden, so auch für die Beschaffung von Großgerät. Auch weil das Sondervermögen als Kredit zu betrachten ist, daraus die Zinsen zu tilgen sind und die Inflation wirke, sei eine schnelle Umsetzung geboten. Beständig arbeite man deshalb daran, Prozesse der Beschaffung durch Priorisierung und Vereinfachung zu beschleunigen. Vieles bleibe aber wegen der militärspezifischen Forderungen an Schutz und Führungsfähigkeit komplex, sei an gesetzliche Vorgaben gebunden und verzögere damit eine schnelle Umsetzung. Auf die in der Presse kolportierten Meldung im Zusammenhang mit den neuen digitalen Funkgeräten, deren Einbau bei der Beschaffung angeblich nicht bedacht wurde, verwies der General auf erste Gespräche mit der Industrie seit 2016 und informierte über die geplanten Maßnahmen für einen schnellen Zulauf in die Truppe.

Dass die Nationale Sicherheitsstrategie (NSS) nicht die erhoffte Klarheit in der sicherheitspolitischen Ausrichtung Deutschlands brachte, kritisierte Dr. Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Es sei kein Papier, dass deutlich macht: „Wir gestalten die Zeitenwende!“. Die Erwartungen an die NSS waren hoch und die Erstfassung vor der Mitzeichnung durch die Ressource war durchaus ambitioniert. In der jetzigen Fassung der NSS werde nicht deutlich, wo Deutschland seine Prioritäten und Ziele in der Außen- und Sicherheitspolitik in den kommenden Jahren setze. Die NSS erfülle nicht das, was ein solches Papier leisten könne: u.a. Prioritäten setzen, Schwerpunkte und Verantwortung benennen, Außenpolitik aus einem Guss gestalten oder gar Investitionen in sicherheitspolitische Instrumente legitimieren. Es bedarf aus Sicht Kaims einer Überarbeitung der NSS zur Beantwortung dieser Fragen.

Von der kontingentbasierten Einsatzbereitschaft zu einsatzbereiten Präsenzstreitkräften

Der Russland-Ukraine-Krieg stellte die Bundeswehr und das NATO-Bündnis vor fundamental neue Herausforderungen, so Generalleutnant Kai Rohrschneider. Der Abteilungsleiter FüSK im BMVg zeichnete den Weg für den notwendigen fundamentalen Systemwechsel von der kontingentbasierten Einsatzbereitschaft hin zur Verteidigungsbereitschaft. Es brauche Verteidigungsfähigkeit im NATO-Bündnis, die Abschreckung als beständige Aufgabe beinhalte. Größe und geostrategische Lage mache Deutschland zum Truppensteller und nunmehr auch zum Transit- und Gastgeberland. Das habe Auswirkungen auf den Anpassungsprozess der Bundeswehr, der unter enormen Zeitdruck stattfinde. Auch die breite Gesellschaft werde diese Veränderung spüren, u.a. durch häufigere Großübungen, Einbindung Deutschlands als Drehscheibe von strategischen Verlegungen und von Logistik. Zu diskutieren sei die Ausgestaltung des Heimatschutzes und dabei die Rolle von Reservisten, die auch als Personalersatz benötigt werden. Zudem sehe er einen Dissens zwischen einer beständig einsatzbereiten Truppe und den sozialen Errungenschaften für Soldaten wie Teilzeit/Elternzeit/SAZV, der zu lösen sei. Viele Fragen, zu denen aktuell keine ausreichenden Antworten vorliegen.

Handlungsfelder der Führungskultur vor dem Schwerpunkt LV/BV

Bei diesem Systemwechsel zu LV/BV bleibe „Innere Führung“ Markenkern der Bundeswehr, machte Oberst Dieter Börgers vom Zentrum Innere Führung bei der Vorstellung des neuen Handbuchs zur Führungskultur der Bundeswehr klar. Neu sei, „Innere Führung“ den verschiedenen Zielgruppen mit der Verbreitung des Handbuchs in Social Media und eigener App zugänglich zu machen, um sich mit der Frage „wofür dienen und notfalls töten und sterben“ auseinanderzusetzen.

Bauen für die Bundeswehr soll schneller werden

Kritischen Fragen der Kommandeure stellte sich Brigadegeneral Dr. Michael Tegtmeier vom BAIUDBw nach seinem Vortrag zur Umsetzung der Infrastrukturverfahren. Auch wenn Investitionsvolumen in 2023 um 20% gesteigert werden konnte, die vielfältigen Maßnahmen zur Beschleunigung von Bauvorhaben Erfolg zeigen und 2/3 der Gebäude einen mindestens guten Bauzustand aufweisen, weiß der General darum, dass Infrastruktur den Veränderungen in der Bundeswehr oft nicht schnell genug nachkommt. Zahlreiche Maßnahmen der Beschleunigung von Infrastrukturverfahren zeigen Erfolg, andere gesetzliche Rahmenbedingungen lassen schnelle Anpassung, so wie die Kommandeure dies für den Bau von Unterkünften fordern, nicht zu.

Eine Initiative des Freistaats Bayern soll für ein schnelleres Bauen für die Bundeswehr im Freistaat sorgen. Wie dies mit der „Taskforce Infrastruktur Bayern“ in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum Baumanagement München konkret umgesetzt wird, berichtete Ministerialrat Dr. Johannes Urban von der Bayerischen Staatskanzlei.

Wie ist der DBwV in der Zeitenwende unterwegs?

Bundesvorsitzender Oberst André Wüstner dankte den Kommandeuren und Dienststellenleitern für deren Unterstützung der Arbeit des DBwV. Solche Tagungen brauche es, um aus der Rückmeldung der Kommandeure zu erkennen, wie der DBwV die Zeitenwende begleiten kann. Das Agieren der Politik in der Zeitenwende zeige, dass die Diskussion über Strategie und Verteidigungsbereitschaft keine Selbstverständlichkeit ist. Sicherheit und Verteidigung müssen eine größere Rolle einnehmen. Ein Handlungsfeld des DBwV ist es deshalb, diese Debatte in Politik und Gesellschaft zu tragen.

Weiterhin beschäftigten den DBwV die Anpassungen der sozialen Rahmenbedingungen unter Berücksichtigung der Forderung nach hoher Einsatzbereitschaft (u.a. bei SAZV, ATZ, Zulagen). Aber auch Nachwuchsgewinnung, Umgang mit Personal nach Dienstzeitende und materielle Einsatzbereitschaft sind Themen, die der Verband im Fokus habe, so der Bundesvorsitzende über die gegenwärtige Arbeit des Verbandes. Dass trotz einzelner erreichter Verbesserungen die Wahrnehmung in der Truppe oft eine andere ist, sei ihm bewusst und bedarf weiterer Anstrengungen.

Eine Serenade des Heeresmusikkorps Veitshöchheim im Lichthof des Tagungshotels zog viele zivile Gäste in den Bann und sorgte für die öffentliche Wahrnehmung von Bundeswehr und Deutschem BundeswehrVerband.

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