Rabbiner Zsolt Balla ist seit dem 21. Juni 2021 als Militärbundesrabbiner im Amt. Er ist Rabbiner der Israelitischen Religionsgemeinde in Leipzig, Landesrabbiner von Sachsen und Vorstandsmitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz. Als Militärbundesrabbiner fungiert er als oberster jüdischer Militärseelsorger und hat die religiöse Leitung des Militärrabbinats inne. Neben Hamburg werden in Köln, Leipzig, München und Schwielowsee bei Potsdam weitere Rabbiner ihren Dienst aufnehmen. Foto: Picture Alliance

30.10.2022
Von Zsolt Balla

„Soldaten brauchen einen verlässlichen Wertekompass“

Seit etwas mehr als einem Jahr ist er im Amt: Militärbundesrabbiner Zsolt Balla. Hier erzählt er, was sein Auftrag ist und wie die ersten Monate liefen.

Als Militärbundesrabbiner bin ich das religiöse Oberhaupt der Jüdischen Militärseelsorge. Unsere Aufgabe ist es vor allem, religiöse Angebote – und das nicht nur für jüdische Soldatinnen und Soldaten – zu schaffen. Diese Arbeit ist jedoch nicht mein einziges Amt: Ich bin außerdem Landesrabbiner von Sachsen und Rabbiner meiner Gemeinde in der Brodyer Synagoge in Leipzig, der Israelitischen Religionsgemeinschaft zu Leipzig.

Ein bewegender Moment für mich war natürlich meine Amtseinführung als Militärbundesrabbiner in der Leipziger Synagoge am 21. Juni 2021 durch die damalige Bundesministerin der Verteidigung, Annegret Kramp-Karrenbauer, und den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster. Inzwischen ist etwas über ein Jahr vergangen und ich habe zusammen mit dem Team des Militärrabbinats viel Aufbauarbeit geleistet und wichtige Pflöcke für die Zukunft der Jüdischen Militärseelsorge eingeschlagen.

Für Soldatinnen und Soldaten da zu sein, das ist unsere Hauptaufgabe. Deswegen war ich Ende Juni in Rukla in Litauen und habe dort unsere Soldaten besucht, die als Teil der Mission enhanced Forward Presence rotierend in Litauen sind. Zu sehen, wie sie dienen und welche Herausforderungen es für die Militärseelsorge bei den Missionen der Bundeswehr gibt, war immens wichtig für unsere Arbeit. Denn schon bald sollen Militärrabbiner und -rabbinerinnen die Bundeswehr auf ihren Auslandseinsätzen begleiten.

Im Moment besteht das Militärrabbinat aus 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und wird kontinuierlich ausgebaut. Geleitet wird es von Dr. Angelika Günzel, sie kümmert sich unter anderem um den Aufbau der Verwaltung und praktische Fragen vom koscheren Essen bis zur Anschaffung von Kultgegenständen. Als Militärbundesrabbiner gebe ich die religiöse Ausrichtung der Jüdischen Militärseelsorge vor.

Das Militärrabbinat ist eine reguläre Bundeswehr-Dienststelle, die auf dem Gelände des Planungsamtes in Berlin-Adlershof untergebracht ist. In den nächsten Monaten ziehen wir nach Berlin-Mitte um. Inzwischen haben wir im kleinen Rahmen auch schon einige religiöse Feiertage gemeinsam mit unseren jüdischen Soldatinnen und Soldaten begangen. Dazu gehörten das jüdische Neujahrsfest, der Versöhnungstag, Jom Kippur, und das Laubhüttenfest, Sukkot, im September beziehungsweise Oktober 2021, Purim im März und Schawuot Anfang Juni 2022. Für ¬Schawuot, das Wochenfest, haben wir auch nichtjüdische Soldatinnen und Soldaten eingeladen, damit sie uns kennenlernen können. Wir arbeiten eng mit dem Bund jüdischer Soldaten e.V. und dem Zentralrat der Juden in Deutschland als der das Militärrabbinat tragenden Religionsgemeinschaft zusammen.

Zu unserem Angebot gehört auch der Lebenskundliche Unterricht. Uns ist bewusst, welche Bedeutung diese ethische Weiterbildung hat, stehen doch die Soldatinnen und Soldaten vor besonderen Herausforderungen, wenn es um Leben und Tod geht. Sie brauchen in diesen Situationen einen verlässlichen Wertekompass. Dementsprechend hat das Militärrabbinat bereits erste Unterrichtseinheiten gehalten und ist dabei auf großes Interesse an der jüdischen Ethik gestoßen.

Noch sind wir auf der Suche nach weiteren Militärrabbinern und auch Rabbinatshelfern. An fünf Standorten in Hamburg, Leipzig, Köln, München und Potsdam-Schwielowsee werden jeweils zwei Militärrabbiner bzw. -rabbinerinnen nicht nur für die jüdischen Soldatinnen und Soldaten da sein. Diese bei der Religionsausübung zu unterstützen und zu schauen, wie sie sowohl im Grunddienst in den Kasernen zu Hause, als auch während der Zeit im Ausland ihren Dienst im Einklang mit unserer Religion ausüben können, damit beschäftigen wir uns. Dazu gehört zum Beispiel auch, koscheres Essen im Einsatz anzubieten und den Soldaten zu ermöglichen, den Schabbat, also den jüdischen wöchentlichen Feiertag, einzuhalten. Die Erfahrung hat bereits gezeigt, dass bei entsprechendem Angebot koscheres Essen auch nachgefragt wird.

Die Teams in den Außenstellen müssen natürlich gut vorbereitet sein. Deshalb entwickeln meine Kolleginnen und Kollegen im Militärrabbinat – zusammen mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland und seiner künftigen Jüdischen Akademie – gerade Ausbildungspläne für die neuen Militärrabbiner und -rabbinerinnen und deren Helferinnen und Helfer vor Ort. Für viele von ihnen ist die Arbeit bei der Bundeswehr etwas ganz Neues, aber wir werden sie gut einführen.

Wir haben also, wie Sie sehen, noch viele spannende Aufgaben vor uns, und ebenso viele Highlights, auf die wir uns freuen. Die Arbeit als Militärbundesrabbiner war für mich von Anfang an ein Privileg – und ist es auch geblieben.

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