Der Bendlerblock, Berliner Dienstsitz des Verteidigungsministeriums. Minister Boris Pistorius hat sich das Ziel gesetzt, die ministerielle Führungsfähigkeit verbessern. Foto: Bundeswehr/Sebastian Wilke

20.04.2023
Von Frank Jungbluth

BMVg-Reform: Kurze Wege, alles in einer Hand

Bonn/Berlin. Es war der 16. Mai 1969, als der Planungs- und Leitungsstab im Bundesministerium der Verteidigung auf der Bonner Hardthöhe mit der Arbeit anfing: 30 Mitarbeiter, direkt Verteidigungsminister Helmut Schmidt (SPD), dem späteren legendären Bundeskanzler, unterstellt. Kurze Wege waren Schmidt wichtig. Der erwiesenermaßen durchsetzungsstarke Organisator wollte Auftrag, Kräfte und Mittel in einer Hand. Schmidt hatte im Zweiten Weltkrieg als Offizier an der Ostfront gedient, 1958 wurde er Hauptmann der Reserve. Einer, der vom Fach war, wie man sagt. Die Linken im Vorstand der SPD warfen Schmidt wegen einer Wehrübung kurzerhand aus dem Bundesvorstand. So war das damals.

1969 eingeführt, 2012 wieder abgeschafft

Über den Tisch des Planungs- und Leitungsstabes gingen auf dem Dienstweg alle Leitungsvorlagen. Chef des Stabes war der Politikwissenschaftler und Journalist Theo Sommer, später Herausgeber der Wochenzeitung „Die Zeit“.

Thomas dé Maizière (CDU), Verteidigungsminister von 2011 bis 2013, schaffte den Stab im Jahr 2012 schließlich ab. Die Bundeswehr war bis dahin bereits dramatisch geschrumpft. Die Truppe kämpfte an vielen Fronten im Ausland. Von Landes- und Bündnisverteidigung war keine Rede mehr. Dabei rüstete Russland zu der Zeit zielstrebig auf. Im März 2014 wurde die Krim, bis dahin ukrainisches Staatsgebiet, besetzt und Russland angegliedert. Zum selben Zeitpunkt ließ Russland zehntausende Soldaten in den Donbass einsickern, um die dort kämpfenden Separatisten zu stützen, die "heim" ins Mutterland Russland wollten.

Wieder zehn Jahre später kommt der Stab als Planungs- und Führungsstab wieder. Leiten wird ihn der Brigadegeneral Christian Freuding (51), bisher Chef des Sonderstabes Ukraine. Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), der das Amt im Januar 2023 von der glücklosen Christine Lambrecht übernommen hat, wollte den Planungs- und Führungsstab zurück. Jetzt bekommt er ihn auch. Schon Ende Mai 2023 soll der Stab einsatzbereit sein.

Drei Referate mit Brigadegeneral Freuding an der Spitze

Die Rückkehr des schlagkräftigen Stabes ins BMVg ist Kern dessen, was Pistorius am Donnerstag während zweier Personalversammlungen am ersten Dienstsitz des Ministeriums in Bonn und am zweiten Dienstsitz in Berlin zum Thema Reform des Verteidigungsministeriums bekannt gemacht hat. Dabei wurde deutlich: Der Planungs- und Führungsstab solle keine neue Entscheidungsebene werden, sondern soll vielmehr die gemeinsame Arbeitsebene des Leitungsbereiches sein. 30 Mitarbeiter, verteilt auf drei Referate mit dem Leiter Brigadegeneral Christian Freuding an der Spitze – größer soll der Stab nicht werden.

So geht es jetzt im BMVg weiter

"Personalabbau im BMVg ist nicht Ziel unserer Maßnahmen. Gelingt es uns aber, die Abläufe zu verbessern, können sich jedoch Möglichkeiten zur Umschichtung von Personal zugunsten des nachgeordneten Bereichs ergeben", hat Minister Pistorius bei den Personalversammlungen in Bonn und Berlin versprochen. Der IBuK ist überzeugt: "In unserem Ministerium herrscht nach meiner Beobachtung große Einigkeit darüber, dass wir die Erneuerung der Bundeswehr nur dann schaffen, wenn wir uns auch selbst erneuern." Im Sommer soll es weitere Reformschritte geben, hat der Bundesverteidgungsminister angekündigt. Man werde sich im engen Dialog mit den Beschäftigten die Arbeit der Abteilungen genau ansehen und nach der Sommerpause klare Entscheidungen treffen.

Beschaffung wird radikal umgebaut

Einen Vorgeschmack auf den Reformwillen des Ministers konnten am Wochenende alle Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums erfahren, die im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" die Geschichte vom Beschaffungs-Turbo gelesen haben. So arbeitet der neue Generalinspekteur Carsten Breuer mit Rüstungsstaatssekretär Benedikt Zimmer an zwei Weisungen, die noch im Mai in Kraft treten sollen. Kern der "Befehle" ist: Alle bundeswehrinternen Regelwerke, die gesetzliche Regelungen verschärfen, sind hiermit ausgesetzt, heißt es an einer Stelle. Geschrieben steht auch: Für den Kauf von Waffen, wird es eine deutliche Änderung geben. "Marktverfügbarkeit ist die grundsätzliche vorzusehende Lösung."

 

Die Aufgabe des Stabes wird dem Vernehmen nach maßgeblich in der Vorbereitung von Leitungsentscheidungen und in der Sicherstellung der Umsetzung des Leitungswillens bestehen. So will Minister Boris Pistorius seine ministerielle Führungsfähigkeit optimieren und die Strukturen dafür so schaffen, dass es zu keinem weiteren Personalaufwuchs kommt.

Heute 3000 Soldaten und Zivilbeschäftigte

Zur Aufstellung des Planungs- und Führungsstabes sollen die Leitungsbüros grundsätzlich personell reduziert werden und das Personal im Planungs- und Führungsstab aufgehen. Das Lagezentrum wird ebenfalls vollständig im Planungs- und Führungsstab aufgehen, der Stab Organisation und Revision sowie die Strategische Steuerung wird aus dem Leitungsbereich herausgelöst. Im Bundesverteidigungsministerium arbeiten heute 3000 Soldaten und Zivilbeschäftigte.

Personelle Veränderungen später

Sonstige personelle Veränderungen seien noch nicht entschieden, hat Pistorius während der Personalversammlungen erklärt. Er wolle diese aber transparent kommunizieren, wenn es an der Zeit sei. Eines hat sich der Minister dabei zum Prinzip gemacht: Gerade mit Blick auf die Zeitenwende müssten auch die Soldatinnen und Soldaten erleben, dass „sich da oben etwas tut.“ Mit „Führen durch Vorbild“, soll der Minister dabei einen Grundsatz der Inneren Führung zitiert haben. Man fange damit bei sich selbst an, indem man mit gutem, sparsamem Beispiel vorangehe. Weitere Entscheidungen zur Struktur und Personal des Ministeriums sollen nach der Sommerpause bekannt gegeben werden.

Beschaffung wird weiter optimiert

Zusätzlich wird in den nächsten Wochen die vielfach geforderte Optimierung der Beschaffung ins Visier genommen: Dazu hat man im Ministerium erste Pläne entwickelt, die am Mittwoch im Verteidigungsausschuss Thema zum Tagesordnungspunkt „Dritter Quartalsbericht des Bundesministeriums der Verteidigung zur Beschleunigung und Optimierung der Beschaffung in der Bundeswehr“ waren.

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