Ein Radpanzer AMX-10 RC bei einer Übung des französischen Heeres im September 2020. Frankreich will eine bislang nicht näher genannte Zahl dieser Waffensysteme an die Ukraine liefern. Foto: Französisches Heer/Kommunikationsoffizier 4e RCh

05.01.2023
Von Yann Bombeke

Frankreich verspricht der Ukraine „leichte Kampfpanzer“ – Diskussion um Waffenlieferungen flammt in Berlin erneut auf

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat angekündigt, „leichte Kampfpanzer“ vom Typ AMX-10 RC der Ukraine zu übergeben, US-Präsident Joe Biden denkt über die Lieferung von Bradley-Schützenpanzern nach. Die deutsche Diskussion um die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern und Marder-Schützenpanzern wird damit erneut befeuert.

Was ist ein Panzer, was ist ein Kampfpanzer? In den sozialen Netzwerken ist seit gestern eine Debatte wieder aufgeflammt, ausgelöst von einer Ankündigung von Emmanuel Macron. Der französische Präsident will der Ukraine „leichte Kampfpanzer“ vom Typ AMX-10 RC zur Verfügung stellen – eine neue Qualität bei den Waffenlieferungen an das von Russland angegriffene Land? Im Netz scheiden sich die Geister, wie der AMX-10 RC einzuordnen ist: Für einen Kampfpanzer ist das aus den 1970er Jahren stammende Modell zu leicht gepanzert, für einen Spähpanzer, als der er üblicherweise bezeichnet wird, verfügt er mit einer 105mm-Kanone jedoch über eine relativ große Feuerkraft.

Wählte Macron bewusst den Begriff „leichter Kampfpanzer“ für den AMX-10 RC? Klar ist, dass er damit so manch andere europäische Regierung unter Druck setzt – und hier insbesondere die Bundesregierung, die bislang die Lieferung von Kampfpanzern abgelehnt hat mit der Begründung, dass man keine Alleingänge unternehmen wolle. In einem Tweet schreibt Macron: „Bis zum Sieg, bis zur Rückkehr des Friedens nach Europa, wird unsere Unterstützung für die Ukraine nicht nachlassen. Ich habe es Präsident Selenskyj bestätigt: Frankreich wird leichte Kampfpanzer liefern und die Unterstützung im Bereich der Flugabwehr fortsetzen.“

Der AMX-10 RC verfügt über einen Sechsradantrieb und wiegt ca. 17 Tonnen. In den französischen Streitkräften zählt er bis heute zur Ausrüstung der sogenannten leichten Kavallerie-Regimenter. Im Einsatz war der Radpanzer unter anderem bei der Operation Desert Storm im Irak 1991, in Afghanistan und in Mali. Aktuell wird das Modell beim französischen Heer durch den modernen EBRC Jaguar ersetzt, von dem bis Ende 2022 36 Stück ausgeliefert werden sollten. Wie viele der abgelösten AMX-10 RC an die Ukraine geliefert werden sollen, wurde nicht bekannt. Ein Vorteil ist jedoch, dass die Fahrzeuge noch bis vor kurzem im aktiven Bestand der französischen Streitkräfte waren und somit regelmäßig gewartet wurden. Umfangreichere Arbeiten, wie sie etwa bei Fahrzeugen notwendig sind, die lange Zeit eingelagert wurden, sind somit nicht zu erwarten.

Der Vorstoß aus Paris hat in Berlin bereits erste Reaktionen ausgelöst. So twitterte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP): „Die anderen Partnerländer gehen voran. Jetzt können wir im Sinne der deutsch-französischen Freundschaft auch endlich mal loslegen, oder, @Bundeskanzler? Der Ball liegt jetzt in Berlin. Wir müssen ihn nur noch reinschieben. #Ukraine“

Strack-Zimmermanns Parteifreund Marcus Faber, der ebenfalls schon lange die Lieferung von schweren Waffen in die Ukraine fordert und zurzeit das angegriffene Land besucht, ergänzte auf Twitter: „Liebe Freunde, nach #Polen und #Tschechien liefert nun auch Frankreich NATO-Kampfpanzer an die #Ukraine. Als ersten Schritt sollten wir nun die 60 #Marder im Industriebestand liefern.“

Sara Nanni (Bündnis 90/Die Grünen) sprach gegenüber der Süddeutschen Zeitung von einer „guten Entscheidung“ Frankreichs. Und: „Wir sollten der Ukraine zur Verfügung stellen, was machbar ist, also auch Leopard und Marder aus Industriebeständen.“

Die Debatte um die Lieferung von Kampfpanzern dürfte also in den kommenden Tagen hierzulande wieder deutlich an Fahrt aufnehmen – aber auch die Rufe nach Marder-Schützenpanzern für die Ukraine könnten wieder lauter werden. Denn US-Präsident Joe Biden hat gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters bestätigt, dass die Option, der Ukraine Bradley-Schützenpanzer zu liefern, auf dem Tisch liege. Anders als der französische AMX-10 RC soll der ebenfalls in den 1970er Jahren entwickelte M2 Bradley noch lange Dienst in den US-Streitkräften leisten. Knapp 5000 befinden sich in den Beständen der US Army, wovon ein Teil eingelagert ist.

Mit Blick auf die US-amerikanischen Überlegungen, den Bradley der Ukraine zu überlasse, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) auf einer Wirtschaftskonferenz in Oslo: „Wir werden unsere Lieferungen stets den Anforderungen des Schlachtfelds anpassen.“ Dass es weitere Unterstützung aus Deutschland für die Ukraine geben werde, steht für den Minister außer Frage: „Wir werden nicht aufhören, Waffen an die Ukraine zu liefern.“

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