Mehr als 100 000 Kriegsvertriebene in Afghanistan seit Jahresbeginn
Kabul: In Afghanistan sind seit Jahresbeginn mehr als 100 000 Menschen innerhalb des Landes vor Kämpfen und Gefechten aus ihren Dörfern und Städten geflohen. Das geht aus Daten der UN-Agentur zur Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) hervor. Rund die Hälfte davon sei vor Kämpfen aus den östlichen und nordöstlichen Landesprovinzen geflohen. Im Vorjahr war die Zahl von mehr als 100 000 Binnenflüchtlingen erst Ende Juli erreicht worden.
Seit Januar gab es laut UN Geflüchtete aus 29 der insgesamt 34 Provinzen Afghanistans. 60 Prozent davon seien Kinder im Alter unter 18 Jahren. Im vergangenen Jahr wurden rund 400 000 Binnenvertriebene registriert. Ob alle im Vorjahr erfassten Menschen weiter ohne Heimat sind, ist laut UN unter anderem wegen des mangelnden Zugangs zu vielen umkämpften Provinzen schwer festzustellen. Afghanistan hat geschätzt mehr als 35 Millionen Einwohner.
Der bewaffnete Konflikt zwischen den militant-islamistischen Taliban und der afghanischen Regierung hat sich in den vergangenen Monaten intensiviert. Mit Beginn des offiziellen Abzugs der US- und Nato-Truppen am 1. Mai hatten die Taliban zusätzliche Offensiven in mehreren Provinzen gestartet. Beide Seiten erklärten, dem Gegner schwere Verluste zugefügt zu haben.
Beobachter befürchten, dass diese Angriffe erst der Beginn der jährlichen Offensive der Taliban sind. Diese könnte sich nach Abschluss des Abzugs der US- und Nato-Truppen weiter verstärken.
Offiziellen Angaben zufolge waren Anfang Mai noch rund 10 000 US- und Nato-Soldaten im Land, darunter rund 1100 der Bundeswehr. Diese sollen bis spätestens 11. September abgezogen sein. Auch ein früherer Rückzug bis Anfang Juli ist im Gespräch. Das US-Militär hatte vergangene Woche mitgeteilt, es schätze, rund sechs bis zwölf Prozent des gesamten Abzugsprozesses sei abgeschlossen.