Bundesregierung setzt im Streit um Konya auf Entspannung
Der Konflikt um den Besuch von Bundestagsabgeordneten im türkischen Konya belastet die angespannten Beziehungen zwischen Ankara und Berlin. Die Bundesregierung erhofft sich von der Türkei einen neuen Termin für einen Besuch. Ein Ultimatum hält sie aber für falsch.
Berlin - Die Bundesregierung will der Regierung in Ankara keine Frist für die Gewährung von Besuchen deutscher Abgeordneter auf dem türkischen Nato-Stützpunkt Konya setzen. «Ich halte es nicht für sinnvoll, jetzt hier Zeiterwartungen in den Raum zu stellen oder Zeitfristen zu nennen», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag (17. Juli 2017) in Berlin. Aber es gebe ein Recht der Parlamentarier, die Truppe zu besuchen. Deshalb werde jetzt auf allen Ebenen, auch über die Nato, das Gespräch mit der Türkei gesucht.
Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts sagte, es handle sich um eine Verschiebung, nicht um eine Absage seitens der Türkei. «Wir nehmen jetzt die Türkei beim Wort und gehen daran, einen baldigen Termin für eine solche Reise mit der Türkei zu besprechen.»
Das Auswärtige Amt hatte am Freitag Mitgliedern des Verteidigungsausschusses mitgeteilt, die türkische Regierung habe um eine Verschiebung ihrer für Montag geplanten Reise gebeten - ohne aber einen neuen Termin zu nennen. Als Begründung gab Ankara den Zustand der deutsch-türkischen Beziehungen an. Zuvor war es zwischen Berlin und Ankara zu erheblichen Verstimmungen gekommen wegen eines Besuchsverbots für deutsche Parlamentarier bei Bundeswehrsoldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik. Da es darüber keine Einigung gab, begann die Bundeswehr inzwischen mit dem Abzug aus diesem türkischen Standort. Anders als Incirlik ist Konya ein Nato-Stützpunkt.
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil forderte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, gegenüber Erdogan Klartext zu reden. «Die Bundeskanzlerin ist gefragt, Herrn Erdogan deutlich zu machen, dass das uneingeschränkte Besuchsrecht der Soldaten für Deutschland eine zentrale Bedingung für die Bündnisverpflichtung ist.» Auf die Frage, ob Berlin notfalls die Soldaten abziehen sollte, wenn Erdogan nicht einlenkt, sagte Heil: «Falls das nicht passiert, muss man weitersehen.»
Der Linken-Verteidigungsexperte Alexander Neu sagte, die Bundesregierung lasse sich von Erdogan weiterhin am Ring durch die Manege führen. «Geostrategische Interessen wiegen schwerer als Selbstachtung», sagte Neu der Deutschen Presse-Agentur. Die Nato-Bündnistreue dürfe nicht wichtiger sein als das Besuchsrecht der Parlamentarier. «Wenn wir alle demokratischen Rechte auf Eis legen, um der Nato zu dienen, kommen wir in gefährliches Fahrwasser.» Sollten die Abgeordneten die Soldaten in Konya nicht besuchen dürfen, müssten alle Bundeswehrtruppen aus der Türkei abgezogen werden.
Die Türkei hatte das Besuchsverbot in Incirlik damit begründet, dass türkische Offiziere nach dem Putsch vor einem Jahr in Deutschland Asyl bekommen hatten. Das Asylverfahren werde vom Gesetzgeber vorgegeben, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Montag. Das sei daher nicht verhandelbar. Nach Aussage Merkels vom Sonntag hat die Frage einer Asylgewährung und des Besuchrechts «nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun».
«Wo die Kanzlerin Recht hat, hat sie Recht», teilte der Grünen-Politiker Volker Beck mit. «Es ist seit jeher ein Grundpfeiler des Asylrechts, dass die Asylgewährung nicht als feindlicher Akt gegen den Herkunftsstaat aufgefasst werden darf. Es ist daher nur folgerichtig, wenn Merkel darauf hinweist, dass die Asylgewährung nicht zur Verhandlungsmasse werden darf.»