Westafrikas Krisenstaat Mali sucht Gespräche mit Islamistenmilizen
Im westafrikanischen Mali hat die Bundeswehr ein großes Kontingent Soldaten stationiert. Die Kämpfe in der Region nehmen dennoch an Intensität zu. Die Regierung des Krisenstaates will daher nun neue Wege beschreiten bei der Suche nach friedlichen Lösungen.
Bamako. Auf der Suche nach Auswegen aus einem rund achtjährigen erbitterten Konflikt sucht Malis Regierung nun das Gespräch mit islamistischen Terrorgruppen. Präsident Ibrahim Boubacar Keïta erklärte französischen Medien in einem Interview, er versuche in dem westafrikanischen Krisenstaat «das Unmögliche eines inklusiven nationalen Dialogs». Die Zahl der Toten im Sahelgebiet steige unaufhörlich - es sei daher an der Zeit, alle Möglichkeiten auszuloten. Zudem kündigte er eine Rückkehr der Armee in die nahe der Grenze zu Algerien im Nordosten des Landes gelegene Stadt Kidal an, um dort offiziell wieder die Macht zu übernehmen.
Den Sendern RFI und France 24 hatte Keïta bereits am Montag erklärt: «Unsere Empfehlungen sehen auch diesen Aspekt vor; warum nicht den Kontakt mit jenen suchen, von den wir wissen, dass sie bei der Situation in Mali die Fäden in der Hand halten?» Er sprach in dem Kontext ausdrücklich auch von Iyad ag Ghaly, dem Chef der islamistischen Gruppierung Ansar Dine sowie dem mehrfach totgesagten Amadou Koufa; der wird vom UN-Sicherheitsrat mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida in Verbindung gebracht. Eine Antwort der Gruppierungen auf das Gesprächsangebot steht noch aus.
Es sei kein Widerspruch, die Gruppen zu bekämpfen und zugleich mit ihnen das Gespräch zu suchen, sagte der malische Präsident. Als Verhandlungsführer nannte er seinen Amtsvorgänger Dioncounda Traoré. Ausdrücklich bescheinigte er den Rebellen in den vergangenen Monaten eine ausgefeiltere Taktik, hinter der er unter anderem auch über Libyen in den Sahel drängende ehemalige syrische IS-Kämpfer sieht.
In den Staaten der Sahelzone - einem Gebiet, das sich südlich der Sahara vom Atlantik bis zum Roten Meer erstreckt - sind etliche bewaffnete Gruppen aktiv. Einige haben den Terrorgruppen Islamischer Staat (IS) oder Al-Kaida die Treue geschworen. Besonders von Anschlägen betroffen waren in den vergangenen Monaten der Niger, Mali und Burkina Faso sowie auch Teile von Nigeria.
Frankreich und verbündete afrikanische Länder hatten Mitte Januar angekündigt, den Kampf gegen die Terrorgruppen auf das gefährdete Grenzgebiet zwischen Mali, Burkina Faso und Niger zu konzentrieren. Hauptfeind sei dort die Gruppierung Islamischer Staat Große Sahara, ein Ableger der Terrormiliz IS.
Bei der Eröffnung einer Konferenz des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) in Rom bat er die internationale Gemeinschaft am Dienstag um Nahrungsmittelhilfe. Viele Bauern bestellten ihre Felder aus Angst nicht mehr. Trotz einer Rekordernte darbe die Bevölkerung wegen der instabilen lage - 4,3 Millionen Menschen seien von Hunger bedroht.
In Mali sind auch bis zu 1100 Bundeswehrsoldaten im Einsatz. Sie sind Teil der UN-Stabilisierungsmission Minusma sowie der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali. Frieden und Stabilität in Mali zu erreichen, ist auch für Deutschland wichtig: Zum einen ist der Staat ein Transitland für Migranten. Zum anderen könnten Islamisten bei einem Staatszerfall ihre Macht festigen - nur eine Landesgrenze vom Mittelmeer entfernt.
Französische Truppen tragen neben der malischen Armee die Hauptlast des Kampfes gegen die Islamistenmilizen. Die seit 2013 in Mali stationierte UN-Truppe soll Waffenruhevereinbarungen und die Umsetzung eines Aussöhnungsabkommens der Regierung mit bewaffneten Gruppen unterstützen, in die Gruppen wie der Islamische Staat und Al-Kaida nicht einbezogen sind. Sie hat damit kein vergleichbares Mandat.
Mali ist seit Jahren instabil. Nach einem Putsch in der Hauptstadt Bamako 2012 hatten Tuareg-Rebellen - die seit Jahrzehnten die Unabhängigkeit anstreben - und islamistische Gruppen im Norden des Landes die Kontrolle übernommen. Ein militärisches Eingreifen Frankreichs 2013 ermöglichte der Regierung die Rückeroberung der Gebiete. In den vergangenen Monaten hat sich die Sicherheitslage in dem großen Flächenland Mali drastisch verschärft.