20.07.2017
dpa

Wolffsohn: Bundeswehr-Soldaten «spielen beleidigte Leberwurst»

Berlin - In der Bundeswehr fehlt aus Sicht des Historikers Michael Wolffsohn die nötige Bereitschaft zur Selbstkritik, um die Affären der vergangenen Monate aufzuarbeiten. Bei der Kritik von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) handele es sich nicht um grundlose Pauschalvorwürfe, sagte Wolffsohn der «Passauer Neuen Presse» (20. Juli 2017). Wo Einzelfälle sich häuften, seien es keine Einzelfälle mehr. «Dann ist ein Muster erkennbar. Deshalb muss man genau und überall hinschauen und nicht warten, bis tröpfchenweise die Wahrheit ans Licht kommt.»

Nach mehreren Enthüllungen über entwürdigende Aufnahmerituale und sexuelle Belästigung bei der Bundeswehr hatte von der Leyen harte Kritik geübt, Aufklärung angemahnt und die Truppe in die Pflicht genommen. Ihr wurde daraufhin vorgeworfen, die Verfehlungen aufgebauscht zu haben, um sich als Problemlöserin zu profilieren. So kritisierte der wegen zu schleppender Aufklärung abgesetzte Heeres-Chefausbilder Walter Spindler, das Ministerium und seine Leitung hätten Soldaten und einzelne Standorte «pauschal, beständig und in einem verantwortungslosen Maße» beschädigt.

Die militärische Führung habe nach von der Leyens Kritik sehr heftigen Widerspruch geleistet, sagte Wolffsohn - «aber weniger im Sinne eines selbstkritischen Aufarbeitens. Stattdessen spielen nicht wenige in der Bundeswehr die beleidigte Leberwurst.»

Wolffsohn war von 1981 bis 2012 Professor für Neuere Geschichte an der Universität der Bundeswehr in München.