17.08.2022
dpa

Verfassungsschutz erwartet mehr russische Propaganda und Spionage

Berlin. Der Verfassungsschutz rechnet in den kommenden Monaten mit verstärkten russischen Propaganda- und Spionage-Aktivitäten. «Russland nutzt insbesondere Fragen der Energieversorgung Europas als hybriden Hebel», teilte das Bundesamt für Verfassungsschutz am Mittwoch mit. Mit der gezielten Verbreitung von Falschinformationen, etwa zu Gasknappheit und Preissteigerungen, werde versucht, in Deutschland Angst vor einer möglicherweise existenzbedrohenden Energie- und Lebensmittelknappheit zu schüren.

«Russische Propaganda wird im extremistischen Milieu voraussichtlich noch zunehmen und Verschwörungsnarrative befeuern mit dem Ziel, einen Keil in unsere Gesellschaft zu treiben», heißt es in der Mitteilung weiter. Es sei zudem zu erwarten, dass der russische Staat «seine politischen und militärischen Aufklärungsversuche weiter verstärken und anpassen wird».

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Versorgungslage in Deutschland bergen nach Einschätzung des Inlandsgeheimdienstes grundsätzlich ein hohes Instrumentalisierungspotenzial für Extremisten. Es sei auch zu beobachten, dass sich verschiedene Akteure «zunehmend inhaltlich auf diesen Themenkomplex fokussieren» und diesen zur Mobilisierung nutzen wollten. Da dies sowohl Rechts- als auch Linksextremisten betreffe, sowie Verfassungsfeinde, die keiner der beiden Kategorien zuzurechnen sind, sei für die Beobachtung dieser Aktivitäten eine «Sonderauswertung» eingerichtet worden.

Allerdings sei die Größenordnung möglicher zukünftiger staatsfeindlicher Proteste derzeit nicht seriös prognostizierbar. «Es ist die Aufgabe des Verfassungsschutzes zu beobachten, ob legitime Proteste von Demokratiefeinden für ihre Zwecke gekapert werden», sagte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte im Juli im Gespräch mit dem RND im Fall ausbleibender Gaslieferungen vor «Volksaufständen» gewarnt, diese Äußerung dann aber selbst relativiert und als überspitzt bezeichnet.

Seine Behörde beobachte, dass eine radikalisierte Minderheit sich in Stellung bringe, um den Krieg in der Ukraine, steigende Preise und die Corona-Pandemie zur Mobilisierung zu missbrauchen, sagte Haldenwang. Er betonte jedoch: «Bisher gibt es noch keine Anzeichen für flächendeckende staatsfeindliche Proteste oder gar gewalttätige Massenkrawalle.»