Foto: Airbus/Sandra Walther

Blick in die Eurofighter-Produktion in Manching: Das von Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien gemeinsam entwickelte Jagdflugzeug ist ein prominentes Beispiel für multinationale Rüstungsvorhaben in Europa.

17.04.2024
Gunnar Kruse

EU-Kommission setzt auf mehr Waffen „Made in Europe“

Die Europäische Kommission hat Anfang März erstmals eine europäische Verteidigungsindustriestrategie vorgelegt. Von ihr sollen nicht nur die EU-Mitgliedsstaaten profitieren, sondern auch wichtige Verbündete wie die NATO und die Ukraine.

Die Bedrohungslage steigt, der bisherige Schutzgarant irritiert. Nicht erst seit dem verbrecherischen Angriff auf die Ukraine ist klar, wie gefährlich Putins Russland ist. Doch aus den USA – unangefochtene Nummer eins im Ranking der mächtigsten Armeen der Welt – kommen verstörende Töne. Er werde die NATO-Länder nicht „beschützen“, wenn sie „die Rechnungen nicht bezahlen“, wird Donald Trump zitiert, der Mann, der als US-Präsident wieder ins Weiße Haus einziehen will. Für Europa bedeutet das: Es muss eine eigene, wirkliche militärische Stärke entwickeln. Doch wie angesichts der dafür nötigen Summen?

Darüber hat sich auch die EU-Kommission Gedanken gemacht und Anfang März eine neue, erste europäische Verteidigungsindustriestrategie (European Defence Industrial Strategy; EDIS) veröffentlicht. Sie umreißt, wie Verteidigungssysteme und -ausrüstung in den benötigten Mengen bereitgestellt werden könnten. Dafür sollen die EU-Länder mehr, besser, gemeinsam und europäisch investieren. Um das umsetzen zu können, stellt die EU-Kommission ein neues europäisches Verteidigungsindustrieprogramm (European Defence Industry Programme; EDIP) im Wert von 1,5 Milliarden Euro für die Jahre 2025 bis 2027 in Aussicht.

Und sie wird bei EDIS ganz konkret. Bis 2030 werden die EU-Länder aufgefordert:

  • mindestens 40 Prozent der Verteidigungsausrüstung gemeinsam zu kaufen,
  • mindestens die Hälfte ihres Verteidigungsbeschaffungsbudgets für in Europa hergestellte Produkte auszugeben und
  • mit mindestens 35 Prozent der Verteidigungsgüter zwischen EU-Ländern und nicht mit anderen Ländern zu handeln.

Dies werde dazu beitragen, die EU sicherer und widerstandsfähiger zu machen. Davon würden nicht nur die Mitgliedsstaaten der EU profitieren, sondern auch wichtige Verbündete wie die NATO und die Ukraine.

Großteil der Verteidigungsausgaben geht in Länder außerhalb der EU

„Unsere Verteidigungsausgaben fließen in zu viele verschiedene Waffensysteme, die hauptsächlich von außerhalb der EU gekauft werden. Jetzt, da die Verteidigungshaushalte in allen Mitgliedstaaten stark steigen, sollten wir besser investieren, was vor allem bedeutet, dass wir gemeinsam und europäisch investieren“, begründete EU-Vizekommissionspräsidentin Margrethe Vestager die Pläne. Aktuell geben nach ihren Angaben die Mitgliedsländer rund 80 Prozent ihrer Rüstungsausgaben in Ländern außerhalb der EU aus, etwa 60 Prozent entfallen auf die Vereinigten Staaten. Im Ranking der 100 größten Rüstungsproduzenten der Welt sind allein 40 US-amerikanische Hersteller vertreten.

Gut ein Drittel aller internationalen Rüstungsausfuhren kommen aus den USA, für die auch der europäische Markt immer interessanter wird. Zwischen 2017 und 2023, so schreibt der „Spiegel“, sei der EU-Verteidigungsmarkt um 64 Prozent gewachsen, der Handel zwischen EU-Staaten mache aber nur kümmerliche 15 Prozent dieses Markts aus.

Doch schon jetzt regt sich Kritik an den Brüsseler Strategieplänen: Verteidigung sei Sache der EU-Staaten, die Kommission habe ihnen nicht hineinzureden, so Diplomaten. Und auch die Abgrenzung zu den USA sehen sowohl einige EU-Staaten als auch die NATO skeptisch, heißt es im Bericht des Nachrichtenmagazins: Man müsse die transatlantische Zusammenarbeit stärken und nicht schwächen. Schon lange gibt es innerhalb der Europäischen Union Überlegungen zur Frage: Wenn sich die Mitgliedsstaaten nicht nur beispielsweise auf Freizügigkeit, sondern sogar eine gemeinsame Währung einigen können, dann müsste doch auch eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik machbar sein? Gearbeitet wird daran seit drei Jahrzehnten, bereits im Vertrag von Maastricht (unterzeichnet 1992) ist eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik verankert. Eine Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik wurde in den Verträgen von Nizza (2001) beziehungsweise Lissabon (2007) begründet.

Mit der veränderten Weltlage hat auch die Sicherheitsstrategie der EU weitere deutliche Konturen gewonnen. Drei Jahre nach der russischen Annexion der Krim wurde 2017 die Permanent Structured Cooperation (PESCO) beschlossen – die Basis für eine weitgehend gemeinsame Verteidigungspolitik der EU-Mitgliedstaaten. Und seit zwei Jahren gibt es mit dem Strategischen Kompass eine Art Roadmap, mit der die EU durch die Herausforderungen und Bedrohungen der kommenden Jahre steuern will, hin zu einem stärkeren und stärker integrierten Europa in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, wie es EUROMIL-Präsident Emmanuel Jacob umschrieb.

Mehr dazu gibt es hier. 

Mit Rat und Hilfe stets an Ihrer Seite!

Nehmen Sie Kontakt zu uns auf.

Alle Ansprechpartner im Überblick