Scholz stellt mehr Geld für Bundeswehr in Aussicht
Berlin. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat angesichts der erwarteten Steuermehreinnahmen höhere Ausgaben für die Bundeswehr und die Entwicklungspolitik in Aussicht gestellt als bisher geplant. Es würden sich sicherlich «in bestimmtem Umfang» Spielräume ergeben, die entsprechend der klaren Vorgaben des Koalitionsvertrages verwendet werden könnten, sagte Scholz am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung der neuen Steuerschätzung. Zuerst kämen aber eine Entlastung der Bürger mit kleinen und mittleren Einkommen, die Digitalisierung der Schulen und den Breitbandausbau.
Der Bund verfügt laut Scholz bis 2022 über zusätzliche Spielräume von insgesamt 10,8 Milliarden Euro. Wie man die Mittel dann genau aufteile, werde die Debatte der nächsten Wochen zeigen. «Eine kleine Möglichkeit haben wir dazu», sagte Scholz mit Blick auf Mehrausgaben für Verteidigung und Entwicklung. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte den Zustand der Bundeswehr am Mittwoch «unbefriedigend».
Union und SPD streiten seit Tagen über die Höhe des Wehretats. Das Kabinett hatte vor einer Woche den Haushalt für das laufende Jahr sowie Eckwerte für den Bundeshaushalt 2019 und den Finanzplan bis 2022 beschlossen. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hatten gegen die Haushaltsplanung von Scholz protestiert und für die nächsten Jahre mehr Geld für ihre Ressorts gefordert. Nur unter Vorbehalt von Nachbesserungen stimmen sie den Haushaltplänen zu. Von der Leyen hatte gar damit gedroht, notfalls milliardenschwere Rüstungsprojekte auf Eis legen, sollte sie nicht mehr Geld bekommen.
Die CDU-Ministerin verweist immer wieder darauf, dass die Bundeswehr seit dem Ende des Kalten Krieges zugrunde gespart worden sei. Die SPD hatte Scholz den Rücken gestärkt und der Verteidigungsministerin Missmanagement vorgeworfen. SPD-Chefin Andrea Nahles hatte vor einer «Aufrüstungsspirale» gewarnt. Wie hoch die in Aussicht gestellten Nachbesserungen beim Wehretat nun ausfallen, ist unklar.
Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD darauf geeinigt, zusätzliche frei werdende Finanzmittel prioritär in die Truppe und in die Entwicklungspolitik zu stecken. «Darauf werden wir als Unionsfraktion im weiteren Haushaltsverfahren bestehen», betonte der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Eckhardt Rehberg, am Mittwoch. «Es ist doch offensichtlich, dass insbesondere die Bundeswehr eine bessere Ausrüstung benötigt.»
Der außen- und sicherheitspolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Reinhard Brandl, sagte: «Insbesondere bei der Bundeswehr hat der jahrzehntelange Sparkurs tiefe Spuren hinterlassen. Wenn wir eine einsatzbereite und attraktive Bundeswehr in Deutschland haben wollen, müssen wir wieder mehr Geld in Material und Personal investieren.»
Für das laufende Jahr sind bislang 38,5 Milliarden Euro an Verteidigungsausgaben vorgesehen, für das kommende 41,5 Milliarden Euro. Der deutsche Wehretat wird auch im Ausland aufmerksam verfolgt. Deutschland hat sich dem Zwei-Prozent-Ziel der Nato verschrieben. Besonders die USA bestehen darauf, dass die Nato-Partner spätestens 2024 zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung investieren. Die deutsche Nato-Quote für die Verteidigungsausgaben liegt derzeit bei 1,24 Prozent, bis 2022 wird sie nach dem bisherigen Scholz-Finanzplan auf 1,23 Prozent absinken.
Kanzlerin Merkel schaltete sich am Mittwoch in die Diskussion über den mangelhaften Zustand der Bundeswehr ein - machte aber keine konkreten Zusagen für mehr Geld. «Der Zustand der Bundeswehr ist unbefriedigend», sagte die CDU-Vorsitzende bei einem Treffen von Kreisvorsitzenden ihrer Partei in Berlin. Sie sehe, dass es bei den Streitkräften «an allen Ecken und Enden nicht reicht» und auch die Einsatzfähigkeit «durchaus verbesserungsfähig» sei. Zugleich ergänzte Merkel, es gebe vieles zu verbessern bei der Bundeswehr, vieles funktioniere aber auch.
In der Diskussion über das Zwei-Prozent-Ziel der Nato stellte sich die Kanzlerin erneut hinter die auch beim Koalitionspartner SPD umstrittene Zielmarke. Sie könne Fragen auf internationaler Ebene nachvollziehen, warum sich ein so wohlhabendes Land wie Deutschland so schwer mit diesem Ziel tue. Merkel erinnerte daran, dass die Bundesrepublik in Zeiten des Kalten Krieges schon 2,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgegeben habe. Dies habe sich nach dem Zerfall der Sowjetunion verändert - derzeit liegt die Quote bei 1,3 Prozent.