Die Ukraine will an russisches Vermögen - Die Nacht im Überblick
Kiew/Moskau. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eine Übertragung aller eingefrorenen russischen Vermögenswerte an sein Land gefordert. «Alles sollte beschlagnahmt und für die Terrorabwehr verwendet werden», sagte Selenskyj am Donnerstagabend in einer Videoansprache. Die Ukraine arbeite mit ihren Partnern energisch daran, dass eine Entscheidung über russische Vermögenswerte getroffen wird. Diese mögliche Finanzierungsquelle wird für das seit fast zwei Jahren unter Russlands Angriffskrieg leidende Land auch wichtiger, weil andere Geldflüsse stocken. Ein milliardenschweres Hilfspaket scheiterte zuletzt im US-Senat am innenpolitischen Streit zwischen Republikanern und Demokraten.
In der Nacht auf Donnerstag schickte Russland wieder zahlreiche Kampfdrohnen gegen ukrainische Gebiete los. Luftalarm herrschte nach Mitternacht unter anderem im Gebiet Odessa am Schwarzen Meer. Zu Einschlägen und Schäden war zunächst nichts bekannt. Der ukrainische Generalstab in Kiew berichtete am Mittwoch von 80 russischen Sturmangriffen. «Die operative Lage im Osten und Süden der Ukraine bleibt schwierig», hieß es zur Lage an der Front.
Explosion auf Testgelände einer russischen Raketenfabrik
Auf dem Testgelände einer russischen Rüstungsfabrik 1000 Kilometer östlich von Moskau ereignete sich nach Medienberichten am Mittwochabend eine schwere Explosion. Die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass bestätigte den Vorfall. Die Explosion und die Feuersäule, die in sozialen Netzwerken zu sehen seien, stammten aber nicht von einem Unfall, sondern vom planmäßigen Test eines Raketenantriebs. Das meldete die Agentur unter Berufung auf den örtlichen Katastrophenschutzschutz. Unabhängig überprüfbar war diese Darstellung zunächst nicht.
Den Berichten nach ereignete sich die Explosion auf einem Gelände, das zur Maschinenbaufabrik von Wotkinsk in der Teilrepublik Udmurtien gehört. In der Fabrik werden unter anderem russische nukleare Interkontinentalraketen gebaut. Hinweise auf eine Verantwortung der Ukraine für die Explosion gab es zunächst nicht. In den vergangenen Wochen hat die Ukraine verstärkt Anlagen der russischen Öl- und Gasindustrie mit Drohnen aus der Ferne angegriffen.
Ukraine reklamiert eingefrorene russische Vermögen für sich
Über russische Vermögenswerte, die im Ausland eingefroren sind, sprach Selenskyj in Kiew auch mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. «Wir brauchen wirklich eine einheitliche und starke Entscheidung», sagte Selenskyj. «Eine Entscheidung, die beweist, dass wir gemeinsam das Völkerrecht achten und keine Rücksicht auf den terroristischen Staat nehmen.» Nach früheren Angaben Selenskyjs geht es um eine Summe von geschätzt 300 Milliarden US-Dollar (278 Milliarden Euro).
In der EU gibt es Pläne, der Ukraine in einem ersten Schritt die Erträge eingefrorener Guthaben der russischen Zentralbank zukommen zu lassen. Auch dies würde bereits einige Milliarden Euro im Jahr bedeuten. Als rechtlich schwieriger gilt eine Enteignung russischer Vermögenswerte. Auch die Gruppe sieben großer demokratischer Industrienationen (G7) will russisches Geld für die Ukraine nutzen. Die USA und Großbritannien gehen bei diesen Plänen voran.
Hilfspaket für Ukraine scheitert im US-Senat
Die Demokraten von US-Präsident Joe Biden scheiterten im Senat mit einem milliardenschweren Hilfspaket für die Ukraine. Wie erwartet bekam ein Gesetzesentwurf, der auch Hilfen für Israel und schärfere Regelungen in der Einwanderungspolitik enthält, bei einer Abstimmung in der Parlamentskammer am Mittwoch nicht die notwendige Mehrheit. Die Republikaner blockierten den Entwurf. Der frühere US-Präsident Donald Trump, der für die Republikaner erneut ins Weiße Haus einziehen will, hatte zuvor Stimmung gegen die Einigung gemacht.
Die Freigabe neuer US-Hilfen für die Ukraine wird vom innenpolitischen Streit zwischen Demokraten und Republikanern im Parlament blockiert. Am Sonntag hatten Senatoren einen Vorschlag für ein Hilfspaket von 118 Milliarden US-Dollar vorgelegt. Es enthielt Militärhilfen für die Ukraine und Israel ebenso wie Mittel für einen besseren Schutz der Südgrenze der USA gegen illegale Migration. Am Montag teilte die republikanische Führung im Repräsentantenhaus aber mit, sie halte jede Prüfung des Entwurfs für Zeitverschwendung. Auch der US-Senat solle ihn ablehnen.