16.08.2017
Gioia Forster und Michael Fischer, dpa

Anschläge in Mali - Wie ist der Terror in den Griff zu kriegen?

Wieder ein Angriff auf die UN-Mission in Mali, bei der etliche Menschen gestorben sind. Die Bedrohung durch die Extremisten nimmt nicht ab. Muss auch die Bundeswehr umdenken, um den Terror in Mali in den Griff zu bekommen?

Timbuktu/Berlin - Zwei Anschläge in Mali an einem Tag. 17 Tote. Diesmal hatten es die Angreifer unter anderem auf das Hauptquartier der UN-Friedenstruppen im Timbuktu im Norden des Landes abgesehen. Sie konnten in das Lager eindringen, bevor sie von Soldaten aufgehalten und erschossen wurden. Für die UN und die in Mali stationierten Bundeswehrsoldaten gilt diese Mission bereits als gefährlichster Einsatz. Das Land kommt nicht zur Ruhe - und die Gefahr durch islamistische Milizen scheint sogar zu wachsen. Die Stabilität der ganzen Region ist davon betroffen.

«Die Situation verschlechtert sich deutlich», sagt Martin Ewi von der Denkfabrik Institute for Security Studies in Südafrika. Die Angriffe vom Montag waren nur die jüngsten in einer langen Reihe. Seit Jahren nutzen unter anderem auch islamistische Milizen - etwa der Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida - das große Wüstengebiet im Norden des Landes als Rückzugsort. Die schwache Regierung hat hier kaum etwas zu sagen. Von dort aus greifen sie das malische Militär oder UN-Truppen an, auch Zivilsten sind immer wieder im Fadenkreuz der Extremisten.

Seit 2013 sind Blauhelme in Mali stationiert. Die rund 15.000 Soldaten und Polizisten sollen das Land stabilisieren und dafür sorgen, dass ein zwischen Regierung und Rebellen unterschriebener Friedensvertrag eingehalten wird. An dem Einsatz sind auch knapp 900 Bundeswehrsoldaten beteiligt.

Sie sind mehrere Hundert Kilometer von Timbuktu entfernt in der ehemaligen Rebellenhochburg Gao stationiert. Auch dort kommt es immer wieder zu Anschlägen. Im vergangenen November wurde das Camp Castor, in dem die Bundeswehr stationiert ist, von Selbstmordattentätern angegriffen. Zwei mit Sprengstoff beladene und als UN-Fahrzeuge getarnte Geländewagen fuhren auf das nur 900 Meter vom Haupttor entfernte Flughafengelände. Glücklicherweise explodierte nur eins von beiden - das mit der kleineren Sprengstoffladung. Im Camp bebte der Boden, zwei Flughafenbedienstete wurden leicht verletzt.

Es gab auch schon fehlgeschlagene Raketenangriffe auf das Camp, eine Bundeswehrpatrouille wurde beschossen. Vergleiche mit Afghanistan hört man im Verteidigungsministerium trotzdem nicht gern. Aber auch am Hindukusch fing der Bundeswehreinsatz vor mehr als 15 Jahren als Mission zur Stabilisierung des Landes an. Dann wurde die Gewalt der radikalislamischen Taliban immer schlimmer, am Ende steckten die deutschen Soldaten tief in einem Kampfeinsatz mit vielen Toten.

Nach den Erfahrungen in Afghanistan ist der politische Wille in Deutschland, die Bundeswehr wieder in einen Kampfeinsatz zu manövrieren, sehr gering. Andererseits ist Mali eine Vorzeigemission für den deutschen Anspruch, auch militärisch mehr Verantwortung zu übernehmen. Gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft Europas, in der die USA kaum eine Rolle spielen, will die Bundesregierung das zeigen. Nicht zuletzt, weil durch Mali die wichtigsten Flüchtlingsrouten zum Mittelmeer laufen.

Eine Verbesserung der Sicherheitslage hat der UN-Einsatz allerdings nicht gebracht. Stattdessen verschärft sich die Lage. «Mali könnte in diesem Jahr eine große Krise bevorstehen», warnte der Präsident der International Crisis Group, Jean-Marie Guéhenno, schon zu Jahresanfang in seinem Ausblick auf die zehn wichtigsten Konflikte der Welt. Er könnte Recht behalten.

Die UN-Mission Minusma werde den Terror nicht in Schach halten können, meint Ewi. Die Milizen seien mobil, bewegten sich leicht über nationale Grenzen hinweg, könnten überall angreifen. «Transnationale Bedrohungen wie Terrorismus können nicht mit Friedenstruppen bekämpft werden», meint Ewi.

Denn der islamistische Extremismus ist längst ein überregionales Problem. In etlichen Länder der Sahelzone - von Mauretanien über Mali bis zum Tschad - sind Milizen sowie Kriminelle und Schleuser aktiv. Immer wieder kommt es in Malis Nachbarländern zu Anschlägen. Erst vor wenigen Tagen starben in Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou bei einem Anschlag auf ein Restaurant mindestens 18 Menschen.

Frankreich unterstützt bereits mit 4.000 Soldaten den Kampf gegen die Extremisten in der Sahelzone. Zudem will Deutschland gemeinsam mit Frankreich die armen Länder der G5-Sahelstaaten bei der geplanten Aufstellung einer 5000 Mann starken Anti-Terror-Truppe unterstützen. Aus Sicht von Ewi fehlt es aber derzeit noch an Ressourcen und Training. Zudem würden die bisher vorgesehenen 5.000 Soldaten keineswegs ausreichen. «Diese Länder werden sich nicht der Herausforderung stellen können, wenn die internationale Gemeinschaft sie nicht mit den nötigen Geldern zur rechten Zeit unterstütz.»